Rabmer-Koller geht

Die Vorstandsvorsitzende im Hauptverband der Sozialversicherungsträger wirft nach knapp anderthalb Jahren das Handtuch. Als Grund nennt sie die Unmöglichkeit, die Sozialversicherung zu reformieren.

Ulrike Rabmer-Koller
Foto: Hauptverband der Sozialversicherungsträger
Noch-HV-Chefin Rabmer-Koller: Vizekanzler Mitterlehner zeigt Verständnis für den Rückzug.

 

„Ob der oftmals schwierigen Strukturen nachzuvollziehen“ sei der Rücktritt Ulrike Rabmer-Koller als Vorstandsvorsitzende im Hauptverband der Sozialversicherungsträger (HV), verlautete Vizekanzler Reinhold Mitterlehner. Rabmer-Koller hatte ihren Rückzug heute bekannt gegeben, nachdem sie erst im Jänner für die Funktionsperiode bis 2020 wiedergewählt worden war. Angetreten hatte sie ihren Posten im HV im Dezember 2015 als Nachfolgerin Peter McDonalds, damals frischgebackener ÖVP-Generalsekretär und heute Privatwirtschaftler. Rabmer-Koller begründete ihren nunmehrigen Schritt mit der Unmöglichkeit, den Hauptverband samt den Krankenkassen zu reformieren, weil ihr das Durchgriffsrecht auf diese fehle. Ihr zufolge sind die Sozialversicherungsträger politische Spielbälle und sachorientierte Lösungen abseits der Parteipolitik nicht möglich. Kritik übte Rabmer-Koller auch an der Effizienzstudie hinsichtlich der Sozialversicherungsreform, die die London School of Economics im Auftrag Sozialminister Alois Stögers durchführt. Der Zwischenbericht ist seit Ende März ausständig, die Kosten für die Studie liegen bei rund 600.000 Euro. Laut Rabmer-Koller war bereits die Auftragsvergabe „parteipolitisch motiviert. Bis Ergebnisse vorliegen und daraus etwas umsetzbar ist, kostet es weiter Zeit“. Rabmer-Koller kündigte an, ihre Funktion weiter auszuüben, bis ein Nachfolger bestellt ist.

 

Laut Jan Oliver Huber, dem Generalsekretär des Pharmaindustrieverbands Pharmig, zeigt Rabmer-Kollers Abgang, „ dass statt Reformdynamik Stillstand herrscht. Ohne wirklichen Willen und ohne Bereitschaft zur Veränderung von innen heraus wird unser Gesundheitswesen weiterhin unter Ineffizienzen leiden und nichts für eine zukunftsfähige Versorgung der Patienten getan“. Huber wiederholte seine Forderung nach „Modernisierung der Strukturen im Gesundheitssystem, auch im Bereich der Sozialversicherungsträger, um Effizienzpotenziale heben zu können und ein Maximum in der Gesundheitsversorgung der Patienten zu erreichen“. Pharmig-Präsident Martin Munte ergänzte, alle Systempartner müssten „ihre Strukturen durchleuchten und Defizite heben. Die Effizienzstudie zur Kassenstruktur ist ein wichtiger Anfang, um Löcher im Gesundheitssystem zu stopfen“.

 

Ingrid Reischl, die streitbare Vorsitzende der HV-Trägerkonferenz, trat der Kritik Rabmer-Kollers hinsichtlich der angeblichen Unmöglichkeit von Reformen entgegen. Die Sozialversicherung habe sich „gerade in den vergangenen Jahren als treibende Kraft bei der Weiterentwicklung des Gesundheitssystems erwiesen. Und sie war und ist ein verlässlicher Partner bei der Umsetzung der Gesundheitsreform“. Es gehe keineswegs darum, sich der „Debatte über mehr Effizienz“ zu verschließen. Gut Ding brauche aber nun einmal Weile. Daher müsse „zumindest so viel Zeit sein, die von der Regierung beauftragte Studie abzuwarten, anstatt im Wochentakt andere Konzepte präsentieren zu lassen. Speed kills ist hier einmal mehr das falsche Motto“.