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Chemiereport_2016-3

AustrianLifeScienceschemiereport.at 2016.3 MÄRKTE & MANAGEMENT ihre Lieferketten hinweg aufzubauen. Sie könne somit die Anforderungen des EuGH zumindest in einem gewissen Umfang erfüllen: „Einen kompletten Überblick haben allerdings auch wir nicht. Und wenn wir es nicht schaffen, das Urteil korrekt umzusetzen, wer dann?“ Kaum interessant Unger plädierte daher für einen pragmatischen Ansatz. Pro- blematisch hinsichtlich der Urteilsumsetzung seien vor allem elektronische Komponenten wie Leiterplatten. Ihm zufolge soll- ten diese daher als nicht weiter zerlegbare Erzeugnisse gewertet und entsprechend behandelt werden. Hinsichtlich aller anderen Bauteile müsse sich ein Unternehmen eben auf seine Vorliefe- ranten verlassen und diese vertraglich zu ordentlicher Infor- mationsweitergabe verpflichten. Wie Unger hinzufügte, sind die Debatten in der Autobranche, wie das Urteil umzusetzen ist, bei weitem noch nicht abgeschlossen. Klar ist ihm zufolge nur eines: „Die strengste Auslegung, gemäß der man auch noch bei der kleinsten Komponente alles ganz genau wissen müsste, wäre einfach nicht sinnvoll.“ Schwerlich interessiere es irgendeinen Kunden, ob in einem Mini-Bestandteil eines GPS-Displays eine SVHC mit einer Konzentration von mehr als 0,1 Massenprozent enthalten sei. Und erkennbaren Nutzen bringe ihm solches Wis- sen auch nicht. Angemessen prüfen Für einen pragmatischen Umgang mit dem Urteil plädierte auch Eugen Anwander von der Chemikalieninspektion des Lan- des Vorarlberg, der auch stellvertretender Vorsitzender des Voll- zugsforums der ECHA ist. Er als Jurist und Vertreter einer Voll- zugsbehörde habe hinsichtlich des EuGH-Urteils den Eindruck, „das ist eine ziemliche Fiktion. Offenbar bemüßigten sich die Richter einer sehr hehren Betrachtungsweise“. Immerhin habe die ECHA eine Leitlinie zum Umgang mit dem Urteil erstellt, die allerdings als „Interimsversion“ gelte. Sie widerspreche dem Urteil zumindest nicht, sei allerdings „auch nicht besonders kon- kret“. Eine Expertengruppe unter starker Beteiligung der Wirt- schaft ist laut Anwander dabei, eine endgültige Version zu erstel- len, vorliegen soll diese bis Ende des Jahres. Österreich bringt sich laut Anwander in die Leitlinienerar- beitung „aktiv“ ein und dringt auf einen möglichst praktikablen Ansatz. Beispielfälle spielten dabei eine äußerst wichtige Rolle, gerade auch für die Behörden selbst: „Die Leitlinie ist ja essen- ziell für den Vollzug.“ Deren Augenmerk müsse daher „auf einer angemessenen Plausibilitätsprüfung“ liegen. Dabei gelte es insbesondere auch, die Frage nach der Geltung und der Reichweite des Vertrauensgrundsatzes zu beantworten. Habe ein Unternehmen eine Vielzahl von Vorlieferanten außer- halb der Europäischen Union, müsse es diesen mutmaßlich wohl mehr Aufmerksamkeit widmen als „den drei Zulieferern in Vor- arlberg“, die ohnehin selbst dem EU-Recht unterliegen. Freilich werde auch die Leitlinie nicht alle offenen Punkte klären kön- nen. Verordnung ändern? Anwander fügte hinzu, etliche Verwaltungsexperten in Öster- reich, aber auch in anderen Mitgliedsländern der Europäischen Union, plädierten dafür, das Problem an der Wurzel zu packen: „Vielleicht wäre es ja wirklich das Gescheiteste, den Artikel 33 der REACH-Verordnung zu ändern und klarzustellen, was der Gesetzgeber wirklich wollte.“ Eine Überlegung, die bei Unger eher leises Unbehagen auslöst. Er befürchtet, „dass damit erst recht die Büchse der Pandora aufgehen könnte“. (kf)

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