54 chemie & technik chemiereport.at austrianlifesciences 2017.7 basf-manager harald pflanzl im gespräch industrie profitiert von digitalisierung bei basf hat man in forschung, produktion und vertrieb diverse digitalisierungsprojekte gestartet. die erfreuliche konjunkturelle situation schafft zusätzliche spielräume. mitnehmen, sonst schöpft man das volle potenzial der digitalisierung nicht aus“, ist pflanzls überzeugung. denn gerade mit einer starken indus- triellen basis, wie sie hierzulande etwa mit der automobilzuliefer- oder der maschinenbauindustrie gegeben sei, bestehe die möglichkeit, produktion und digitalisierung miteinander zu verbinden. „software ist nicht die lösung aller prob- leme, wir werden auch in zukunft nicht virtuell produzieren“, spitzt es pflanzl zu. industrie 4.0 könne aber gerade bedeu- ten, diese beiden welten miteinander zu verbinden. „mit dienstleistungen allein wird es nicht getan sein. unter diesem blickwinkel betrachtet, hat der standort europa, gerade im vergleich mit den usa, sehr viel zu bieten“, so pflanzl. europas märkte wachsen wieder zwei instandhaltungs-mitarbeiter am basf-verbundstandort ludwigsha- fen drehen ihre runde durch einen ihnen zugewiesenen produktionsbereich. mit sich tragen sie ein eigens für indust- riezwecke entwickeltes tablet. wird da- mit ein auf einer bestimmten apparatur befindlicher qr-code gescannt, bekom- men sie status-informationen über die in den blick genommenen technischen komponenten angezeigt. die beiden mit- arbeiter erhalten alle informationen, die sie gerade brauchen, auf dem display ein- geblendet. dieses beispiel zeigt schön, in wel- che bereiche die unter dem schlagwort „industrie 4.0“ propagierten digitalisie- rungskonzepte (im konkreten fall „aug- mented reality“) bereits in die alltägliche arbeit bei basf eingegangen sind. „wir haben zunächst mit unseren eigenen pro- duktions- und logistikabläufen begon- nen“, sagt dazu harald pflanzl, leiter der region zentraleuropa bei basf. ein ande- res beispiel ist die sogenannte predictive maintenance: „wir sammeln daten über kritische anlagenteile, die es gestatten herauszufinden, wann ein bauteil versa- gen wird – schon bevor er dies tatsächlich tut“, erläutert pflanzl. beispiele für die früchte der digitali- sierung findet man aber auch in der for- schung und entwicklung. mit „quriosity“ hat der chemiekonzern einen supercom- puter mit einer rechenleistung von 1,75 petaflops angeschafft, der dem umgang mit den riesigen datenmengen dienen soll, die heute in der wissenschaft erzeugt werden. das „rechenmonster“ wird dazu verwendet, die wissenschaftliche litera- tur zu einer bestimmten themenstellung auszuwerten oder komplexere s i m u l a t i o - nen und modellierungen in kürzerer zeit durchzuführen. aber auch im supply chain management sind anwendungen zu finden: „um schnell auf kundenwün- sche reagieren zu können, müssen wir zu jedem zeitpunkt wissen, wo unsere ware ist“, sagt pflanzl – eine aufgabe, die über unternehmensgrenzen hinausgeht und basf auch mit partnern und lieferanten verbindet. was die marktseite betrifft, arbeitet man an portalen, in denen man weniger erklärungsbedürftige produkte online anbieten kann oder an lösungen, mit denen vertriebsinformationen ver- wertet werden, um das angebot für die kunden zu verbessern (siehe nebenste- hendes interview). mehr als technik damit ein unternehmen wie basf erfolgreich an solchen projekten arbeiten kann, ist pflanzls ansicht nach auch die politik gefordert, die geeigneten rahmen- bedingungen zu schaffen, anstatt pole- mische diskussionen zu führen: „wenn daten der neue rohstoff sind, muss auch geklärt wer- den, wem sie gehö- ren." die gesetzge- bung tue sich hier oft schwer, mit der dynamik mitzu- halten. aber auch die firmen selbst stehen vor heraus- forderungen, die nicht nur technischer natur seien: „alle, die sich mit dem thema digitalisierung beschäftigen, weisen darauf hin, dass man den faktor mensch nicht vernach- lässigen darf. man muss die menschen die derzeitige konjunkturelle lage ermöglicht der industrie hier gewisse spielräume. „ein großer teil des wachs- tums geht bei basf von europa aus, hier liegt für uns nach wie vor der größte markt“, sagt pflanzl. man könne auch in export- regionen wie asi- en-pazifik eine gute entwicklung beob- a c h t e n , e u r o p a leiste aber einen signifikanten bei- trag. „man sollte bezüglich digitalisierung keine angstszenarien kreieren, sondern aufzeigen, wo die chancen liegen.“ in der chemiebranche sieht man auch wieder erholungstendenzen in ländern wie spanien, italien oder frankreich, die zuletzt stark gebeutelt waren. die län- der mittel- und osteuropas haben bereits in den vergangenen jahren wachstum gezeigt. dass in dieser region, die bei basf von wien aus gesteuert wird, arbeits- kräfte günstig zu haben sind, gilt jedoch schon längst nicht mehr. „wir sehen prak- tisch keine strukturelle arbeitslosigkeit in diesen ländern, entsprechend schwierig ist es, sogar weniger qualifizierte mitar- beiter zu finden. viele fachleute seien in europäische länder mit höherem lohnni- veau abgewandert, und es sei fraglich, ob diese wieder zurückkommen, wenn nun die gehälter auch in osteuropa steigen. e s f s a b : d l i b