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April 22nd, 2024

Konjunktur: IV sieht „zarte Silberstreifen“

Österreich könnte in den kommenden Monaten aus der Rezession zumindest in eine Stagnationsphase kommen. Wachsen dürfte die Wirtschaft aber erst 2025, hieß es bei der Präsentation des aktuellen Konjunkturbarometers.

 

Österreichs Industrie sei „in spannenden Zeiten“, konstatierte der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Christoph Neumayer, bei der Präsentation des aktuellen Konjunkturbarometers seiner Institution. Zwar befinde sich der Sektor nach wie vor in einer Phase der Rezession, doch seien „zarte Silberstreifen“ erkennbar: „Womöglich wird es gelingen, in den kommenden Monaten zumindest in eine Stagnationsphase zu kommen.“ Ein sich selbst tragendes Wirtschaftswachstum werde es aber voraussichtlich erst 2025 geben.

 

Als „entscheidenden Punkt“ bezeichnete IV-Chefökonom Christian Helmenstein das Ansteigen der Aufträge aus dem Ausland. Noch nie sei Österreich in der Nachkriegszeit ohne Erholung der Exporte aus einer Rezession gekommen. Als hilfreich erachtet Helmenstein in diesem Zusammenhang die Abwertung des Euro gegenüber dem US-Dollar um etwa drei Prozent. Dies trage dazu bei, den insgesamt auf der Industrie lastenden „Kostendruck“ zumindest einigermaßen zu mildern. Weiterhin angespannt bleibt laut Helmenstein die Lage auf dem Arbeitsmarkt: Im „produktiven Bereich“ sei mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit um rund 20 Prozent zu rechnen. Das bedeute nicht zuletzt eine „Rückwanderung“ ausländischer Arbeitskräfte in ihre Heimat sowie den Rückzug von Personen aus der Industrie in andere Branchen. „Das könnte dazu führen, dass uns die Arbeitskräfte fehlen, wenn wir sie beim erwarteten Anziehen der Konjunktur im kommenden Jahr wieder brauchen“, warnte Helmenstein.

 

Arbeitszeit verlängern

 

Neumayer zufolge ist es aus Sicht der IV notwendig, die Arbeitszeit ohne Lohnausgleich um eine halbe Stunde pro Tag auf 41 Wochenstunden zu verlängern. Die Arbeitskosten seien in Österreich in den vergangenen Jahren stärker gestiegen als im europaweiten Durchschnitt, vor allem aber als in Deutschland, das zugleich der wichtigste Absatzmarkt und in vielen Bereichen der wichtigste Konkurrent ist. Überdies sinke der Fortschritt der Produktivität seit 1995 kontinuierlich. Daher müsse das Arbeitsvolumen erhöht werden: „Österreich ist kein Land der Faulpelze. Aber in Summe müssen wir mehr arbeiten, nicht weniger.“ Auf Anfrage der Redaktion konstatierte Neumayer, das Anliegen der IV sei, bei der Debatte um allfällige Arbeitszeitverkürzungen „auf die Stopptaste zu drücken. Deshalb greifen wir dieses Thema auf“.

 

Als erforderlich erachtet Neumayer auch Maßnahmen gegen den „Bürokratietsunami“ auf österreichischer und europäischer Ebene. Die IV plant in diesem Zusammenhang ein „Belastungsbarometer“, um die Kosten der Bürokratie für die Unternehmen zu quantifizieren.

 

Gasimporte sichern

 

Dringend nötig sind dem IV-Generalsekretär zufolge weiters Maßnahmen, um den Import russischen Erdgases auch über den 31. Dezember zu gewährleisten. An diesem Tag läuft der Gastransitvertrag der Ukraine mit Russland aus. Das Regime in Kiew bekundete mehrfach, eine Verlängerung werde es nicht geben. Neumayer forderte Energieministerin Leonore Gewessler auf, sich für die Schaffung eines Konsortiums von Gasversorgern aus Österreich, der Slowakei, Slowenien und Ungarn einzusetzen: „Das sind die Länder, die am meisten von einem Stopp der Gaseinfuhren aus Russland betroffen wären.“ Das Konsortium sollte mit politischer Unterstützung dieser Länder sowie in Abstimmung mit der EU-Kommission mit der Ukraine über die Fortsetzung der Transite verhandeln. Grundsätzlich gebe es von ukrainischer Seite entsprechende Bereitschaft, konstatierte Neumayer unter Bezugnahme auf ein Gespräch zwischen der IV-Führung und dem ukrainischen Energieminister German Galutschtschenko. Die Ukraine benötige die Transitgebühren. Russland wiederum sei an Einnahmen aus dem Export von Gas in die EU interessiert.

 

Überdies forderte Neumayer die rasche Ertüchtigung der West-Austria-Gasleitung (WAG), um Gasimporte aus Nordwesteuropa zu erleichtern. Für ein entsprechendes Vorhaben, den „WAG-Loop 1“ stellte Finanzminister Magnus Brunner Anfang März mindestens 70 Millionen Euro in Aussicht, nötigenfalls auch mehr. Die Kosten des „Loops“ belaufen sich auf etwa 180 bis 200 Millionen Euro. Neumayer zufolge ist die Ankündigung Brunners zu begrüßen: „Es wäre aber gut gewesen, das schon ver zwei Jahren zu machen.“ Nach derzeitigem Stand werde der Loop im Jahr 2027 in Betrieb gehen. Daher seien Gaseinfuhren aus Russland noch mindestens zwei Jahre lang unverzichtbar. 

