Streifzug durch Oberösterreichs Kunststoff-Hochburgen

Der Chemie Report war zu Gast beim Kunststoffcluster Oberösterreich. Während in Linz <a href=http://www.borealis.at>Borealis</a> und die <a href=http://www.jku.at>Johannes Kepler Uni</a> ihre F&E-Aktivitäten massiv ausweiten, formiert sich gleichzeitig neues Know-how in Sachen gedruckter Elektronik. Außerhalb von Linz demonstrieren Vorzeigeunternehmen wie <a href=http://www.facc.at>FACC</a>, <a href=http://www.poloplast.at>Poloplast</a> und <a href=http://www.erema.at>Erema</a> die Innovationskraft der Oberösterreicher. Streifzug durch Oberösterreichs Kunststoff-Hochburgen <% image name="Borealis_Linz" %> <small> Borealis verdoppelt derzeit die Forschungs-Crew um weitere 100 Wissenschaftler und baut für 20 Mio € ihr Innovation Centre in Linz. </small> 220 Unternehmen, 33.400 Arbeitsplätze, eine Wertschöpfung von jährlich mehr als 6,7 Mrd €: Knapp 5 % aller Beschäftigten in Oberösterreich arbeiten in der Kunststoffbranche – einer Branche, die in den vergangenen 3 Jahren dank zahlreicher Exporterfolge als Jobmotor in Oberösterreich fungierte: Zuletzt stockte die Produktionskette – von der Rohstoffherstellung über den Maschinen- und Werkzeugbau sowie die Verarbeitung bis hin zum Recycling – jährlich um rund 800 neue Arbeitsplätze auf. Um den Wachstumskurs beibehalten zu können, wird derzeit die F&E-Infrastruktur rund um die JKU, Borealis und ihre Tochter AMI ausgebaut. Insgesamt fließen bis 2011 rund 17,6 Mio €, finanziert vom Land Oberösterreich, Bund, JKU und Borealis. An der Linzer Uni werden insbesondere 4 Professuren für die Polymerchemie geschaffen. Im Chemiepark Linz wiederum formt Borealis ein internationales Entwicklungsteam – Polymerexperten werden derzeit mit offenen Armen aufgenommen. „Generell werden künftig“, so der Chef des Kunststoff-Clusters Werner Pamminger, „nicht Energiekosten, nicht die Kosten für CO<small>2</small>-Zertifikate oder Transportkosten die dominierenden Standortfaktoren sein – vielmehr werden Köpfe der entscheidende Wettbewerbsvorteil sein.“ <table> <td width="120"></td><td><small> <b>Die Kunststoffbranche</b> konnte sich in Oberösterreich deshalb so gut entfalten, weil hier auch entsprechende Automobil-, Metall-, Holz- und Lebensmittelindustrien als Nachfrager vorhanden sind. Die Basis legten die Gebrüder Anger im Kremstal mit der Erfindung der Extruderschnecke – heute tummeln sich in diesem „Plastic Valley“ rund 100 Unternehmen auf einer Ausdehnung von etwa 80 km –, die frühen Polypropylen-Aktivitäten der ehemaligen Chemie Linz sowie die Innovationen von Engel im Bereich der Spritzgussmaschinen. </small></td> </table> <% image name="Konarka_Power_Plastic" %><p> <small> Das „PowerPlastic“ von Konarka: Hier wandelt gedruckte Elektronik Licht in elektrische Energie um. © Konarka </small> <b>Gedruckte Elektronik.</b> Was sich solche „Köpfe“ mitunter in Linz sodann ausdenken, demonstrieren die Spin-offs im Bereich der Printed Electronics. Um die Stärken junger Unternehmen wie <a href=http://www.prelonic.at>prelonic</a> und <a href=http://www.plastic-electronic.com>plastic electronic</a> sowie die etablierteren <a href=http://www.nanoident.com>Nanoident</a> und <a href=http://www.konarka.com>Konarka</a> besser koordinieren zu können, plant der Kunststoff-Cluster, eine entsprechende Initiative zu starten. Die Ambition ist, aus Linz ein vergleichbares Knowhow-Zentrum der „Kunststoff-Elektronik“ zu machen, wie es auch in Chemnitz und Dresden, Eindhoven und Cambridge zugegen ist. Friedrich Eibensteiner, der Chef von prelonic, will in den nächsten Wochen den weltweit ersten Prototyp eines auf einem einzigen Substrat basierenden Batterie-/Display-Moduls fertig stellen, ein erstes Produkt ist für das zweite Quartal 2009 vorgesehen: „Im wesentlichen sind alle nötigen Einzelkomponenten wie eben Batterien und Displays fertig entwickelt, was am Markt noch fehlt, das ist die integrierte Produktion.