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Chemiereport_2016-3

A ls aufmerksamer Beobachter gesell- schaftlicher Diskussionen – beson- ders solcher mit stark moralischer Färbung – gewinnt man zuweilen den Ein- druck, der Schutz von Tier und Pflanze be- sitzt bereits einen höheren Stellenwert als die Würde des Menschen. Während in reproduktions- medizinischen Fragen oder bei der Bereit- schaft zur eigenen Leistungsoptimie- rung Dämme weg- brechen, herrscht beim Gebrauch un- serer Mitgeschöpfe zum Wohle der Menschheit ein Re- gime der Vorsicht. Die leidlige Debatte über die Grüne Gen- technik ist nur ein Bei- spiel dafür. Die Hoffnungen mancher Wissenschaftler ru- hen hier nun auf Genome-Editing-Me- thoden (insbesondere auf CRISP/Cas 9), die nicht nur neue technische Möglichkei- ten erschließen, sondern aufgrund ihrer Ähnlichkeit zu natürlichen Mutations- vorgängen auch die Debatte um zulässige Methoden in der Pflanzenzüchtung neu aufmischen. Man wäre aber nicht verwun- dert, wenn die üblichen Bedenkenträger auch hier ein Haar in der Suppe finden, das sie in ihren Augen zum empörungs- schwangeren Protest berechtigt. Der Verfasser dieser Zeilen wird dem- gegenüber nicht müde, auf die Chancen hinzuweisen, die das in den vergangenen Jahren angesammelte molekulargeneti- sche Wissen bietet – gerade wenn man an die Herausforderungen denkt, die in der Landwirtschaft auf uns zukommen: Eine kontinuierlich wachsende Menschheit will auch in Zukunft ernährt werden, zudem sollen landwirtschaftliche Produkte in vermehrtem Ausmaß als Rohstoff einer künftigen Wirtschaft dienen – und das bei kleiner werdender agrarischer Nutzfläche. Ähnliches gilt für die Tierzucht: Anstatt sich aus nicht nachvollziehbaren „Prin- zipien“ gegen das Klonen von Nutztieren zu stellen, sollte man sich auch in Europa Optionen offenhalten, die in bestimmten Fällen von großem Nutzen sein können. Diese und andere Diskussionen wurden auch anlässlich eines Symposiums zu Ehren Gregor Mendels geführt, wie Sie auf Seite 50 lesen können. Um die Segnungen der Biowissen- schaften auch tatsächlich zu gesellschaftlichem und wirtschaftlichem Nutzen gebrauchen zu kön- nen, bedarf es aber auch Einrichtun- gen, die die Brü- cke zwischen der Welt der Grundla- genforschung und jener der Anwen- dung schaffen. In Österreich hat sich in den vergangenen Jahren beispielsweise ein Konsortium aus allen wesentlichen Life-Scien- ces-Forschungseinrichtungen zusammengefunden, um unter dem Namen „Wings4 Innovation“ das Konzept eines Translationalen Forschungszent- rums für die Arzneimittelentwicklung zu erstellen. Das ausgearbeitete Modell droht nun aber in den Schubladen zu verschwin- den, obwohl sich namhafte Vertreter von Wissenschaft und Industrie vehement dafür einsetzen (siehe Bericht auf Seite 18). Dabei bestünde für die Politik gerade hier die Chance zu zeigen, dass die Förde- rung innovativer Kräfte mehr ist als bloße Sonntagsrede und dass die Übersetzung von Forschung in Wertschöpfung nicht nur Lippenbekenntnis bleibt. Vorsicht oder Tat? „Man darf nicht müde werden, auf die Chancen hinzuweisen, die das in den vergangenen Jahren angesammelte molekulargenetische Wissen bietet.“ AustrianLifeScienceschemiereport.at 2016.3 EDITORIAL Eine spannende Lektüre wünscht Ihnen Georg Sachs Chefredakteur Bilder:iStockphoto.com/Molekuul,Chemiereport

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