 

Gewerkschaft sieht „Affront“

 

Eine prompte Reaktion auf die Forderung der IV nach Verlängerung der Arbeitszeit kam von der Vorsitzenden der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA), Barbara Teiber. Es handle sich um einen „Affront gegenüber den Arbeitnehmer:innen, die durch ihre Leistungsbereitschaft unser Land zu einem der reichsten Europas gemacht haben. Wenn man behauptet, das Problem unserer Wirtschaft sei, dass zu wenig gearbeitet werde, dann ist das eine bewusste Provokation oder ein Beweis dafür, dass man die Zeichen der Zeit nicht erkennt“.

April 19th

Boehringer Ingelheim RCV mit 2,45 Milliarden Euro Umsatz

Der Anstieg um rund 18 Prozent war auch durch Einmaleffekte bedingt, heißt es seitens Unternehmens. Die Zahl der in den 30 betreuten Ländern versorgten Patienten belief sich auf 6,6 Millionen und soll heuer auf über sieben Millionen steigen.

 

Das Boehringer Ingelheim RCV (Regional Center Vienna) erzielte im als erfolfreich bezeichneten Geschäftsjahr 2023 Gesamterlöse, also grob gesprochen Umsätze, von rund 2,45 Milliarden Euro. Dieser Anstieg um etwa 18 Prozent ist laut einer Aussendung des Unternehmens „jedoch durch Einmaleffekte (Ausbau des Vorratsbestandes in den RCV-Ländern) beeinflusst“. Zur Höhe der Einmaleffekte machte das RCV keine Angaben. Im größten Geschäftsbereich, Humanpharma, erwirtschaftete das RCV ein Umsatzplus um 4,9 Prozent auf 1,18 Milliarden Euro. Getragen wurde diese Entwicklung von starken Zuwächsen bei Jardiance, einem Mittel gegen Diabetes mellitus, Herzinsuffizienz und chronische Nierenerkrankung sowie bei Ofev, einem Präparat gegen idiopathische Lungenfibrose (IPF) und andere Lungenkrankheiten. Mit Medikamenten gegen Tierkrankheiten setzte Boehringer Ingelheim RCV erstmals erstmals mehr als 200 Millionen Euro um, konkret waren es 200,2 Millionen. „Das Wachstum lag währungsbereinigt bei 13,3 Prozent und damit deutlich über dem Markt“, hieß es seitens des Unternehmens. Antiparasitika seien nach wie vor wichtige Wachstumsbringer für den gesamten Konzern.

 

Pavol Dobrocky, der das Boehringer Ingelheim RCV seit Jahresanfang als Generaldirektor leitet, konstatierte, das Unternehmen habe 2023 mit seinen knapp 4.700 Beschäftigten rund 6,6 Millionen Patienten in 30 Ländern in Mittel- über Osteuropa, Russland, der Schweiz und Israel versorgt. Heuer solle die Zahl der versorgten Patienten auf über sieben Millionen steigen. Mit Umsatzzuwächsen könne „sowohl in der Humanpharmazie als auch in der Tiergesundheit“ gerechnet werden.

 

Der Mutterkonzern habe in der Humanpharmazie 23 Wirkstoffe in Phase-1-Studien, 15 in Phase-2-Studien und sechs in Phase-3-Studien, hieß es in einer Aussendung. Vor allem im Bereich Onkologie seien „ in den nächsten Jahren“ Neuzulassungen zu erwarten: „Hier spielt der Standort Wien als unternehmenseigenes globales Zentrum für Krebsforschung eine besondere Rolle.“

 

 

 

April 15th

Krisenmanagement: Lenzing installiert „Chief Transformation Officer“

Der deutsche Manager Walter Bickel soll das Kostensenkungs- und Effizienzsteigerungsprogramm des Faserkonzerns umsetzen. Das übrige Management konzentriert sich laut einer Aussendung auf seine „Kernaufgaben“.

 

 

Der deutsche Manager Walter Bickel ist seit kurzem „Chief Transformation Officer“ des Faserkonzerns Lenzing. Als solcher soll er bis Ende 2025 dessen Kostensenkungs- und Effizienzsteigerungsprogramm („Performance-Programm“) umsetzen. Mit dem „Performance-Programm“ will der Konzern jährlich über 100 Millionen Euro einsparen, die Hälfte davon noch heuer. Weil sich darum nun Bickel zu kümmern hat, kann sich das übrige Management um Vorstandschef Stephan Sielaff „seinen Kernaufgaben im Vertrieb, den Operations und den Finanzen widmen“, hieß es in einer Aussendung.

