FCIO fordert gezielte Reformen

Einen „Change-Management-Prozess mit einer Roadmap, einem klaren Zeitplan und laufendem Controlling“ fordert der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO) von der neuen Bundesregierung. Mit diesem Prozess müsse das Vertrauen in den Wirtschaftsstandort Österreich wieder hergestellt werden, erläuterte FCIO-Obmann Hubert Culik am 20. Mai bei der Jahresbilanzpressekonferenz des Verbandes in Wien. Ihm zufolge sollte die Bundesregierung in etwa so vorgehen „wie Bundeskanzler Christian Kern in seiner vorigen Funktion bei der ÖBB“. Die Frage, ob Kern und das neue Regierungsteam einen „Vertrauensvorschuss“ genießen, bejahte Culik: „Nach den ersten 100 Tagen sollten wir erkennen können, wohin die Entwicklung geht. Nach etwa einem Jahr würden wir gerne Ergebnisse sehen.“ Die „Reformbaustellen“, darunter der Bürokratieabbau, die Flexibilisierung der Arbeitszeiten sowie die Bildungsreform seien richtig erkannt worden. Nun gelte es, gezielt und entschlossen zu handeln.

FCIO-Obmann Hubert Culik (l.), Geschäftsführerin Syliva Hofinger
Bild: FCIO/APA-Fotoservice
FCIO-Obmann Hubert Culik (l.), Geschäftsführerin Syliva Hofinger: Vertrauen in Wirtschaftsstandort Österreich wieder herstellen

 

Culik fügte hinzu, die Chemiebranche habe sich zwar von der Wirtschafts- und Finanzkrise der Jahre 2008/09 gut erholt. Seit 2013 stagniere sie indessen, und dies trotz guter Rahmenbedingungen, wie dem schwachen Euro, den gesunkenen Erdölpreisen sowie den niedrigen Zinsen. Von 2014 auf 2015 sei der Produktionswert der FCIO-Mitgliedsbetriebe um 0,3 Prozent auf 14,86 Milliarden Euro gesunken. Die Investitionen verminderten sich um 18,3 Prozent auf 571 Millionen Euro.

 

 

TTIP wünschenswert

 

Umso wichtiger sei es, den Wirtschaftsstandort Österreich nun durch Reformen wieder fit zu machen, betonte Culik. Notwendig ist ihm zufolge auch, das geplante Handelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) abzuschließen. Mit dem Abkommen entstehe die „weltweit größte Freihandelszone mit rund 800 Millionen Konsumenten. Diese Chance sollten wir uns nicht entgehen lassen.“ Dies gilt laut Culik umso mehr, als die Exportquote der österreichischen Chemieindustrie bei rund 70 Prozent liegt. Ihm zufolge findet die Globalisierung unausweichlich statt. Es gelte daher, ihr sachlich zu begegnen, statt Emotionen zu schüren.

 

FCIO-Geschäftsführerin Sylvia Hofinger ergänzte, die jüngst von einer „Non-Government Organization“ (NGO) veröffentlichten Dokumente zu den TTIP-Verhandlungen zeigten, „das Ganze ist viel harmloser, als immer behauptet wird. Insofern müssten wir der NGO eigentlich dankbar sein.“ Wie die Dokumente ihr zufolge klarmachen, soll die bestehenden Schutzniveaus beiderseits des Atlantiks aufrecht bleiben. Die Behörden der beiden Wirtschaftsräume könnten sich indessen leichter abstimmen, wenn es um die Behandlung besonders risikoreicher Stoffe gehe. Überdies ließen sich Doppelgleisigkeiten bei den Zulassungsverfahren vermeiden, womit auch eine große Zahl von Tierversuchen unterbleiben könne. „Letzten Endes geht es um viele harmlose verwaltungstechnische Dinge und sicher nicht um die große Verschwörung“, betonte Hofinger.

 

Nicht zu unterschätzen wären indessen die Kostenvorteile für die österreichische Chemiebranche. Diese würde sich Zölle von etwa 23 Millionen Euro pro Jahr ersparen. Überdies könnten die regulatorischen Kosten für den Warenverkehr mit den USA um etwa fünf bis zehn Prozent vermindert werden. Zurzeit machen diese etwa 20 Prozent des Exportwerts von rund 1,1 Milliarden Euro aus. Die USA sind damit der derzeit viertwichtigste Exportmarkt der österreichischen chemischen Industrie.

 

 

Verhaltener Optimismus

 

Hinsichtlich der Entwicklung der Chemiebranche im heurigen Jahr gaben sich Culik und Hofinger verhalten optimistisch. Ihnen zufolge ist mit einem Anstieg des Umsatzes sowie der Produktion um rund 0,3 Prozent zu rechnen. Der Produktionswert würde sich damit wie 2014 wieder auf etwa 14,90 Milliarden Euro belaufen. Für ein moderates Wachstum sprechen laut Hofinger und Culik die niedrigen Fertigwarenlagerbestände, das wachsende Auftragsvolumen sowie das „Anziehen des EU-Auslandsgeschäfts“. „Es könnte uns heuer die Trendwende gelingen“, resümierte Culik.