Agrofert darf Borealis-Stickstoffgeschäft übernehmen

Die EU-Kommission hat keine Bedenken gegen die 810-Millionen-Transaktion. Von einem „schweren Schlag“ für Österreich spricht dagegen der Niederösterreichische Bauernbund. 

 

Foto: Niederösterreichischer Bauernbund / Erich Marschik
„Schwerer Schlag für ganz Österreich“: Stephan Pernkopf, Obmann des Niederösterreichischen Bauernbunds (r.), Direktor Paul Nemecek

Ohne Auflagen genehmigte die EU-Kommission die Übernahme des Stickstoffgeschäfts der Borealis durch die tschechische Agrofert-Gruppe. Laut einer Aussendung kam die Kommission „zu dem Schluss, dass die Übernahme keine wettbewerbsrechtlichen Bedenken im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) aufwirft“. Erstens gibt es laut der Kommission auf dem Markt für Stickstoffdünger auch nach der Übernahme „mehrere starke Wettbewerber und die gemeinsamen Marktanteile der beteiligten Unternehmen wären nicht besonders hoch. Außerdem würde durch Einfuhren aus Ländern außerhalb des EWR Wettbewerbsdruck auf das neu aufgestellte Unternehmen ausgeübt“. Zweitens werden nach Ansicht der Kommission „zahlreiche Stickstoffdüngeranbieter im EWR“ sowie „genügend konkurrierende Vertriebshändler“ in Tschechien und der Slowakei agieren. Drittens besteht auch weiterhin „starker Wettbewerb“ auf dem Markt für Adblue, also Harnstoff als Kraftstoffzusatz.

 

Die Borealis und die Agrofert hatten die Transaktion am 6. Feber bei der EU-Kommission angemeldet. Am 22. Juni vergangenen Jahres hatte die Agrofert der Borealis angeboten, deren Stickstoffgeschäft um 810 Millionen Euro zu übernehmen. Zuvor war die Übernahme durch den Chemieriesen Eurochem geplatzt. Dieser gehörte dem russischen „Bisnismen“ Andrej Melnicenko, den die EU nach der Invasion Russlands in der Ukraine auf ihre Sanktionsliste setzte. 
 

Heftige Kritik 


Heftige Kritik an der nunmehrigen Entscheidung der EU-Kommission übte der Niederösterreichische Bauernbund, der die Transaktion seit ihrem Bekanntwerden bekämpft hatte. In einer Aussendung sprachen Bauernbundobmann und Landeshauptfraustellvertreter Stephan Pernkopf sowie Bauernbunddirektor Paul Nemecek von einem „schweren Schlag für die heimische Wirtschaft, Landwirtschaft und vor allem für die Versorgungssicherheit und damit für ganz Österreich“. Ihnen zufolge „entsteht durch den Zusammenschluss eine monopolähnliche Stellung des Agrofert-Konzerns am heimischen Düngemittelmarkt“.

 

Pernkopf und Nemecek kündigten an, sie würden „den Düngermarkt genau beobachten und Ungereimtheiten sofort der zuständigen österreichischen Bundeswettbewerbsbehörde melden. Wir scheuen uns nicht, bereits beim geringsten Nachteil für unsere Bäuerinnen und Bauern rechtlich einzugreifen“. Die Transaktion sei „verantwortungslos und wird den Österreicherinnen und Österreichern, aber besonders der heimischen Landwirtschaft teuer zu stehen kommen“.

Die Borealis reagierte auf die Vorwürfe wie bisher nicht.