 

Bekanntlich hatte die Lenzing 2023 einen Verlust von 593 Millionen Euro zu verkraften, nachdem sie bereits 2022 einen Verlust von rund 37 Millionen Euro hatte hinnehmen müssen. Der Umsatz sank um 1,7 Prozent auf 2,52 Milliarden Euro. Operativ schrieb die Lenzing aufgrund von Sonderabschreibungen respektive massiven Wertminderungen einen Verlust von 476,5 Millionen Euro. Nach Steuern kam sie auf das genannte Minus von knapp 600 Millionen Euro. Begründet wurde das neuerliche massive Minus „der verhaltenen Nachfrage auf der einen und den nach wie vor stark erhöhten Rohstoff- und Energiekosten auf der anderen Seite“.

 

„Richtiger Schritt zur Krisenbewältigung“

 

Aufsichtsratschef Cord Prinzhorn konstatierte zur Bestellung Bickels, die „Gleichzeitigkeit von Krisenmanagement und Geschäftsentwicklung erfordert ein gut aufgestelltes Team, das diesen großen Herausforderungen gerecht wird. Nach gründlicher Überlegung ist der Aufsichtsrat zum Schluss gekommen, dass eine Erweiterung des Vorstandes der richtige Schritt zur Bewältigung der aktuellen Krise und der damit verbundenen großen Herausforderungen ist. Gemeinsam mit dem starken Team rund um Stephan Sielaff wird Herr Bickel mithelfen, dass Lenzing gestärkt aus dieser schwierigen Phase herauskommt“.

 

Sielaff seinerseits betonte, das Performance-Programm sei „richtig aufgesetzt, zeigt Wirkung und braucht weiterhin die volle Aufmerksamkeit. Gleichzeitig müssen wir aber auch die vorsichtigen Anzeichen der Markterholung mit voller Kraft nutzen. Mit dieser Erweiterung des Vorstandes kann ich mich zu 100 Prozent auf das Kerngeschäft fokussieren. Daher freue ich mich auf die Zusammenarbeit mit Herrn Bickel“.

 

Der Mann aus Grünwald

 

Der solcherart Gelobte ist Gründer und Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Bickel & Company mit Sitz in Grünwald südlich von München. In den vergangenen Jahren war er unter anderem bei der im Bereich Pharmaverpackungen tätigen Syntegon-Gruppe „Chief Transformation Officer“ und rund zweieinhalb Jahre lang zusätzlich Finanzvorstand.

April 3rd

Illegaler Arzneimittelhandel weiter auf hohem Niveau 

Die Behörden beschlagnahmten 2023 knapp 802.000 illegale Sendungen. Gegenüber 2022 ist das zwar ein Rückgang um 40 Prozent, aber die bisher dritthöchste Zahl an Aufgriffen. 

 

„Der illegale Handel mit Arzneimitteln ist weiterhin auf dem Vormarsch. Das Ausmaß ist erschreckend, wenn man bedenkt, dass wohl nicht alles lückenlos aufgegriffen werden konnte, was illegal nach Österreich geliefert wurde. Jedes gefälschte Arzneimittel, das sich im Umlauf befindet, ist eines zu viel und stellt eine ernstzunehmende Bedrohung für die Bevölkerung dar.“ So kommentiert Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog den kürzlich veröffentlichten Produktpirateriebericht des Finanzministeriums für das Jahr 2023. 

 

Dem Bericht zufolge beschlagnahmten die Behörden im vergangenen Jahr insgesamt 6.734 Sendungen mit 801.863 gefälschten sowie anderen illegalen Medikamenten. Zwar bedeutet dies gegenüber 2022 einen Rückgang der Aufgriffe um mehr als 40 Prozent. Doch handelt es sich um die dritthöchste bis dato verzeichnete Zahl an Aufgriffen und eine der höchsten jemals konfiszierten Mengen an Arzneimitteln. 

 

Spektakuläre Fälle 

 

Ausdrücklich erwähnt werden in dem Bericht zwei besonders spektakuläre Fälle. Im Februar 2023 informierte ein Speditionsunternehmen den Zoll am Flughafen Wien „über eine große Sendung mit Medikamenten. Bei der Beschau der Sendung fiel auf, dass die Arzneiwaren als Postsendungen verpackt waren. Die vorgelegte Packliste stimmte nicht mit den Waren der Sendung überein. Gefunden wurden diverse Potenzmittel und Steroide/Hormone ohne Bewilligungen. In den nächsten Tagen folgten weitere Sendungen mit diversen Arzneiwaren, wieder als Postsendungen verpackt. Als Empfänger wurden dabei jeweils die tschechische und ungarische Post angegeben. Die Arzneiwaren sollten danach angeblich in verschiedene Länder verschickt werden, unter anderem nach Italien, Tschechien, Spanien, Griechenland und in die USA“. Insgesamt konnten die Behörden 244.200 Stück Arzneiwaren aus dem Verkehr ziehen. 

 

Im Herbst wiederum ging den Fahndern ein oberösterreichisches Ehepaar ins Netz, das einer international agierenden Bande illegal tätiger Medikamentenhändler angehörte. Die Angetrauten hatten monatelang Anabolika und Potenzmittel in alle Welt versandt, vor allem in die USA. In Summe beschlagnahmten die Linzer Zollbehörden 129 Postsendungen, die 17.580 Stück Tabletten, 4.654 Milliliter an Injektionen und 180,99 Milligramm Pulver enthielten. Wie es in dem Produktpirateriebericht heißt, dauern die Ermittlungen „in diesem speziellen Fall noch an“. 

