EASAC: Neonicotinoid-Einsatz neu bewerten

In Stöcken lebende Honigbienen sind möglicherweise keine taugliche Spezies, um die Auswirkungen von Neonicotinoiden zu untersuchen. Zu diesem Schluss kommt eine 70 Seiten umfassende Studie des European Academies Science Advisory Council (EASAC), in dem die Akademien der Wissenschaften der EU-Mitgliedsstaaten zusammenarbeiten. Wie es in der Studie heißt, führte die Ausbreitung der Honigbienen zu einem Rückgang anderer Insektenarten, darunter Hummeln, Wildbienen (solitary bees), Schwebfliegen und Schmetterlingen, die für die Bestäubung von Pflanzen ebenso wichtig seien. Allerdings könnten die Honigbienen die Neonicotinoide möglicherweise leichter verkraften, weil sie in Stöcken leben und damit über eine wirksame Kapazität zum „Abpuffern“ für die Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln verfügen. Einzeln lebende Insekten wie Hummeln und Wildbienen hätten diese Kapazität dagegen nicht. Jedenfalls reiche das Schützen von Honigbienen alleine nicht aus, um eine „nachhaltige Landwirtschaft“ sicherzustellen. Ausdrücklich wird in der Studie einmal mehr betont, dass es keinen Beweis für einen Zusammenhang zwischen dem Absterben von Bienenvölkern und dem Einsatz von Neonicotinoiden gibt.

Bienen im Stock
Bild: BMLFUW/Rita Newman
Falsche Viecher: Honigbienen sind taugen eventuell nicht dazu, die Auswirkungen von Neonicotinioden zu analysieren.

 

Den Experten zufolge stellt sich indessen die Frage, ob der routinemäßige Einsatz von Neonicotinoiden gegen „nur gelegentlich auftretende Schädlinge“ sinnvoll ist. In manchen Fällen könne der Einsatz der Substanzen sogar Probleme verschärfen, weil diese auch natürliche Fressfeinde der Schädlinge beeinträchtigten, etwa Schlupfwespen und Marienkäfer. Laut der Studie wurde diese Problematik beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln bislang generell zu wenig berücksichtigt. Die Diskussionen über die Neonicotinoide hätten aber gezeigt, dass es notwendig sei, die derzeit gängigen Pflanzenschutzverfahren neu zu bewerten. Jedenfalls widerspreche der prophylaktische Einsatz von Neonicotinoiden den Prinzipien des integrierten Pflanzenschutzes, wie er unter anderem in der Richtlinie „über einen Aktionsrahmen der Gemeinschaft für den nachhaltigen Einsatz von Pestiziden“ (2009/128/EU) der Europäischen Union vom 21.Oktober 2009 gefordert werde.

 

Die Studie wurde im Auftrag der Europäischen Kommission erstellt. Eine ihrer Aufgaben besteht darin, eine Analyse der European Food Safety Authority (EFSA) zum Thema Neonicotinoide vom Jänner 2013 zu evaluieren. Zu diesem Zweck werteten die EASAC-Experten unter anderem mehr als 100 Studien aus, die seit der EFSA-Analyse erschienen. Primärdaten erhoben sie allerdings nicht. Ein PdF der Studie ist unter www.easac.eu kostenlos verfügbar.