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Chemiereport_2016-4

35 AustrianLifeSciences chemiereport.at 2016.4 COVERTHEMA Bild: Chemiereport A nflug auf Teheran. Nach und nach heben sich einzelne In- dustriezonen mit bunten Dächern aus der braunen Tro- ckenheit des iranischen Hochlands ab. In der Ferne werden große Wohnblock-Siedlungen sichtbar, während des Transfers zur Stadt am frühen Abend strebt in den großen Einfallstraßen alles aus einem Ballungsgebiet mit rund 14 Millionen Menschen hinaus. Über dem Gewirr an Autos und Menschen, das sich bei Annäherung an die Stadt zunehmend verdichtet, thront das kahle Elburs-Gebirge, die Gipfel auch in der zweiten Maihälfte noch schneebedeckt, während es in der Stadt bereits 35 Grad hat. In den Höhenzügen hinter der Metropole findet man gut ausgebaute Schigebiete vor, wie Konsul Gernot Wiedner, abends beim Emp- fang im Außenhandelscenter der österreichischen Botschaft er- zählt. Man hat aus dem gut ausgebauten Netzwerk der Botschaft geschöpft, um die angekommenen Gäste mit interessanten Leuten aus der iranischen Gesundheits- und Pharmabranche zusammen- zubringen. 18 Personen aus dem Umfeld des steirischen Humantechno- logie-Clusters sind aufgebrochen, um in einem für die meisten unbekannten Land auszuloten, welche Geschäftsmöglichkeiten man für europäisches Know-how auf dem Gebiet der Medizin- und Pharmatechnik vorfin- det. Seit der Unterzeichnung des „Wiener Abkommens“ werden die zuvor geltenden Wirtschaftssanktionen gegen- über dem Iran schrittweise aufgehoben. Hintergrund der Öffnung des Landes war die durch die Isolation zuneh- mende bestehende wirtschaftliche Abhängigkeit von China, wie Georg Weingartner, österreichischer Außenhandelsdelegier- ter im Iran erklärt. Nicht alle Arten von Geschäften sind indes bereits ohne weiteres möglich und auch für den Geldverkehr bestehen trotz der formalen Anbindung an das internationale SWIFT-System noch diverse Behinderungen. Der Hunger nach Neuem und das wirtschaftliche Potenzial im Land sind dennoch groß. „Das größte Potenzial des Iran ist sein Humankapital. Wir finden hier eine junge Bevölkerung vor, die im regionalen Vergleich sehr gut ausgebildet ist“, erläutert Wein- gartner. Besonders an technischen und naturwissenschaftlichen Disziplinen herrsche reges Interesse, die Medizin erreiche ein hohes internationales Niveau. Kontakte zur Medizintechnik-Branche Auch diese Branchen waren in den vergangenen Jahren in weiten Teilen auf sich allein gestellt oder auf Technologie aus Ostasien angewiesen. Entsprechend hoch ist der Nachholbe- darf, was einen Austausch mit Europa betrifft. Davon konnten sich die Vertreter des Humantechnologie-Clusters auch auf der Fachmesse „Iran Health“, die den iranischen Gesundheitsmarkt adressiert, überzeugen. „Wir brauchen Leute, die nicht nur Technologie bringen, sondern das auch mit einem Investment verbinden“, ist etwa die Meinung von Abdollah Younesi, Vice Chairman des Medizintechnik-Distributors Salamat Arya und Gründer der International Healthcare Association, in der Betrei- ber und Entwickler medizinischer Infrastruktur-Projekte orga- nisiert sind. Wichtig sei, dass ein solches Engagement mit einer Roadmap verbunden ist und sich nicht in Absichtserklärungen erschöpfe, wie Younesi konkretisierte. Seine Aussage ist typisch für eine Stimmungslage im Land, die sich von der Partnerschaft mit Europa mehr erwartet, als lediglich als Absatzmarkt wahr- genommen zu werden. Das verfügbare Kapital ist schwer abzu- schätzen: Von kolportierten 20 Milliarden US-Dollar im Ausland geparkter Reserven sind wohl erst drei Milliarden frei verfüg- bar, dazu kommt eine Investorenstruktur im Iran selbst, die aus privaten und halbstaatlichen Akteuren besteht. „Bevorzugt wird derzeit aber wegen des niedrigen Zinsniveaus im Westen auf ausländische Kreditmittel zurückgegriffen“, erklärt Wein- gartner. Der steirische Humantechnologie-Cluster ist im Iran auch auf der Suche nach internationalen Partnern für das EU-Projekt „Laser-Go“. Dabei sollen gemeinsam mit Partnern aus Frank- reich und Litauen neue Märkte für medizinische Anwendun- gen von Lasertechnik und Optoelektronik erschlossen werden. Im Rahmen der „Iran Health“ ergab sich vor diesem Hintergrund der Erstkontakt zu zwei Branchenverbänden auf dem Gebiet der Medizin- technik. In der Association of Medical, Dental & Lab Manu- facturers & Exporteurs (Amedal) sind knapp 200 Unternehmen der Medizin- und Labortechnik organsiert. 25 der größten Unter- nehmen davon haben bereits eine so hohe Marktdurchdringung im Iran erreicht, dass sie sich zum Iranian Syndicate of Medical Equipment Exporters zusammenschlossen, um Märkte außer- halb der Landesgrenzen zu erschließen. Vertragsabschluss in Teheran Im Rahmen der Iran Health fanden auch die finalen Gesprä- che zur Bildung eines österreichisch-iranischen Joint Ventures statt. Das steirische Unternehmen Joysys nutzt eine am Human Research Institut in Weiz entwickelte Technologie zur Messung und Auswertung der Herzratenvariabilität, um Aussagen über den Gesundheitszustand eines Patienten zu gewinnen. Gemein- sam mit Alireza Vatanara von der Medizinischen Universität Teheran wurde nun das Joint Venture Dorsajoys gegründet, das die Technologie auf dem iranischen Markt vertreiben wird. Kor- respondierend dazu wird das Human Research Institut auch auf akademischer Ebene mit der Medizinischen Universität Teheran zusammenarbeiten. Nach einer Gastvorlesung von Institutslei- ter Maximilian Moser über die noch relativ junge Disziplin der Chronobiologie erfolgte die Unterzeichnung eines entsprechen- den „Memorandum of Understanding“. Tags darauf besucht „Der Iran war in den vergangenen Jahren technologisch stark auf sich allein gestellt.“ Mitglieder der steirischen Delegation mit Studenten und Professoren der Medizinischen Universität Teheran.

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