 

Wenig Änderungen 

 

Wenig geändert hat sich übrigens grundsätzlich an den illegal in Verkehr gebrachten Präparaten: Weiterhin dominieren laut dem Bericht „Potenzmittel sowie fruchtbarkeitsfördernde Produkte, gefolgt von Schlaf- und Beruhigungsmitteln sowie schmerz- und entzündungshemmenden Medikamenten“. 

 

Der Produktpirateriebericht 2023 ist auf der Website des Finanzministeriums verfügbar. 

 

March 18th

Lenzing mit 593 Millionen Euro Verlust

Der Faserkonzern schreibt weiter rote Zahlen. Das Management spricht von verhaltener Nachfrage sowie „stark erhöhten Rohstoff- und Energiekosten“.

 

 

Einen Verlust von 593 Millionen Euro hatte der Faserkonzern Lenzing 2023 zu verkraften, nachdem er bereits 2022 einen Verlust von rund 37 Millionen Euro hatte hinnehmen müssen. Begründet wurde dies mit „der verhaltenen Nachfrage auf der einen und den nach wie vor stark erhöhten Rohstoff- und Energiekosten auf der anderen Seite“. Der Umsatz sank um 1,7 Prozent auf 2,52 Milliarden Euro. Operativ schrieb die Lenzing aufgrund von Sonderabschreibungen respektive massiven Wertminderungen einen Verlust von 476,5 Millionen Euro. Nach Steuern ergab sich der eingangs genannte Verlust.

 

Die Wertminderungen betrafen immaterielle Vermögenswerte wie Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte, Lizenzen und Ähnliches von rund 21,3 Millionen Euro sowie Sachanlagen von 441,6 Millionen Euro. Davon entfielen 292,0 Millionen auf technische Anlagen und Maschinen sowie Betriebs- und Geschäftsausstattung, 94,1 Millionen Euro auf Grundstücke und Bauten und 57,4 Millionen auf geleistete Anzahlungen und Anlagen in Bau. Der größte Einzelposten war die Viscosefaserfabrik in Purwakarta in Indonesien, wo die Lenzing eine Wertminderung von 209,6 Millionen Euro vornehmen musste. Im Stammwerk in Lenzing in Oberösterreich selbst ergab sich ein Wertminderungsbedarf von 70,8 Millionen Euro, in der Viscose- und Modalfaserfabrik in Nanjing in China waren es 22,6 Millionen Euro, in Prachinburi in Thailand 19,9 Millionen. In Mobile im US-amerikanischen Bundesstaat Alabama liegt der Ausbau der Lyocell-Fabrik schon seit 2018 auf Eis. Dort verortete die Lenzing 2023 eine Wertminderung von 20,5 Millionen Euro. Die Fortsetzung des Ausbaus wird in „näherer Zukunft nicht mehr als hochwahrscheinlich eingeschätzt“, heißt es im Geschäftsbericht.

 

Lenzing-Vorstandschef Stephan Sielaff konstatierte, „die erwartete Erholung der für die Lenzing-Gruppe relevanten Märkte blieb bisher aus. Die verhaltene Nachfrage und die nach wie vor stark erhöhten Rohstoff- und Energiekosten haben 2023 zu einem Ergebnis geführt, mit dem wir nicht zufrieden sind. Umso wichtiger erweisen sich die Maßnahmen, die wir entschlossen und zu einem frühen Zeitpunkt gesetzt haben, um die Lenzing auf Kurs zu halten und ihre Krisenresilienz zu steigern“. Mit einem „Performance-Programm“ will der Konzern jährlich über 100 Millionen Euro einsparen, die Hälfte davon noch heuer. Grundsätzlich erwartet die Lenzing einen „steigenden Bedarf an umweltverträglichen Fasern für die Textil- und Bekleidungsindustrie sowie die Hygiene- und Medizinbranchen“. Mit der Konzentration auf Spezialfasern sieht sie sich daher strategisch gut positioniert und erwartet für heuer ein „höheres EBITDA“ als 2023.

 

March 15th

Gangl verlässt Borealis

Nach drei Jahren legt der Vorstandschef des Kunststoffkonzerns seine Tätigkeit mit Ende Juni zurück. Laut dem Aufsichtsrat erfolgt dies einvernehmlich.

 

Mit Ablauf des 30. Juni verlässt Borealis-Vorstandschef Thomas Gangl den Kunststoffkonzern. Darauf haben sich Gangl und der Aufsichtsrat geeinigt, teilte die Borealis in einer Aussendung mit. Der scheidende „CEO“ war per 1.April 2021 in seine Funktion berufen worden. Bekanntlich gehört die Borealis zu 75 Prozent der OMV, 25 Prozent hält die Adnoc, der staatliche Öl- und Petrochemiekonzern des Emirats Abu Dhabi am Persischen Golf. Daniela Vlad, die Aufsichtsratschefin der Borealis, die im OMV-Vorstand für das Petrochemiegeschäft zuständig ist, würdigte Gangl als „Vorstandspersönlichkeit mit einem breiten Erfahrungsschatz bei der OMV, zuletzt als CEO von Borealis. Ich danke ihm für seine wertvollen Beiträge, die er in den vergangenen zwei Jahrzehnten für die OMV-Gruppe geleistet hat. Ich wünsche ihm alles Gute für seine zukünftigen Aufgaben“.

