Deutschland: Krach um neues Pharmagesetz

Um den Entwurf für das neue deutsche Gesetz zur Arzneimittelversorgung (AM-VSG) fliegen die Fetzen. Wie dieser Tage bekannt wurde, will das Berliner Gesundheitsministerium (BMG) den Umsatz, den ein Pharmaunternehmen mit einem neuen Medikament machen darf, im ersten Jahr der Zulassung auf 250 Millionen Euro begrenzen. Außerdem ist geplant, das geltende Preismoratorium bis 2022 zu verlängern. Drittens ist vorgesehen, die zwischen der Pharmaindustrie und dem Krankenkassenverband GKV ausgehandelten Arzneimittelpreise (Erstattungsbeiträge) nicht zu veröffentlichen. Damit könnten sich die Gesundheitsbehörden anderer Länder nicht mehr an den deutschen Preisen orientieren. Das Gesundheitsministerium hofft, damit die Entwicklung der Arzneimittelpreise dämpfen zu können.

Diagnose
Bild: Takeda Pharma
Bedenklicher Zustand: Die Pharmaindustrie diagnostiziert beim Entwurf des Gesundheitsministeriums erhebliche Schwächen.

 

Die Pharmaindustrie kritisiert vor allem die Umsatzschwelle sowie die Verlängerung des Preismoratoriums. „Schon dieser Punkt, das heißt das faktische Einfrieren auf dem Preisstand vom 01.08.2009 (!) für einen derart langen Zeitraum, wird nicht für eine bessere und schon gar nicht für eine sichere Arzneimittelversorgung sorgen. Die Begründung, dass zur Verbesserung der Vergütung der Apotheken im Gegenzug Einsparungen bei der pharmazeutischen Industrie generiert werden müssen, ist abenteuerlich und wird die schon bestehende Empörung bei unseren Mitgliedern weiter verschärfen“, verlautet Martin Zentgraf, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI). In den vergangenen Jahren habe sich die Finanzlage in der gesetzlichen Krankenversicherung „historisch gut“ entwickelt. Angesichts dessen das Preismoratotium „nicht nur nicht aufzuheben, sondern bis 2022 zu verlängern und dabei insbesondere dem pharmazeutischen Mittelstand weiter zu schaden, ist nicht akzeptabel. Hier sind Änderungen dringend erforderlich“, betont Zentgraf.

 

Ähnlich argumentiert der Verband forschender Arzneimittelhersteller (VfA). Die Umsatzschwelle sowie die Verlängerung des Preismoratoriums seien „kontraproduktive Signale für den Standort Deutschland“, heißt es in einer Aussendung. Sie bedeuteten „einen erheblichen zusätzlichen Eingriff in einem ohnehin durchregulierten Markt“. Ferner fomuliere der Entwurf zwar Ziele, aber keine „klaren gesetzlichen Vorgaben“, um diese zu erreichen. Als Beispiel nennt der VfA die Vertraulichkeit der Erstattungsbeiträge: „Der Entwurf formuliert klar, dass verhindert werden soll, dass ausländische Behörden, die für Deutschland verhandelten Erstattungsbeträge zur Grundlage ihrer Preisbildung machen. Die Konkretisierung fehlt“. Angesichts derartiger Schwächen werde der Entwurf „sein Ziel, die Verbesserung der Arzneimittelversorgung zu stärken, nicht erreichen“, warnt der VfA.