Glyphosat: Entscheidung vertagt

Die EU-Kommission fand neuerlich nicht die erforderliche Mehrheit für ihren Vorschlag zur Zulassungsverlängerung.

Foto: BMLFUW/Alexander Haiden
„Wichtige Substanz“ für den Pflanzenschutz: Die IPG hält die Ablehnung von Glyphosat durch die Politik für nicht nachvollziehbar.

 

Erneut gescheitert ist die EU-Kommission mit ihrem Versuch, die Zulassung des Pflanzenschutzmittels Glyphosat um weitere zehn Jahre zu verlängern. Im Standing Committee on Plants, Animals, Food and Feed (PAFF Committee) kam die notwendige „qualifizierte Mehrheit“ der Stimmen der EU-Mitgliedsstaaten auch am 25. Oktober nicht zustande, berichtete die Kommission. „Qualifizierte Mehrheit“ bzw. „doppelte Mehrheit“ bedeutet, dass einem Vorschlag mindestens 55 Prozent der Mitgliedsstaaten zustimmen müssen, die mindestens 65 Prozent der Bevölkerung der Europäischen Union repräsentieren. Nicht überwinden konnte die Kommission die 65-Prozent-Hürde: Jene 16 Staaten, die ihr die Zustimmung erteilten, brachten diesen Bevölkerungsanteil nicht zustande. Zehn Staaten stimmten gegen den Vorschlag der Kommission (Belgien, Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien, Luxemburg, Malta, Österreich, Schweden sowie Slowenien). Zwei, Deutschland und Portugal, enthielten sich der Stimme. Die EU-Kommission kündigte an, einen Vorschlag zur Zulassungsveränderung in den kommenden Wochen nochmals zur Abstimmung zu bringen. Die geltende Genehmigung für den Einsatz von Glyphosat läuft bis Jahresende. Wird sie nicht verlängert, dürfen Restbestände noch binnen anderthalb Jahren verbraucht werden, also bis Mitte 2019.

 

Ungehalten reagierte die Industriegruppe Pflanzenschutz (IGP). „Wirkstoffe sind wichtige Substanzen für landwirtschaftliche Kulturen, um diese vor Krankheiten, Schädlingen sowie Unkraut zu schützen. Eine Entscheidung für oder einen Wirkstoff sollte daher keinesfalls emotional, sondern sachlich auf Basis von Fakten getroffen werden. Stattdessen wird jetzt bei Glyphosat die Angstmache gefördert, die das zutiefst verwerfliche Spiel mit der Angst vor Menschen vor Krebs für unlautere Ziele missbraucht“, verlautete Obmann Christian Stockmar. Er bezeichnete die Position der Staaten, die die Zulassungsverlängerung ablehnen, als „nicht nachvollziehbar. Dass politische Entscheidungsträger NGO-Kampagnen den Vorzug gegenüber wissenschaftlichen Fakten geben, ist ein maßgeblicher Faktor dafür, dass Europa als Forschungs-, Wissenschafts-, Landwirtschafts- und Wirtschaftsstandort weiter zurückfällt. Es fehlt schlichtweg die notwendige Planbarkeit, Rechtssicherheit sowie zunehmend die Wettbewerbsfähigkeit für die heimische Landwirtschaft und Wirtschaft.“

 

Einmal mehr wiederholte Stockmar, dass Glyphosat bei „sachgemäßem Einsatz nicht krebserregend für Menschen“ sei. Dies werde durch „3.300 Studien mit insgesamt 90.000 Seiten“ bestätigt. Ferner seien auch alle Gesundheitsbehörden der Welt zu diesem Ergebnis gelangt, „die mit einer Bewertung von Glyphosat befasst waren und denen die Originaldaten vorlagen“. Darunter befinden sich laut Stockmar die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA, die US-amerikanische EPA, die kanadische Bewertungsbehörde Pest Management Regulatory Agency (PMRA), die Australian Pesticides and Veterinary Medicines Authority (APVMA), das Deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sowie die Europäische Chemikalienagentur (ECHA).

 

Am 24. Oktober plädierte das EU-Parlament dafür, den Einsatz von Glyphosat in der Europäischen Union ab 2022 vollständig zu verbieten. Für den Beschluss hatten sich unter anderem die Grünen stark gemacht.