 

In der Aussendung verwies die Borealis auf wesentliche Entwicklungen des Unternehmens unter der Führung Gangls. Genannt wurden unter anderem der Verkauf des Stickstoff- und Düngemittelgeschäfts an die tschechische Agrofert, der Erwerb der italienischen Rialti Spa, die auf auf Polypropylen-Verbundstoffe aus Rezyklaten spezialisiert ist, aber auch den Börsengang der Borouge, eines Gemeinschaftsunternehmens mit der Adnoc, das den gleichnamigen Petrochemiekomplex in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) betreibt, sowie „die endgültige Investitionsentscheidung für die Borouge-4-Anlage in Ruwais (VAE), die nach ihrer Fertigstellung der weltweit größte Polyolefin-Komplex an einem Standort sein wird“.

 

Vor seiner Tätigkeit bei der Borealis hatte Gangl mehr als 20 Jahre lang für die OMV gearbeitet. Als Mitglied ihres Vorstands leitete er die Aufstockung des Anteils der OMV an der Borealis von 36 auf 75 Prozent im Herbst 2020. Wer Gangl in seiner jetzigen Funktion folgt, wird laut der Aussendung der Borealis „zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben“.

 

Offen ist bekanntlich die Zukunft der Borealis. Die OMV und die Adnoc verhandeln über die Schaffung eines weltweit führenden Petrochemiekonzerns, in den sie die Borealis und die Borouge verschmelzen wollen.

 

 

 

March 7th

Brenntag: Gewinn um 20 Prozent gesunken

Der Umsatz des Essener Chemiedistributeurs verringerte sich gegenüber 2022 um rund 13,4 Prozent. Als Gründe nennt der Konzern verringerte Absatzpreise und -mengen. Er spricht vom „zweitbesten Ergebnis“ seiner Unternehmensgeschichte.

 

Der deutsche Chemiedistributeur Brenntag mit Hauptsitz in Essen erwirtschaftete 2023 einen Gewinn von rund 721,1 Millionen Euro, um rund 20 Prozent weniger als 2022. Seine Umsatzerlöse sanken um 13,4 Prozent auf 16,81 Milliarden Euro. Als „führende Steuerungsgröße“ bezeichnet der Konzern in seinem Geschäftsbericht das sogenannte „operative EBITA“. Er definiert dieses als „Betriebsergebnis gemäß Konzern-Gewinn- und Verlustrechnung zuzüglich der Abschreibungen auf immaterielle Vermögenswerte sowie als Finanzinvestition gehaltene Immobilien, bereinigt um bestimmte Sachverhalte“ und beziffert es für 2023 mit 1,26 Milliarden Euro. Gegenüber 2022 ist das, mit zwei Dezimalen gerechnet, ein Rückgang um rund 16,5 Prozent. Mit drei Dezimalen gerechnet liegt der Rückgang bei 16,3 Prozent. Dies ist jener Wert, den Brenntag selbst nennt.

 

Laut dem Geschäftsbericht beruhte dieser Rückgang „hauptsächlich auf gesunkenen Absatzpreisen, aber auch auf rückläufigen Absatzmengen“. Diese Effekte waren im Geschäftsbereich Specialties ebenso zu verbuchen wie im Bereich Essentials. Specialties befasst sich dem Geschäftsbericht zufolge mit dem „Verkauf von Inhaltsstoffen und Zusatzleistungen für die ausgewählten Branchen Nutrition, Pharma, Personal Care / HI&I (Home, Industrial & Institutional), Material Sciences, Water Treatment und Lubricants“. Essentials wiederum ist auf Prozesschemikalien ausgerichtet. Bei Specialties hatte Brenntag mit „rückläufigen Absatzmengen in Kombination mit leicht gesunkenen Roherträgen pro Mengeneinheit“ zu kämpfen. Geographisch betrachtet, lief vor allem das Geschäft auf dem amerikanischen Doppelkontinent nicht eben überragend. Das operative EBITA des Bereichs verringerte sich gegenüber 2022 um 24,4 Prozent auf 550,8 Millionen Euro. Im Bereich Essentials wiederum sanken die verkauften Mengen in allen Weltgegenden außer im asiatisch-pazifischen Raum („APAC“). Vom „Rückgang der Roherträge pro Mengeneinheit“ war auch APAC betroffen. Das operative EBITA von Essentials lag mit 848,9 Millionen Euro um 6,8 Prozent unter dem Wert von 2022.

