„Konjunkturelle Talsohle durchschritten“

Chemische Industrie blickt optimistisch auf 2017

Nach einem durchwachsenen Jahr für die Branche blickt der Fachverband der chemischen Industrie Österreichs (FCIO) optimistisch auf die Entwicklung im laufenden Kalenderjahr.

Bild: FCIO/APA Fotoservice/Rastegar
Hubert Culik, Obmann, und Sylvia Hofinger, Geschäftsführerin des FCIO, hatten einige Forderungen an die Politik im Gepäck.

2016 gingen die Umsätze um 0,6 Prozent auf knapp 14,8 Milliarden Euro zurück, der Fachverband verzeichnete damit das fünfte Jahr in Folge ohne Aufschwung. Eine Steigerung konnte in den Bereichen Chemiefasern und Lacke erzielt werden, beim Geschäft mit Chemikalien, Kunststoffen und Pharmazeutika gab es Rückgänge. Einer der Gründe ist dabei ein Minus von rund einem Prozent im Auslandsgeschäft, was für die traditionell exportorientierte Chemiewirtschaft besonders stark ins Gewicht fällt. Die Zahl der Betriebe der chemischen Industrie sank im vergangenen Jahr um 1,7 Prozent auf 235, mit rund 44.000 Mitarbeitern beschäftigten diese aber um 1,4 Prozent mehr Menschen als 2015.

Viele Anzeichen würden aber dafür sprechen, dass die konjunkturelle Talsohle durchschritten ist, wie Fachverbands-Obmann Hubert Culik anlässlich eines Pressegesprächs am 4. Mai bemerkte: „Die Unternehmen sind allgemein optimistisch, es herrscht wieder ein positiver Spirit.“ Als Gründe identifizierte Culik eine stärkere Öffnung Richtung Osteuropa, aber auch die Umkehrung bisher üblicher Beschaffungsvorgänge zwischen China und Europa: „Chinesische Firmen kaufen Rohstoff verstärkt in Europa ein.“

Mit der wahrgenommenen Aufbruchsstimmung verbindet der FCIO aber auch Forderungen an die Politik: „Einige im Jänner von der Regierung angekündigte Reformen wie die Erhöhung der Forschungsprämie oder der Bürokratieabbau im Anlagenrecht versprachen Rückenwind. Aber leider steht das Ganze jetzt wieder“, so Fachverbands-Geschäftsführerin Sylvia Hofinger. Auch bei der Regelung der Medikamentenpreise im ASVG und der Novelle zum Ökostromgesetz hätte sich die Industrie standortfreundliche Entscheidung anstatt politischen Abtauschs erwartet.

 

Trendthema Industrie 4.0

Der Trend zur umfassenden Digitalisierung macht auch vor der chemischen Industrie nicht halt. Eine Umfrage unter rund 50 Mitgliedsbetrieben des Fachverbands ergab, dass knapp 60 Prozent „Industrie 4.0“ bereits als Teil ihrer Unternehmensstrategie ansehen. Rund zwei Drittel haben bereits konkrete Digitalisierungsprojekte implementiert. Chancen werden dabei vor allem in der Produktivitätssteigerung von Produktions- und Logistikprozessen und in der Verbesserung der Kundenbeziehung gesehen.

Um diese Chancen wahrzunehmen, gelte es aber auch, die gesellschaftliche Akzeptanz der Digitalisierung zu steigern: „Wir würden uns ein investitionsfreundliches Umfeld statt Diskussion um eine Maschinensteuer wünschen“, so Hofinger. Zudem müssten noch zahlreiche rechtliche Fragen geklärt werden, beispielsweise Haftungsfragen bei autonom agierenden Maschinen, die Nutzungsrechte an Maschinendaten oder Fragen der Cybersecurity. Im Bereich Ausbildung ist man mit der Modernisierung des Lehrberufs Chemieverfahrenstechniker beim Fachverband selbst einen ersten Schritt gegangen.