“ Printed Electronics könnten jedenfalls einer unter starkem Konsolidierungsdruck leidenden Druckbranche wieder einen neuen Aufschwung bescheren. In der ersten Phase sollen Grußkarten, Gutscheine und Gaming-Applikationen hergestellt werden, später soll ein Rolle-zu-Rolle-Prozess entwickelt werden, in den weitere Elemente integriert werden können. In die dafür nötigen Druckmaschinen ist kein allzu großes Investment vonnöten: Eibensteiner rechnet „mit einigen Hunderttausend Euros, maximal einen niedrigen Millionen-Euro-Bereich“. <% image name="FACC_Werk_4" %><p> <small> Das neue Werk 4 von FACC: Prepregs – in Harz getränkte Faserstreifen – werden in Reinräumen aufgelegt und sodann in 2 Autoklaven bei 180 °C „ausgebacken“. Anschließend erfolgt die Befräsung mit CNC-Maschinen, das Schleifen, Kitten und Lackieren sowie die Endfertigung. © FACC </small> <b>Composite-Backofen der Superklasse.</b> Innovationen, die sich bereits in Zig-Millionen-Euro-Umsätzen niederschlagen, generiert in Oberösterreich die aus dem Skiproduzenten Fischer hervorgegangene und mittlerweile an 4 Standorten produzierende FACC. Seit April 2007 fertigt das auf Composites spezialisierte Unternehmen nicht nur in Ried und in Ort, sondern auch im neuen „Werk 4“ in Reichersberg. In dem neuen Werk, das eine jährliche Fertigungskapazität von 70 Mio € Umsatz hat, werden Triebwerkskomponenten und -verkleidungen hergestellt. Es handelt sich dabei um eine der modernsten Fertigungsstätten für leichte Faserverbundkomponenten. Rund 40 Mio € hat FACC in Grundstück, Gebäude, Fertigungseinrichtungen und IT investiert und damit ihre Fertigungskapazität langfristig um mehr als 50 % erhöht. Im Zuge des 20.000 m² umfassenden Neubaus wurden umfangreiche Maßnahmen zur Steigerung der Automatisierung und Wirtschaftlichkeit in der Fertigung von qualitativ hochwertigen Faserverbundkomponenten gesetzt. Etwa 200 Mitarbeiter fertigen dort für Goodrich, Vought, Aermacchi und Aircelle Triebwerksverkleidungen. Schwerpunkte bei der Entwicklung von Triebwerksverkleidungen und -systemen setzt FACC auf Gewichtseinsparung – die leichten Kunststoffbauteile sollen in der Luftfahrt für weitere Treibstoffeinsparungen sorgen – und Geräuschreduktion sowie kostenoptimale Konzipierung. Die Produktpalette reicht von Strukturbauteilen und -systemen an Rumpf und Leitwerk über Triebwerksverkleidungen bis hin zu kompletten Innenausstattungen von zivilen Verkehrsflugzeugen und Hubschraubern. FACC beschäftigt derzeit insgesamt mehr als 1.600 Mitarbeiter und erwartet heuer rund 280 Mio € Umsatz – was ein rund 20%iges Umsatzplus seit Jahren bedeutet. <% image name="FACC_787" %><p> <small> Größtes Einzelprojekt im neuen Werk 4: Das Schubumkehrgehäuse für den neuen Boeing 787 Dreamliner. Das System wird FACC ab 2011 auch für das künftige Langstreckenflugzeug von Airbus – dem A350XWB – produzieren. </small> Fast alle der produzierten Kunststoffleichtbauteile werden exportiert. Als Tier-1-Hersteller beliefert FACC die großen Flugzeughersteller Airbus, Boeing, Bombardier und Embraer sowie Triebwerkshersteller und Sublieferanten der Flugzeughersteller. <b>Innovative Rohrsysteme.