 

Vorstandschef zufrieden

 

Vorstandschef Christian Kohlpaintner gab sich dennoch zufrieden. Ihm zufolge erzielte Brenntag 2023 das „zweitbeste Ergebnis seiner Geschichte. Dies ist auf die inhärente Stärke und Widerstandsfähigkeit unseres Geschäftsmodells mit seiner globalen Reichweite und seinem breiten Produkt- und Dienstleistungsportfolio zurückzuführen“.

 

Dem Geschäftsbericht zufolge geht das Brenntag-Management „geht davon aus, dass sich die im Jahresverlauf 2023 gesehene sequenzielle Erholung der Absatzmengen 2024 fortsetzen wird“, aber auch davon, dass die politische und wirtschaftliche Weltlage gespannt bleibt. Angesichts dessen rechnet es mit einem operativen EBITA zwischen 1,23 und 1,43 Milliarden Euro. Dies wäre gegenüber 2023 entweder ein Rückgang um etwa 2,8 Prozent oder ein Anstieg um 13,0 Prozent.

 

 

 

March 6th

Bayer mit Milliardenverlust 

Knapp drei Milliarden Euro Verlust muss der deutsche Agrochemie- und Pharmakonzern für 2023 verbuchen. Unter den Gründen ist nicht zuletzt das schlechte Glyphosat-Geschäft. An Herausforderungen mangelt es nicht. Deshalb will Konzernchef Bill Anderson nun abbauen – bei den Schulden und bei der Unternehmensbürokratie. 

 

Der deutsche Agrochemie- und Pharmakonzern Bayer verzeichnete 2023 einen Verlust von 2,94 Milliarden Euro, nachdem er 2022 einen Gewinn von 4,15 Milliarden Euro verbucht hatte. Der Umsatz verringerte sich um 6,1 Prozent auf 47,64 Milliarden Euro, das Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (EBITDA) um 21,3 Prozent auf 10,63 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis (EBIT) stürzte um 91,3 Prozent auf 612 Millionen Euro ab. Der Free Cashflow schließlich sank um 57,9 Prozent auf 1,31 Milliarden Euro. 

 

Im Bereich Crop Sciences schrieb Bayer einen operativen Verlust (EBIT) von 3,49 Milliarden Euro, verglichen mit einem Gewinn von 2,95 Milliarden Euro im Jahr 2022. Der Umsatz sank um 7,5 Prozent auf 23,27 Milliarden Euro. Begründet wird dies im Geschäftsbericht insbesondere mit „Preisrückgängen bei unseren glyphosathaltigen Produkten aufgrund von reduzierten Preisen für Generika“. Abgesehen davon meldet Bayer für diesen Geschäftsbereich „eine insgesamt positive Preisentwicklung durch innovative Produkte und höhere Agrarproduktpreise“.


Auch der Geschäftsbereich Pharmaceuticals (rezeptpflichtige Medikamente) verzeichnete einen Umsatzrückgang. Dieser belief sich auf 6,1 Prozent, der Umsatz auf 18,01 Milliarden Euro. Das EBIT verringerte sich um 20,3 Prozent auf 3,97 Milliarden Euro. Mit dem Gerinnungshemmer Xarelto, seiner bis dato wichtigsten „Cash Cow“, machte Bayer um 9,6 Prozent weniger Umsatz, in absoluten Zahlen waren es 4,08 Milliarden Euro. Der zweitstärkste Umsatzbringer war das Augenmedikament Eylea mit 3,23 Milliarden Euro, was einem leichten Plus um 0,6 Prozent entspricht. Der Umsatz mit dem Krebsmittel Nubeqa wuchs dagegen stark, nämlich um 86,5 Prozent auf 869 Millionen Euro. Das Nierenmittel Kerendia legte sogar um 152,3 Prozent auf 270 Millionen Euro zu. 

 

Auch im kleinsten Geschäftsbereich, Consumer Health (rezeptfrei Präparate) hatte Bayer einen Umsatzrückgang zu verkraften. Dieser hielt sich mit 0,9 Prozent aber in Grenzen. In absoluten Zahlen belief sich der Umsatz auf 6,03 Milliarden Euro. Das EBIT wuchs um etwa 21,0 Prozent auf 1,16 Milliarden Euro. 

 

Vier Herausforderungen 

 

Vorstandschef Bill Anderson, der Bayer seit Mitte vergangenen Jahres leitet, attestierte seinem Unternehmen vier Herausforderungen. Die erste sind die „Patentabläufe und unsere Pipeline bei Pharma“. Die Patentabläufe betreffen vor allem Xarelto und Eylea, bei denen „einige schwierige Jahre bevorstehen“. Immerhin habe Bayer 2023 „acht Zulassungsanträge für neue Medikamente eingereicht. Dieses Tempo wollen wir beibehalten“. 


Die zweite Herausforderung sind die Rechtsstreitigkeiten bezüglich PCB und Glyphosat. Anderson zufolge will sich Bayer insbesondere bei Glyphosat, das er als „sicher“ und „essenziell“ bezeichnete, „energisch verteidigen“. Außerdem werde der Konzern „alle Möglichkeiten in Betracht ziehen, diesen Rechtskomplex im Sinne unseres Unternehmens und unserer Kunden abzuschließen. Sie können mehr Initiativen von Bayer in diesem Bereich erwarten, aber wir können uns erst dazu äußern, wenn es im Interesse des Unternehmens ist“.


