Am Weg zur körpereigenen Therapie

Die Kremser <a href=http://www.cellmed.at>Cellmed Research</a> versammelte bei einem Wiener Symposium die Top-Experten auf dem Gebiet der Zelltherapie. Sie berichteten über die Möglichkeiten, künftig verschiedenste Krankheiten wie Krebs, Herzversagen oder Inkontinenz via Impfung zu kurieren. Am Weg zur körpereigenen Therapie <% image name="Dendritische_Zellen" %><p> <small> Dendritische Zellen: „Beladen“ mit Antigenen regen sie Killerzellen an und sollen so als „Wunderwaffe“ gegen zahlreiche Krankheiten herhalten. © Fraunhofer IGB </small> Zelluläre Therapien: Man nehme adulte Stammzellen oder besonders sensible Krebsabwehrzellen, präpariere sie und stärke damit – in Form einer Impfung – das Immunsystem. Mehrere ambulante Impfungen an rechter Stelle anstatt klinischer Chemotherapien mit jeder Menge Kollateralschäden, so die Vision. Sepp Leodolter, Stellvertreter des Vorstandes der Uniklinik für Frauenheilkunde am AKH Wien und im Advisory Board der Cellmed, ist jedenfalls überzeugt: „Das Wissen über zahlreiche Pathomechanismen hat deutlich zugenommen, daher können wir heute individuell ausgerichtete Therapieformen anbieten. Es gelingt zunehmend, etablierte Medikamente, deren Aufgabe es ist, beispielsweise einen oder mehrere Krankheitserreger auszuschalten (etwa durch Antibiotika) oder bösartige Zellen im Körper zu bekämpften (etwa im Rahmen der zytostatischen Chemotherapie) durch Verfahren zu ersetzen, die der Mobilisierung körpereigener Kräfte dienen, ähnlich der Immunisierung durch die Impfung.“ Ein Beispiel dafür ist die seit Herbst 2006 verfügbare Impfung gegen HP-Viren. Bei all diesen „körpereigenen Therapien“ wird auf zellulärer Ebene eine ganz individuelle Leistung des Körpers initiiert. Beispiele dafür sind die Stammzelltherapie als Ersatz von zugrunde gegangenen Herzmuskelzellen bzw. von Muskelzellen bei weiblicher Inkontinenz und die Therapie mit dendritischen Zellen, also mit Antigen-präsentierenden Zellen bei Krebserkrankungen. <% image name="Apherese" %><p> <small> Dendritische Zellen werden via Leukapherese aus dem Blut gewonnen und danach in vitro mit costimulierenden Molekülen gereift. </small> <b>Dendritische Zellen.</b> Das Prinzip der dendritischen Zellen lautet: Einen Tumor erkennen, sodann ein Signal an die Killerzellen senden, sodass diese den Tumor zerstören. Thomas Felzmann – er hat am Wiener St. Anna Kinderspital die <a href=http://www.trimed-biotech.com>Trimed Biotech</a> etabliert – erklärt: „Tumor-Antigene, die für das Immunsystem zugänglich sind, sind seit den 1960er Jahren bekannt. Die dendritischen Zellen wurden sodann 1973 durch Ralph Steinman beschrieben, seit 1995 werden sie auch zu therapeutischen Anwendungen genutzt.“ Einziger Schönheitsfehler dabei: Der Effizienznachweis steht bis dato noch aus. Einen solchen versucht er mit dem entwickelten Impfstoff „Trivax“ beim Nierenzellkarzinom im Rahmen klinischer Studien nun belegen zu können. Aktuell werden bei Trimed Biotech die mit Hilfe von Whole-Genome-Chips identifizierten 114 Transkriptionsfaktoren via siRNA genauer analysiert, um künftig ein „Feintuning“ der dendritischen Zellen erreichen zu können. <b>Immuntherapie beim Schilddrüsenkrebs.