Wert aus dem Wald

Biomasse sollte nicht nur für die Energieerzeugung genutzt werden, sondern auch für die Produktion von Materialien des täglichen Gebrauchs, hieß es bei den Energiegesprächen im Technischen Museum in Wien.

Waldbewirtschaftung
Foto: BMLFUW/Alexander Haiden
Durchforsten, bitte: Laut dem Österreichischen Biomasseverband hat Österreich Holzvorräte von rund einer Milliarde Tonnen.

 

Auf längere Sicht sollte Biomasse nicht nur zur Produktion von Strom, Wärme und Kraftstoffen genutzt werden, sondern auch zur Herstellung von Materialien des täglichen Gebrauchs. Das sagte Anton Friedl, Professor für Verfahrentechnik an der Technischen Universität Wien, bei den Energiegesprächen der Energy Economics Group am 13. Juni im Technischen Museum in Wien. Friedl zufolge wird Erdöl zu 70 Prozent in Kraftstoffe umgewandelt und nur zu rund 3,4 Prozent in Spezialprodukte. Die Wertschöpfung mittels der Spezialprodukte ist aber wesentlich höher. Daher sei es sinnvoll, verstärkt auf diese zu setzen. „Und Ähnliches sollte man sich auch bei der Biomasse überlegen“, empfahl Friedl. Als Beispiel, wie das funktionieren könnte, nannte der TU-Professor den oberösterreichischen Faserkonzern Lenzing. Dieser zerlege Lignozellulose in ihre Bestandteile, darunter Zellulose für die Faserproduktion, Lignin und Essigsäure. Letztere erzeuge die Lenzing sogar in Lebensmittelqualität. „Wenn Sie Essiggurkerln kaufen, kann es also durchaus sein, dass der Essig dafür von der Lenzing stammt“, konstatierte Friedl. Grundsätzlich ist laut Friedl jeder Verarbeiter von Biomasse gut beraten, „sich um die Wertschöpfung entlang der gesamten Prozesskette zu kümmern“.

 

Am Rohstoff scheitern sollte das zumindest in Österreich nicht, betonte  Peter Liptay vom Österreichischen Biomasseverband, der sich ihm zufolge „auch als Umweltschutzorganisation“ versteht. Nach Angaben Liptays verfügt Österreich über einen Holzvorrat von rund einer Milliarde Kubikmetern, wobei große Mengen an Durchforstungsrückständen bestehen: „So schnell geht uns das Holz bestimmt nicht aus.“ Wie Liptay einräumte, gibt es allerdings das Problem der teils mangelhaften „Holzmobilisierung“. Das bedeutet, dass die vorhandenen Ressourcen unzureichend genutzt werden. Insbesondere Besitzer kleiner Waldflächen bewirtschaften diese manchmal unzureichend. Nicht verstummen wollen Gerüchte, denen zufolge sich so mancher Kleinwaldbesitzer über die Lage seiner „Latifundie“ nicht recht im Klaren ist.

 

Neue Bioraffinerie

 

Unterdessen arbeitet die österreichische Papierindustrie an einem Bioraffinerie-Forschungsprojekt mit der Bezeichnung „Flippr²“ (Future Lignin and Pulp Processing Research). Dabei handelt es sich um ein COMET K-Projekt, das bis 2021 läuft und gemeinsam mit der Technischen Universität Graz, der Universität Graz und der Wiener Universität für Bodenkultur durchgeführt wird. Die Partner wollen damit eine „Rohstoffdrehscheibe der biobasierten Industrie“ schaffen und „die Erforschung neuer Anwendungen aus Zellulose und Lignin vorantreiben“.

 

Untersucht wird bei Flippr² „die Gewinnung und Nutzung von Nebenprodukten wie Lignin oder Faserfeinstoff aus der Zellstofferzeugung“, heißt es seitens der Papierindustrie. Die Beteiligten investieren mehr als 1,8 Millionen Euro in das Projekt. Dazu kommen Fördermittel von FFG, SFG und KWF, womit bis 2021 insgesamt fast vier Millionen Euro zur Verfügung stehen.