Als dritte Herausforderung nannte Anderson die Schulden. Sie belaufen sich auf rund 34,5 Milliarden Euro und sind gegenüber 2022 um 8,5 Prozent gewachsen. Deshalb wird die Dividende in den kommenden drei Jahren „auf das gesetzliche Minimum“ eingeschränkt. „Der Schuldenabbau wird bei der Verwendung der einbehaltenen Barmittel oberste Priorität haben. Dieser Schritt wird uns helfen, bis Ende 2026 in Richtung eines Single-A-Ratings voranzukommen“, versicherte Anderson.


Viertens schließlich plagt Bayer die konzerninterne Bürokratie. Ihr entgegenwirken will Anderson mithilfe „eines radikalen neuen Organisationsmodells, das wir Dynamic Shared Ownership nennen“. DSO, so die Abkürzung, soll die bis dato bis zu zwölf Ebenen zwischen Anderson und den Bayer-Kunden im Durchschnitt auf fünf bis sechs Ebenen verringern. Laut Arbeitsdirektorin Heike Prinz geht es bei DSO um die Schaffung von profitorientierten Teams aus etwa 15 Personen und einer Führungskraft, „die auf Kunden und Produkte ausgerichtet sind“. Prinz zufolge arbeiteten Ende 2023 rund 50 Teams und 2.500 Beschäftige in solchen Einheiten. Bis Ende des Jahres sollen sämtliche knapp 100.000 Beschäftigten „im Sinne von DSO arbeiten“. 

 

Vorerst kein Verkauf 

 

Vorerst abgeblasen ist der Verkauf der Sparte Consumer Health. Statt dessen wird das Bayer-Management laut Anderson „in den kommenden 24 bis 36 Monaten unsere Energie und unseren Fokus darauf richten, unser Organisationsmodell Dynamic Shared Ownership zu implementieren, um die Performance zu verbessern, die Rechtsstreitigkeiten wirkungsvoll anzugehen, den Verschuldungsgrad in Richtung eines A-Ratings zu senken und eine starke Pharma-Pipeline aufzubauen“. In der Folge könnte das Abstoßen des Geschäfts mit rezeptfreien Pharmazeutika aber durchaus wieder zum Thema werden. „Unsere Antwort auf die Frage nach Strukturveränderungen lautet ‚nicht jetzt‘ – aber das sollte nicht als ‚nie‘ missverstanden werden. Natürlich werden wir für alles offenbleiben“, resümierte Anderson. 

 

March 5th

Borealis feiert 30jähriges Bestehen

Der weit größte Kunststoffkonzern Österreichs entstand 1994 als Gemeinschaftsunternehmen der Neste Oy und der Statoil. Sein Haupteigentümer ist seit 2020 die OMV, die mit der Adnoc darüber verhandelt, ihn in einen globalen Petrochemiekonzern einzubringen.

 

Der Kunststoffkonzern Borealis feiert im März sein 30jähriges Bestehen. Mit rund 7.600 Beschäftigten ist er in 120 Staaten tätig und erwirtschaftete zuletzt rund 9,61 Milliarden Euro Umsatz sowie 1,61 Milliarden Euro Gewinn. Damit ist er das weitaus größte Kunststoffunternehmen Österreichs.

 

Gegründet wurde die Borealis 1994 als Gemeinschaftsunternehmen der finnischen Neste Oy und der norwegischen Statoil, die beide je 50 Prozent hielten. Schon drei Jahre später verkaufte die Neste ihren Anteil jeweils zur Hälfte an die OMV und die Adnoc, die staatliche Ölgesellschaft des Emirats Abu Dhabi am Persischen Golf. Die Statoil dagegen behielt ihre 50 Prozent. Im Jahr 1998 gründeten die Borealis und die Adnoc in Abu Dhabi den Petrochemiekomplex Borouge, der vom gleichnahmigen Gemeinschaftsunternehmen geführt wird. Borouge wurde in den kommenden Jahrzehnten sukzessive erweitert und ist heute einer der wichtigsten Vermögenswerte der Borealis.

 

Das Jahr 2005 brachte eine grundlegende Änderung der Eigentumsverhältnisse: Die Statoil verkaufte ihre Anteile an die OMV und die IPIC, den staatlichen Investmentfonds Abu Dhabis, der zwischenzeitlich die von der Adnoc gehaltenen Aktien übernommen hatte. Aufgrund dessen hielt die IPIC 64 Prozent der Borealis, auf die OMV entfielen 36 Prozent. Im Jahr 2006 verlegte die Borealis ihren Hauptsitz nach Wien. Ein Jahr später übernahm sie den Düngererzeuger Agrolinz Melamin – laut ihrem nachmaligen Vorstandschef Mark Garrett ein Schritt, dessen Bedeutung vielfach erst später erkannt wurde. Garrett blieb bis 2018 an der Unternehmensspitze. Unter anderem steigerte er den Umsatz der Borealis auf über eine Milliarde Euro. Im Jahr 2018 folgte ihm der heutige OMV-Generaldirektor Alfred Stern.

