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Chemiereport_2016-4

45 AustrianLifeSciences chemiereport.at 2016.4 LIFE SCIENCES Erfolgreicher Kampfeinsatz Vor dem Training werden dem Patienten mittels Apherese, die ähnlich einer Dialyse funktioniert, T-Zellen entnommen. In diese T-Zellen werden nicht-infektiöse Viren eingeschleust, in deren Genom zuvor CAR-Gene eingebaut wurden. Zurück im Körper, übersetzt die T-Zelle die CAR-Gene in Proteine. Dabei entstehen ein Oberflächenrezeptor, der der Erkennung eines Krebsantigens dient, und verschiedene Signalproteine, die für die Aktivierung und Vermehrung der CAR T-Zellen verantwort- lich sind. Nachdem 2013 die Heilung des todkranken Milton Wright in den Medien bereits hohe Wellen geschlagen hatte, sorgte 2014 eine Publikation der Universität Pennsylvania im „New England Journal of Medicine“ für Furore und heizte den Hype um die neue Therapie weiter an. Das Ergebnis der Studie: Zwei Drittel der Patienten, die an verschiedenen Formen von thera- pieresistentem Blutkrebs litten, waren selbst nach sechs Mona- ten noch frei von Krebs. Die Patienten waren mit modifizierten T-Zellen behan- delt worden, deren Erkennungsstelle auf das Antigen CD19 auf B-Zellen-assoziier- ten Tumoren zielt. Ähnliche Daten ver- öffentlichte auch das National Cancer Institute (NCI) hinsichtlich Kindern mit ALL. In deren Hirnmetastasen fanden die Forscher nicht nur modifizierte T-Zellen, diese hatten auch zahlreichen Tochtergeschwülsten erfolgreich den Garaus gemacht. Gedächtniszellen gegen Metastasen Dass CAR-T-Zellen auch bei soliden Tumoren wie Hirnmetas- tasen wirksam sein könnten, davon ist Behnam Badie, Chef der Abteilung Neurochirurgie der City of Hope in den USA, schon lange überzeugt. Schließlich will der Mediziner fortgeschrittene Hirntumoren bald mit modifizierten T-Zellen behandeln, die er direkt in den Hirntumor injiziert. Dabei setzt er auf Gedächtnis- zellen, also Zellen, die im Rahmen einer Immunattacke entste- hen und den Vorteil haben, dass sie sich an frühere Angreifer erinnern. Badie will damit sicherstellen, dass auch vereinzelt zurückbleibende Krebszellen der Körperabwehr nicht mehr so einfach entwischen. Die im April von der Penn State University und der Harvard University publizierten Phase-I-Daten, lassen Badies Idee, Hirn- tumore schon bald mit CAR T zu behandeln, gar nicht mehr so verwegen erscheinen. Die Forscher hatten Patienten mit einem Glioblastom CAR-T-Zellen mit einer Erkennungsstelle für einen tumorspezifischen Rezeptor, den epidermalen Wachstumsfak- tors, kurz EGFRvIII, verabreicht. Rund 30 Prozent dieser bösar- tigen Hirntumoren tragen den Rezeptor auf ihrer Oberfläche. Als die Mediziner nach der Behandlung CAR-positive wie CAR- negative aktivierte T-Zellen im Tumorgewebe fanden, war klar: CAR-T-Zellen gelangen aus dem Blut ins Tumorgewebe, ohne dort sofort von der immunfeindlichen Umgebung ausgeschaltet zu werden. Am Dartmouth-Hitchcock Norris Cotton Cancer Cen- ter haben sich Forscher in den Kopf gesetzt, verschiedene solide Tumoren mit einem universellen Rezeptor zu behandeln. Mit dem Transmembran-Rezeptor NKG2D natürlicher Killerzellen wurde nun ein solches universelles Multitalent aufgespürt, das bald in CAR T-Zellen genutzt werden soll. Vorsicht Cytokinsturm Trotz aller Euphorie ist zu beachten: Die Nebenwirkun- gen von CAR T können lebensbedrohlich sein. Die massenhafte Freisetzung von Cytokinen, auch Cyto- kinsturm genannt, ist gefürchtet und hat schon einigen Patienten das Leben gekos- tet. Hohe Konzentrationen an Interleukin 6 (IL-6), ausgelöst durch eine zu heftige Aktivierung des Immunsystems, scheinen dafür verantwortlich zu sein. Die Ansätze zur Verringerung von IL-6 sind unter- schiedlich: Naheliegend ist die Verabrei- chung von Kortikosteroiden oder Entzündungshemmern wie Enbrel oder Actemra. Michel Sadelain vom Memorial Sloan Ket- tering Cancer Center bevorzugt einen direkteren Weg: IL-6-Anti- körper sollen IL-6 abfangen, noch bevor es zum Cytokinsturm kommt. Innovativ erscheint das gemeinsame Konzept der Firma Bellicum aus Texas, der Universität von Leiden in den Niederlan- den und des NCI: Sie bauen Suizidschalter in CAR-T-Zellen ein, die sich nach Bedarf an- und abschalten lassen, sodass die Zellen im Notfall Selbstmord begehen. Wettlauf zum Produkt Die zahlreichen Erfolge mit CART T haben am Markt einen Wettlauf um das erste Produkt ausgelöst. Die Vergabe von „Orphan Drug Status“ oder „Breakthrough Status“ durch die Zulassungsbehörden befeuern das Rennen zusätzlich. Biotech- nologie-Unternehmen wie große Pharmakonzerne setzen glei- chermaßen auf die vielversprechende Immunwaffe aus dem Labor: Juno Therapeutics (siehe Seite 14), Kite, Cellectis, Belli- cum, Novartis, Pfizer und Amgen sind nur einige Namen im Spiel um die erste erfolgreiche CAR T-Therapie. „Schon seit den 1980er-Jahren wird an CAR T geforscht.“ Institution/Firma Datum Partner Deal University of Pennsylvania August 2012 Novartis keine näheren Angaben Celgene März 2013 Bluebird Bio, Baylor College of Medicine Unbekannte Vorauszahlung und bis zu $ 225 Mio. pro Produkt. Cellectis Juni 2014 Pfizer $ 80 Mio. Vorauszahlung und bis zu $ 185 Mio. pro Produkt, plus Lizenzzahlungen Cellectis Januar 2015 Ohio State University keine näheren Angaben Kite Pharma Januar 2015 Amgen $ 60 Mio. Vorauszahlung und bis zu $ 525 Mio. pro Produkt in Meilensteinzahlungen, plus Lizenzgebühren auf den Verkauf MD Anderson Januar 2015 Ziopharm, Intrexon $ 100 Mio. in Aktien und $ 15 bis $ 20 Mio. jährlich für drei Jahre

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