</b> An der adoptiven Immuntherapie arbeitet auch Josef Friedl von der Uniklinik für Chirurgie am AKH Wien. Er hat die Impfung mit den autologen dendritischen Zellen bei der Behandlung des medullären Schilddrüsenkrebs klinisch überprüft. Dabei wurden die aus dem periphären Blut gewonnenen dendritischen Zellen mit Tumor Necrosis Factor alpha gereift und in einem Lymphknoten injiziert. Die Impfung wurde gut vertragen und induzierte eine positive immunologische Antwort in allen getesteten Patienten. Eine Antwort des Tumor-Markers konnte ebenso wie objektive radiologische Verkleinerungen der Tumorläsionen beobachtet werden. Bei der adaptiven Immuntherapie geht es also um ein sehr genaues Zusammenspiel von mit bestimmten Antigenen beladenen dendritischen Zellen mit ihren korrespondierenden T-Zellen. Rund 10 % aller menschlichen Gene sind mit diesem für den Menschen entscheidenden Immunsystem „beschäftigt“. Christoph Huber, in den Advisory Boards von Novartis, Roche, Shering-Plough und einigen Biotechs vertreten sowie Mitbegründer von Ganymed and ImmuGenics, meint, dass dendritische Zellen genauso wichitg wie die T-Zellen wären, wobei letztere dabei „das eigentliche immunologische Gedächtnis darstellen” und einzig in der Lage sein würden, „in das Tumor-Innere blicken zu können“. Auch für ihn steht fest: „Der therapeutische T-Zellen-Rezeptor-Transfer funktioniert, in Mäusen ist das erfolgreich angewandt.“ Was es jetzt brauche, das sind „rund 30 Mio €, um das Modell auch klinisch am Menschen auszuprobieren“. <% image name="Johannes_Huber" %><p> <small> Für Johannes Huber, den Leiter der Klinischen Abteilung für Gynäkologische Endokrinologie und Sterilitätsbehandlung an der Uniklinik für Frauenheilkunde im Wiener AKH, sind die dendritischen und Langerhans-Zellen interessant, weil sie sich „im Einklang” mit dem weiblichen Menstruationszyklus verhalten. Die genaue Kenntnis aller Prozesse der durch Immuntoleranz und Immunabstoßung gekennzeichneten Schwangerschaft könne auch die Onkologie sehr bereichern. </small> <b>Versuche mit Progenitorzellen am Herzen.</b> Alfred Kocher, Herzchirurg an der Uni Innsbruck, gibt einen Überblick über die Chancen der Stammzellbehandlung am Herzen: „Wir wissen erst seit den 1990er Jahren, dass auch im Herzen eine Mitose stattfindet und dass im Herzen Stammzellen vorzufinden sind. Mittlerweile wurden rund 100 klinische Studien weltweit dazu durchgeführt, mehr als 1.000 Patienten damit am Herzen behandelt.“ Die Stammzell-Regeneration am Herzen wird derzeit breit untersucht – bei akutem and chronischen ischämischen Myokardschaden, Kardiomyopathie sowie als biologische Herzschrittmacher. Herzversagen – da die Mortalität hier jener der Tumorerkrankungen sehr ähnlich ist, wird auch gerne vom „Krebs des Herzens“ gesprochen – das meint in der Regel einen Infarkt nach einem Blutgefäßverschluss, was wiederum zum Absterben des umliegenden Gewebes führt. Bis dato wurde dagegen via Bypass, Stents, mit verschiedensten Medikamenten, Transplantationen sowie der Elektrotherapie angekämpft. „Dieses beschädigte Gewebe mit Hilfe adulter Stammzellen zur Gänze zu regenerieren, das ist bis dato noch nicht gelungen. Wir wissen heute noch nicht, welcher Zelltyp der geeignetste ist und welche Anwendungsform die beste ist.” Eine Möglichkeit sind Progenitorzellen, die überall im Körper zu finden sind, eine andere Knochenmarkszellen sowie embryonale Zellen bzw. aus Nabelschnurblut gewonnene Zellen. Bei der Applikation bieten sich ebenso mehrere Varianten an: Die Stammzellen können entweder direkt ins Herz appliziert