 

OMV-Mehrheitsübernahme

 

Eine wesentliche Änderung der Eigentumsverhältnisse erfolgte 2020: Die OMV stockte ihren Anteil auf 75 Prozent auf. Die übrigen 25 Prozent verblieben bei der Mubadala, grob gesprochen der Nachfolgerin der IPIC als staatliche Investmentvestmentgesellschaft Abu Dhabis. Mit dem Eintritt Sterns in den OMV-Vorstand per 1. April 2021 übernahm im Gegenzug Thomas Gangl den Vorstandsvorsitz der Borealis, die er bis heute leitet. Gangl war zuvor 20 Jahre bei der OMV tätig gewesen und hatte laut der damaligen Aussendung „nicht nur den Raffinerie- und Petrochemie-Bereich bei der OMV maßgeblich mitgestaltet, sondern auch das chemische Recycling im OMV Konzern etabliert und damit den Grundstein für die Kreislaufwirtschaftsstrategie der OMV gelegt“.

 

Aus Anlass des heurigen Jubiläums konstatierte Gangl, ihr „europäisches Erbe“ sowie ihre technologische Kompetenz hätten die Borealis „zu einem globalen Player in der Branche gemacht. Wir treiben die Transformation der Branche hin zu einer Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe voran und erfinden die Grundlagen für ein nachhaltiges Leben neu. Auch weiterhin werden wir in unsere Mitarbeiter:innen, Anlagen und in das lokale Umfeld investieren“.

 

Verschmelzung mit Borouge?

 

Seit dem Verkauf der Düngemittelsparte an die tschechische Agrofert im Sommer 2023 konzentriert sich die Borealis auf das Kunststoffgeschäft sowie die Kreislaufwirtschaft. Ihre Zukunft ist offen. Die OMV und die Adnoc verhandeln über die Schaffung eines weltweit führenden Petrochemiekonzerns. In diesen sollen die Borealis und die Borouge verschmolzen werden.

 

 

 

February 28th

Antibiotikaresistenzen: Weitere Anstrengungen nötig

Der neue Bericht der European Food Safety Authority (EFSA) und des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) zeigt manche positive Tendenzen, aber auch mancherlei Handlungsbedarf. 

 

Zwar treten in menschlichen und tierischen Zellen weiterhin Stämme von Salmonellen und Campylobacter-Bakterien auf, die gegen herkömmliche Antibiotika unempfindlich sind. Die Resistenzen halten sich indessen in Grenzen, zeigt ein neuer Bericht der EU-Lebensmittelsicherheitsagentur EFSA und des European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC). Ihm zufolge werden überdies in Tieren für die Lebensmittelerzeugung vermehrt Escherichia-coli-Bakterien gefunden, die gegenüber Schlüssel-Antibiotika keinerlei Resistenzen zeigen. „Dies zeigt, es gibt in einer Reihe von EU-Mitgliedsstaaten Fortschritte bei der Verminderung von Antibiotikaresistenzen (AMR) in Tieren zur Lebensmittelproduktion“, teilte die EFSA in einer Aussendung mit. 

 

Salmonellen, die gegen Carbapeneme unempfindlich sind, wurden in menschlichem, nicht aber tierischem Material nachgewiesen. E. coli mit Carbapenem-Resistenzen wiederum fanden sich ausschließlich Tieren. Das Problem: Entsprechende Proben traten in einer steigenden Anzahl von Ländern auf. Dies ist unerfreulich, weil Carbapeneme als  „letztes Mittel“ gegen manche Krankheitserreger gelten. 

 

Ferner verzeichnete mindestens die Hälfte der EU-Mitgliedsstaaten, die der EFSA und dem ECDC Daten lieferten, in menschlichem Material zwischen 2013 und 2022 steigende Resistenzen von Salmonellen und Campylobacter-Bakterien gegen Fluorquinolone. Auch dies gilt als besorgniserregend, weil Fluorquinolone in den – wenn auch seltenen – Fällen, in denen solche Erreger schwere Krankheiten auslösen, häufig zum Einsatz kommen. 

 

Sinkende Makrolid-Resistenz 

 

Positiv vermerkten die EFSA und das ECDC die in menschlichem Material in einem Drittel der an der Studie beteiligten Länder festgestellte sinkende Resistenz von E.-Coli-Bakterien gegen Makrolide. Solche Antibiotika gewinnen vor allem bei der Behandlung von Lebensmittelvergiftungen zunehmende Bedeutung. 

 

Der Chefwissenschaftler der EFSA, Carlos Das Neves, und Mike Catchpole, sein Kollege beim ECDC, konstatierten, es gebe positive Tendenzen bei der Eindämmung von AMR: „Dennoch sind weitere gemeinsame Anstrengungen nötig, um mit dieser weltweiten Bedrohung fertigzuwerden. Um dem ‚One Health‘-Ansatz Rechnung zu tragen, brauchen wir die Zusammenarbeit unterschiedlicher Sektoren, von der Human- über die Veterinär- bis zur Umweltmedizin.“ 

 

Der Bericht ist auf der Website des ECDC verfügbar. 
 

 

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