</b> Eine weitere Joblokomotive ist die in Leonding ansässige Poloplast: Der Anbieter von Kunststoffrohrsystemen hat in den vergangenen 5 Jahren alleine 100 Arbeitsplätze geschaffen und verstärkt derzeit vor allem die Compounding-Aktivitäten. Jürgen Miethlinger, der technische Poloplast-Chef, kann sich vorstellen, dieses wachsende Business bis 2010 in eine eigene Tochter auszugliedern – „an einem Standort zwischen Wels und Würzburg“ – sowie durch Zukäufe in diesem Bereich zu wachsen. Genutzt soll hier das jahrelang aufgebaute Wissen um hochverstärkte Polyolefine werden; aktuell compoundiert Poloplast rund 14.000 t/a, hat aber noch weitere Kapazitäten. <% image name="Poloplast_Dreischichtrohr" %><p> <small> Aus drei Schichten aufgebaute Polypropylen-Rohre mit einer Verstärkung aus Mineralstoffen sowie innovative Compounds sind die Stärkefelder von Poloplast. © Poloplast </small> Das Wachstum sieht Miethlinger aber auch im Rohrsegment noch ungebremst: „Nachdem Poloplast erst seit 10 Jahren im Export tätig ist, haben wir noch jede Menge Chancen, Marktanteile zu gewinnen.“ Angedacht ist in den nächsten 3 Jahren auch ein weiterer Produktionsstandort im Raum Sankt Petersburg. Insgesamt liefert Poloplast im Rohrsegment 22,2 Mio Formstücke jährlich aus, die Produktionstonnage beträgt 20.400 t, die produzierte Rohrlänge 13.800 km. Zuletzt erwirtschaftete die Wieterstorfer-Tochter mit 350 Mitarbeitern in Leonding und im deutschen Ebenhofen 83 Mio € Umsatz. 2008 erwartet Poloplast ein organisches Wachstum von mehr als 10 %. Derzeit ist der Ausbau der Infrastruktur am Standort Leonding in der finalen Phase. Ein neues, 5 Mio € teures Logistikzentrum mit rund 12.000 Palettenstellplätzen wird künftig bis zu 4 LKW-Züge gleichzeitig abfertigen können. Mit dem neuen Logistikzentrum wird auch die Produktionskapazität durch die frei werdenden bisherigen Lagerhallen deutlich erweitert. Im Werk Ebenhofen wurden vor Kurzem 11.500 m² Grund zur Sicherung der Wachstumschancen erworben. Innovationen hat Poloplast in den vergangenen Jahren am laufenden Band produziert. So konnte etwa ein kontrolliertes Frischluftsystem als Standard für Passivhäuser durchgesetzt werden – gekoppelt mit Erdwärmetauschern lassen sich mit dem System Temperaturspreizungen von bis zu 20 °C erreichen; zudem wird dadurch die Schimmelpilzbildung gehemmt. Ebenso wurde die chemische Beständigkeit der Rohrsysteme für den Abgasbereich erhöht und integrierte Brandschutz-Manschetten sowie speziell schallgedämmte Rohrsysteme entwickelt. <b>Thermostabile Rohre.</b> Letzter Schrei sind auch bei einseitiger Temperatureinwirkung thermostabile Rohre – etwas, das in den vergangenen 50 Jahren nicht gelungen ist. Zudem verbürgt sogenanntes Inline-Thermoforming bei den neuen Rohren ein zielsicheres Einstecken in die zugehörigen Muffen; ein eingearbeiteter Metallring verhindert, dass die Dichtung der Rohre am Bau herausfallen kann. Im Bereich der Medizintechnik schließlich arbeitet Poloplast daran, verschiedene technische Kunststoffe durch Polypropylen zu ersetzen, was einen „Durchbruch in der Kunststofftechnik und weiteren Wachstumschancen für die Polyolefine“ bedeuten würde. <% image name="EREMA" %><p> <small> Die Erema-Maschinen machen aus PET-Flakes wertvolle Sekundärrohstoffe. © PET2PET Recycling </small><p> <% image name="Pet2Pet_Flakes" %><p> <b>Recycling-Profi.</b> Letzte Station der Kunststoff-Rundreise in Oberösterreich ist Erema. Der Hersteller von Kunststoffrecycling-Anlagen feiert heuer 25 Jahre Bestand und hat zuletzt 290 Anlagen ausgeliefert. Insgesamt arbeiten bereits mehr als 3.000 Erema-Maschinen rund um den Globus Thermoplaste auf. Heute ist Erema der unumstrittene Marktführer in Sachen Kunststoff-Recycling. Zuletzt hat das Unternehmen aus Ansfelden erstmals mehr als 100 Mio € Umsatz eingespielt. Im Frühjahr installierte Erema zum ersten Mal eine Recycling-Anlage für HDPE-Postconsumerabfälle zu Granulat in Lebensmittelqualität.