werden oder aber – ausgestattet mit bestimmten Markern – in der Blutbahn auf eine Reise mit vorgegebenem Ziel gesetzt werden. Die „Herzreparatur“ nach einem sehr einfachen Schema ist jedenfalls aus dem Stadium der Vision noch nicht hinaus gekommen: Die Herzkrankheiten sind unglaublich komplex und nicht bloße „Stammzellenkrankheiten“. Dass der Stammzellenansatz á la longue erfolgreich sein wird, glaubt Kocher aber sehr wohl. Uneinig sind die Experten, ob die Anwendung embryonaler Stammzellen automatisch zu besseren Resultaten führen würde – oder ob bei einer solchen Therapie diese Zellen nicht am Ende „Amok laufen“ würden. <b>Stammzellbehandlung von Inkontinenz.</b> Hannes Strasser hat an der Uniklinik für Urologie in Innsbruck vor 10 Jahren bei einem wissenschaftlichen Projekt die Zellkulturtechnik studiert. Daraus entstand mehr: Er verfeinerte diese Technologie und wendete sie erfolgreich bei Inkontinenzproblemen an. Genauer: Die Applikation von autologen Myoblasten (Muskelgewebszellen) und Fibroblasten (Bindegewebszellen) bei Frauen. Inkontinenz ist weit verbreitet: Weltweit, wird geschätzt, werden bis 2030 rund 1 Mrd Menschen, in Österreich mindestens 1 Mio Menschen mit diesem Problem konfrontiert sein. Wenn Schließmuskel und Harnröhre altern, geht der Dichtungseffekt verloren. Patienteneigene Stammzellen können hier Abhilfe schaffen. Strasser hat dazu in einem ersten Schritt eine endoskopische Injektionsmethode entwickelt, in Folge die genauere, ultraschallgeführte transurethale Zellapplikation an Schweinen ausprobiert. Resultat: Die Zellen überlebten und bildeten neue Muskelfasern – die Verschlussdrücke in der Harnröhre der Tiere nahmen deutlich zu. Seit 2002 werden diese Ergebnisse auch klinisch an Menschen erprobt. Aus einer entsprechenden Muskelbiopsie werden dabei die Stammzellen entwickelt und dann als sehr kleine Zelldepots in der Größenordnung von 50-100 µl injiziert (würde man die Stammzellen im ml-Bereich einbringen, würden die meisten davon nekrotisch). Die Muskeldichte im Rhabdosphincter – einem sehr kleinen Muskel der Harnröhre – konnte dabei um 50 % erhöht werden, wobei die Erfolgsrate bei Frauen etwa bei 80 % lag. Derzeit werden diese klinischen Erfolge multizentrisch überprüft. <small> <b>Cellmed</b> versucht die Immuntherapie bei Brust- und Prostatakrebs zu etablieren. Bei der dabei verwendeten dendritischen Zelltherapie werden dem Patienten mononukleäre Zellen (Monozyten und Lymphozyten) via Leukapherese entnommen und danach im 260 m2 großen GMP-konformen Labor in Krems – unter Zuhilfenahme bestimmter, auch im Körper selbst vorkommender Signalstoffe – zu reifen dendritischen Zellen umgewandelt, tiefgefroren und bei Bedarf nach dem Auftauen sofort als Impfung verabreicht. Die bei der Reifung zugegebenen costimulatorischen Moleküle leiten nun im Patienten eine tumorspezifische, cytotoxische T-Zell-Antwort ein und bewirken sodann eine Tumorregression. Derzeit können bis zu 4 Patienten pro Woche individuell behandelt werden, eine entsprechende Aufstockung der Laborkapazitäten wird derzeit mit dem Land Niederösterreich verhandelt. Die dabei notwendige Leukapherese kostet rund 4.000 €, die Herstellung der ersten 3 Impfungen 2.000 €. Je Impfung werden 10 Mio dendritische Zellen verabreicht, 9 Impfungen sind für die Therapie vorgesehen. Aktuell erzielt Cellmed damit einen Jahresumsatz von rund 400.000 €. </small>