In regelmäßigen Abständen brandet eine Diskussion über Verpackungsabfall aus Kunststoff auf. Von „plastikfreien“ Le- bens- und Konsumformen ist da die Rede oder vom Vermeiden von Einwegverpackun- gen, selbst dann, wenn diese die Haltbarkeit von Lebensmitteln verlängern und damit von hohem gesamtökologischen Nutzen sind. Dabei sind gerade im Bereich des Ver- packungsabfalls die besten Beispiele für funktionierende Stoffkreisläufe zu finden. Groß und Klein wirft seine Getränkefla- schen in dafür vorgesehene Sammelbehäl- ter und ermöglicht so die sortenreine Wie- derverwertung von Polyethylenterephthalat (PET), dem Material, aus dem die Flaschen hergestellt werden. Doch diese Punkte im Branchengeflecht, auf die die Scheinwerfer der Öffentlichkeit gerne leuchten, werden nicht ausreichen, um die hochgesteckten Ziele zu erreichen, die das EU-Kreislaufwirtschaftspaket setzt: Bis 2030 soll mehr als die Hälfte aller in Euro- pa entstehenden Kunststoffabfälle rezykliert werden. Das Problem dabei: Um überhaupt abschätzen zu können, wo man mit Recy- cling-Maßnahmen ansetzen könnte, müsste man zunächst einen Überblick darüber ge- winnen, welche Stoffströme an welcher Stel- le des wirtschaftlichen Gesamtgeschehens auftreten. Sabine Nadherny- Borutin, General- sekretärin von Plastics Europe Austria: „Die öffentliche Diskus- sion ist zu sehr auf Verpackungsabfälle verengt.“ Auch in Österreich war die diesbezügliche Datenlage bislang dürftig. „Die Daten, die bis jetzt systematisch erhoben wurden, stam- men vorwiegend aus der Abfallwirtschaft“, sagt dazu Sabine Nadherny-Borutin, Gene- ralsekretärin von Plastics Europe Austria. Dazu zählen etwa diejenigen Stoffströme, die im Rahmen des „elektronischen Datenma- WELCHER KUNSTSTOFF WIRD WO VERWENDET? Das EU-Kreislaufwirtschaftspaket verfolgt bezüglich der Recycling- quoten für Kunststoffe ehrgeizige Ziele. Um sie zu erreichen, muss man sich zunächst einen Überblick verschaffen, an welchen Stoffströmen überhaupt angesetzt werden kann. Das Projekt „Facts Matter“ erarbeitet einen solchen. Helmut Rechberger, Vorstand des Insti- tuts für Wassergüte und Ressourcenma- nagement der TU Wien: „Wir haben versucht, verschie- dene Mosaikstein- chen zu einem Gesamtbild zusam- menzuführen.“ nagements“ (EDM) des Umweltbundesamts (UBA), gegliedert nach Abfall-Schlüsselnum- mern, erfasst werden, aber auch jene Daten, die die Verpackungsabfall-Sammelsysteme in digitaler Form pflegen und zur Verfügung stellen. „Wir wissen, dass ca. 330.000 Ton- nen an Kunststoffabfällen aus dem Verpa- ckungsbereich anfallen, das Gesamtpotenzi- al an Kunststoffabfällen in Österreich jedoch etwas mehr als eine Million Tonnen beträgt“, meint Nadherny-Borutin. Diese Lücke sollte gefüllt werden. Genau jene Einsatzfelder von Kunststof- fen, die bislang wenig in öffentlicher Diskus- sion stehen, weisen auch die höchsten Unsi- cherheiten in der Datenlage auf. „Wir führen ein Pfand für Einweggebinde ein, wir disku- tieren über eine Plastic Tax – dabei stehen immer wieder nur die Kunststoffverpackun- gen im Mittelpunkt“, weist Nadherny-Borutin auf bestehende Engführungen hin. Um den weitreichenden Vorgaben der EU-Kommis- sion nachzukommen, sei aber ein weiterer Blickwinkel erforderlich. „Wir wissen zum Beispiel kaum etwas über die tatsächlich zu Verfügung stehenden Mengen an poten- ziellem Rezyklat-Ausgangsmaterial im Bau- bereich wie zum Beispiel aus dem Bereich Dämmstoffe, Rohre oder Kabeln. Styropor macht vielleicht nur einen geringen Teil des gesammelten Bauschutts aus. Aber wenn wir ein Gesamtbild der Kunststoffströme er- halten wollen, die einer Wiederverwertung zugeführt werden sollen, fehlt uns dieses Material“, so Nadherny-Borutin. Vor diesem Hintergrund tat sich Plastics Europe mit dem ecoplus Kunststoff-Cluster zusammen, um das Projekt „Facts Matter“ zu starten. „Es ist einfach wichtig, den Status quo zu erheben, damit wir wissen, wo man bei der Erhöhung der Recycling-Quote ansetzen kann“, sagt Clustermanager Thomas Gröger. Projektpartner finden zueinander In Österreich gab es traditionell eine Stel- le, an der an einem solchen Überblick über die Kunststoffströme gearbeitet wurde: Das Institut für Wassergüte und Ressourcenma- nagement der TU Wien. „Um zu substanzi- ellen Änderungen zu kommen, brauchen wir ein Budget – eine Darstellung aller Kunst- stoffströme von der Wiege bis zur Bahre“, meint Helmut Rechberger, der Vorstand des Instituts. Schon in den 1990er-Jahren wur- de unter seinem Vorgänger Paul Brunner die Methodik der Stoffstromanalyse erarbeitet und in mehreren Studien auf die Kunststoff- branche angewandt. Die Methode ist das eine, die Datenbasis das andere. „Auch wir mussten uns die Daten für die verschiedenen Materialien aus sehr fragmentierten Quellen zusammentragen“, sagt Rechberger: „Produktionsstatistiken, Außenhandelsstatistiken, Abfallstatistiken – jeder Datensatz steht für sich und lässt sich schwer kontrollieren.“ Woran es fehlte, merkten die Wissenschaftler oft erst dann, wenn sie die verschiedenen Daten in ihre Modelle einspeisten. Denn an jedem Knoten- punkt muss alles, was reinfließt auch wieder rausfließen – und das ging sich oft nicht aus, i n e W U T , e p o r u E s c i t s a P l , k c o t S e b o d A / o l l l l e c i t n o m , k c o t S i / k e s u z i : r e d l i B