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Chemiereport_2016-2

Foto:Chemiereport 75 AustrianLifeScienceschemiereport.at 2016.2 WISSENSCHAFT & FORSCHUNG emittierte CO2 kann durch die Photo- synthese der Pflanzen nicht mehr schnell genug umgesetzt werden, etwa die Hälfte davon bleibt in der Luft, deren CO2 -Gehalt pro Jahr dadurch um etwa 0,5  Prozent steigt. Nun sind fossile Brennstoffe bereits so alt, dass alles ursprünglich darin enthal- tene 14 C schon zerfallen ist. Bei der Verfeu- erung dieser Brennstoffe wird daher das 14 C /12 C-Verhältnis reduziert – zunächst in der Atmosphäre, durch Austauschpro- zesse aber auch darüber hinaus: Etwa ein Fünftel des atmosphärischen CO2 tauscht jährlich mit der Biosphäre und Hydrosphäre aus. Je nachdem wie sich der CO2 -Gehalt in der Atmosphäre wei- terentwickeln wird (der 14 C-Überschuss vom Bombenpeak beträgt heute nur noch wenige Prozent), kann dies zu einem Pro- blem für die Altersbestimmung mittels 14 C werden: Ein durch den fossilen Eintrag stark reduziertes 14 C /12 C-Verhältnis kann ein wesentlich höheres Alter einer Probe vortäuschen. Höchstempfindliche 14 C-Bestimmung mit der „Atomzählmaschine“ Vor 70 Jahren hat Willard F. Libby den Grundstein für die Altersbestimmung mittels der Radiocarbonmethode gelegt (dafür wurde er 1960 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet), wobei 14 C über seinen radioaktiven Zerfall gemessen wurde. In den späten 1970er-Jahren kam eine neue Methode auf: Die Beschleuni- germassenspektrometrie (AMS = Accele- rator Mass Spectrometry), mit der sich die Kohlenstoffisotope aufgrund ihrer unter- schiedlichen Massen voneinander und vom Stickstoffisotop 14 N separieren lassen. Gegenüber der Zählung der radioaktiven Zerfälle ermöglichte die AMS eine Steige- rung der Nachweisempfindlichkeit um eine Million. Dadurch konnte die notwen- dige Probengröße von mehreren Gramm Kohlenstoff auf Milligramm, ja sogar Mi- krogramm reduziert werden. Ein Beispiel für eine Anlage, die der- artige „Atomzählungen“ ausführen kann, ist der Vienna Environmental Research Accelerator (VERA). Er steht an der Uni- versität in Wien, misst stolze 200 m² und feiert heuer bereits seinen 20. Geburtstag. Weltweit gibt es heute etwa 100 derartige Anlagen, die modernsten davon sind auf- grund technologischer Verbesserungen in ihren Dimensionen stark geschrumpft. Das derzeit kompakteste System, das „Mini Carbon Dating System“ (MICADAS) wurde an der ETH Zürich entwickelt und nimmt bei gleicher Nachweisempfindlich- keit wie VERA nur mehr rund 7,5 m² Flä- che ein. Die Untersuchung des Anthropozäns mittels der 14 C-Sprache Aus den Forschungsrichtungen, die durch die rasche und hochsensitive Bestimmung des 14 C /12 C-Verhältnisses mittels AMS ermöglicht werden, sei die Erfassung der Strömungen im Ozean her- ausgegriffen. Ozeane bedecken rund zwei Drittel unserer Erdoberfläche; sie trans- portieren Wärme von den Gebieten am Äquator in die höheren Breiten, haben damit enormen Einfluss auf das Klima und geben unserer Erde das heutige Aus- sehen. Um die weitere, globale Entwick- lung des Klimas modellieren und prognos- tizieren zu können, ist ein Verstehen der Strömungen in den Ozeanen – und zwar in drei Dimensionen – äußerst wichtig. Messungen des 14 C /12 C-Verhältnisses an den Oberflächen und in den Tiefen der Ozeane haben bereits in den frühen 1970er-Jahren begonnen, noch bevor es die AMS-Technik gab. Man hat an reprä- sentativen Stellen der Ozeane jeweils an der Oberfläche und in 3.000 m Tiefe gemessen, wobei man für eine einzige 14 C-Bestimmung 250 Liter Wasser benö- tigte. Aus den Altersunterschieden von Oberflächen- zu Tiefenwässern (im Atlan- tik 250 Jahre, im Pazifik bis zu 3.000 Jahre) konnte ein erstes, einfaches Bild davon entworfen werden, was mit den Wasser- mengen im Ozean geschieht. Dieses als „Großes Ozeanisches Förderband (Great Ocean Conwayer)“ benannte System zeigt Zirkulationsströme, die alle Ozeane mit- einander verbinden: Das warme Wasser, das in den äquatorialen Ebenen an der Oberfläche gebildet wird, strömt nach Norden, kühlt sich dort ab, wird dichter, sinkt in die Tiefe und kommt im Indischen Ozean und im Pazifik wieder an die Ober- fläche. Dieses Bild verbessert sich seit der Anwendung der AMS-Technik: Für eine 14 C -Bestimmung wird nur ein halber Liter Wasser benötigt und Hochdurchsatzver- fahren, beispielsweise an der National Ocean-Sciences-AMS-Anlage am Woods Hole Oceanographic Institution (Boston) erlauben Tausende und Abertausende Messungen. Das internationale Projekt „World Ocean Circulation Experiment (WOCE)“1 hat über 13.000 Wasserpro- ben der großen Weltmeere auf 14 C analy- siert und daraus eine ungeheure Fülle an Informationen über Meeresströmungen erhalten. Um diese in Modellrechnungen zum Treibhauseffekt/Klimawandel ein- fließen zu lassen, müssen auch die Anteile der durch fossile Brennstoffe verringer- ten 14 CO2 -Gehalte berücksichtigt werden. Der vorliegende Artikel ist die gekürzte Version eines Beitrags auf scienceblog.at 1 Ocean Circulation and Climate. World Ocean Climate Experiment. WOCE Report No. 154/97. http://www.nodc.noaa.gov/ woce/wdiu/wocedocs/brochure97.pdf (free access) 14 CÜberschussinProzent 100 80 60 40 20 0 1963 1950 1960 1970 1980 1990 Nördliche Hemisphäre Südliche Hemisphäre Natürlicher 14 C Gehalt 14 C im CO2 der Atmosphäre Der 14 C-Bombenpeak: Als Folge der oberirdischen Bombentests stieg der 14 CO2 -Gehalt in der Atmosphäre stark an. 19501960197019801990

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