20 MÄRKTE & MANAGEMENT chemiereport.at AustrianLifeSciences 2020.5 Bestbieter für Lebenswerk gefunden DSM kauft Großteil der Erber Group Alles begann mit einem Kofferwort. Als Erich und Margarete Erber 1983 in einem angemieteten Lager in Pottenbrunn ihr eigenes Unternehmen gründeten, stand der Vertrieb einer neuartigen Produktlinie im Vordergrund, die den Namen „Biomin“ trug: Anstatt auf die damals als Wachstumsförderer in der Tier- haltung üblichen Antibiotika setzte Erber auf Vormischungen, in denen Vitamine und Probiotika („Bio-“) mit Mineralstoffen („-min“) kombiniert waren – eine Kombination, die zum Erfolgsrezept des jungen Unternehmens wurde, das seinen Namen bald selbst in Bio- min änderte. 36 Jahre später beschäftigt die Unternehmensgruppe, die aus diesen Anfängen entstanden ist, rund 1.200 Mitarbeiter, ist in 140 Ländern der Welt vertreten und erzielt einen Umsatz von mehr als 340 Millionen Euro. Für den Großteil davon – Biomin und Romer Labs, die beiden Kernunternehmen der Gruppe, machen etwa 93 Prozent dieses Umsatzes aus – bezahlt der niederländische Kon- zern DSM einen Kaufpreis von 980 Millionen Euro an die bisherige Eigentümerfamilie. Darauf hat man sich Mitte Juni geeinigt, auch wenn der Deal erst durch die Wettbewerbsbehörden genehmigt werden muss. Dass es zu einer solchen Expansion und Wertsteigerung gekom- men ist, ist vor allem dem Umstand zu verdanken, dass Erber eine Problemlage der Futtermittelbranche erkannt hat, als diese noch kaum jemand gesehen hat: die Kontamination durch Mykotoxine. Ob auf dem Feld oder bei der Lagerung – Nutzpflanzen sind vom Befall durch Schimmelpilze bedroht, die je nach Art unterschied- liche Giftstoffe abgeben. Sind Futtermittel damit kontaminiert, kommt es zu gesundheitlichen Problemen und Leistungseinbußen beim Nutzvieh. Produkte, die Mykotoxine binden können (damals noch auf der Basis von Adsorbentien), kamen schon in der Anfangs- zeit von Biomin durch den Zukauf der Firma Interpremix ins Port- folio. In enger Kooperation mit der Wissenschaft wurde diese Pro- duktsparte stetig ausgebaut, 1997 kamen die ersten Produkte auf den Markt, die Mykotoxine mithilfe von Mikroorganismen entgif- ten konnten. Die neueste Generation arbeitet mit Enzymen, die aus Bakterien gewonnen und einem gezielten Engineering unterzogen werden. Darmgesundheit als Erfolgsfaktor An der Marktposition im Mykotoxin-Geschäft hatte DSM denn auch besonderes Interesse, wie Ivo Lansbergen, Leiter der Busi- ness Unit „Animal Nutrition & Health“ im Gespräch mit dem Che- miereport erklärt: „Mykotoxine haben einen enormen Einfluss auf die Tiergesundheit. Produkte, die zum Abbau der Gifte führen, sind stark nachgefragt.“ Diesem Trend folgt nicht allein das Ange- bot von Biomin, sondern auch die Kompetenz von Romer Labs. Die ursprünglich in den USA beheimatete Firma wurde 1999 zugekauft, um einen Analytik-Spezialisten im Haus zu haben. Die diagnosti- Der niederländische Material- und Life-Sciences- Konzern DSM kauft Biomin und Romer Labs, die beiden Kernunternehmen der Erber Group. Wir haben Statements von beiden Unternehmen eingeholt. schen Produkte von Romer Labs beschränken sich aber nicht auf Schimmelpilzgifte, im Portfolio sind ebenso Tests auf Pathogene, All- ergene oder gentechnisch veränderte Organismen. Der DSM-Mana- ger sieht die Akquisition aber auch in einem größeren Rahmen: Der Markt für Lebens- und Futtermittelinhaltsstoffe ist ein äußerst dynamischer, DSM ein wichtiger Player auf diesem Sektor. „Es ist ein anhaltender Trend, die Fütterung als wesentlichen Faktor für die Bekämpfung von Krankheiten in der Tierhaltung zu sehen. Da fügt sich das Angebot von Erber gut ein“, betont Lansbergen. Dass man sich nun mit DSM geeinigt hat, ist die Folge eines Ver- fahrens, das Erich Erber für die Fortsetzung seines Lebenswerks gestartet hatte. Gesucht war ein Käufer, der nicht nur bezüglich der monetären Bewertung des Unternehmens, sondern vor allem im Sinne einer gemeinsamen Vision das beste Angebot macht. „Wir haben mit sieben Interessenten Gespräche geführt, von denen drei in die letzte Runde gekommen sind“, sagt dazu Eva Maria Binder, im Vorstand der Erber Group verantwortlich für Forschung, Ent- wicklung und Innovation. Die gesuchten Kriterien dürfte DSM am besten erfüllt haben: „In DSM erkenne ich die gemeinsamen Werte einer nachhaltigen Verantwortung, die für uns so wichtig sind. Die Welt muss die Umweltbelastung der Landwirtschaft verringern und gleichzeitig die Proteinproduktion erhöhen, um bis 2050 rund zehn Milliarden Menschen zu ernähren“, wurde Erich Erber Mitte Juni in einer Presseaussendung zitiert. DSM – ein Gesundheitsplayer mit Bergbau-Vergangenheit Die Wurzeln von DSM gehen zurück auf ein vom niederländi- schen Staat 1902 gegründetes Bergbauunternehmen (die Buchsta- ben stehen für „De Staats Mijnen“), das in den darauffolgenden Jahrzehnten in den Chemiesektor expandiert ist. Zwischen 1989 und 1996 schrittweise privatisiert, hat man diejenigen Divisio- nen, die sich mit Petro- und Basischemikalien sowie Elastomeren beschäftigten, nach und nach abgestoßen. Neben Spezialkunststof- fen und Kunstharzprodukten wurde in den vergangenen 20 Jah- ren viel in den Ausbau der Geschäftsfelder investiert, die Märkte rund um Ernährung, Gesundheit und Körperpflege bedienen. Im Tierernährungsbereich bietet das Unternehmen Spezialitäten wie Carotinoide, Enzyme, Eubiotika und Vitamine an. Lansbergen, der dieses Geschäft verantwortet, sieht die Position der bisherigen Erber-Unternehmen als gute Ergänzung: „Wir verbessern mit der Akquisition unsere Position beim Thema Darmgesundheit und kön- nen Synergien sowohl im Bereich Forschung und Entwicklung also auch in Marketing und Vertrieb erzielen.“ Der Manager sieht aber auch viele Gemeinsamkeiten in den Kul- turen der beiden Unternehmen: Beide seien sehr forschungsorien- tiert, sehr von Neugierde und Innovationsgeist getrieben. „Wir wol- len auf diesem Vermächtnis weiter aufbauen, das ist der Grund, k c o t S e b o d A / k r e w d l i B : d l i B