Arabische Hochzeit

Saudi Aramco bezahlt dem staatlichen saudiarabischen Investfonds PIF rund 70 Milliarden US-Dollar für die Mehrheit an dem Petrochemieriesen SABIC. Der PIF soll damit die Wirtschaft des Königreichs stärker diversifizieren.

Foto: SABIC
SABIC: Künftig unter der Flagge von Saudi Aramco

 

Es ist gewissermaßen eine Hochzeit im Verwandetenkreis: Der staatliche saudiarabische Erdölgigant Saudi Aramco übernimmt jene 70 Prozent an dem Petrochemieriesen Saudi Basic Industries Corporation (SABIC), die bisher der staatliche Investitionsfonds (Public Investment Fund of Saudi Arabia, PIF) des Königreichs hielt. Er legt dafür umgerechnet rund 69,1 Milliarden US-Dollar (61,5 Milliarden Euro) auf den Tisch. Somit entsteht ein integrierter Öl- und Petrochemiekonzern, der seinesgleichen sucht. Die verbleibenden 30 Prozent der SABIC-Anteile bleiben im Streubesitz.

 

Saudi Aramco gilt als weitaus wertvollste Ölgesellschaft der Welt. Der Wert des Unternehmens wird auf 1.400 bis 2.000 Milliarden US-Dollar geschätzt. Angeblich verfügt der Konzern über Erdölreserven von rund 261 Milliarden Fass, was etwa einem Sechstel der weltweiten Gesamtreserven entspricht. Seine Tagesproduktion liegt bei 10,2 Millionen Fass pro Tag, also ungefähr einem Neuntel der globalen Förderung. Saudi Aramco kann damit rund ein Zehntel des täglichen Ölbedarfs decken. Mit über 65.000 Beschäftigten erwirtschaftet Saudi Aramco einen Jahresumsatz von mehr als 450 Milliarden US-Dollar (400 Milliarden Euro). Zum Vergleich: Österreichs Bruttoinlandsprodukt (BIP) beläuft sich auf etwa 370 Milliarden Euro.

Und auch die SABIC zählt nicht gerade zu den „Kleinen“ in ihrer Branche. Der Unternehmenswert liegt laut Schätzungen bei 85 Milliarden US-Dollar (75,7 Euro), die Nettoerlöse für 2018 werden mit 5,7 Milliarden US-Dollar (5,0 Milliarden Euro) beziffert. SABIC ist mit 34.000 Personen in mehr als 50 Ländern tätig. Die jährliche Erzeugung an Petrochemieprodukten liegt bei 62 Millionen Tonnen, verglichen mit 17 Millionen Tonnen der Saudi Aramco.

 

Gerüchte über die geplante Transaktion kursierten bereits seit längerem. Ihnen zufolge sucht die saudische Staatsführung nach Cash, um die Umstellung der Wirtschaft auf die „Zeit nach dem Öl“ voranzutreiben. Der 2016 von Kronprinz Mohammed bin Salman Al Saud angekündigte Börsegang der Saudi Aramco wurde jedoch abgeblasen. Nun muss der Konzern offenbar selbst Bares an den PIF liefern. Die 69,1 Milliarden Dollar wandern sozusagen vorerst von einer Burnus-Tasche in die andere.

 

PIF-Generaldirektor Generaldirektor Yasir Othman Al-Rumayyan sprach von einer „Win-Win-Situation. Die Einnahmen machen Kapital für langfristige Investitionen in die Diversifizierung der saudiarabischen Wirtschaft frei“. Zufrieden gab sich auch Saudi-Aramco-Präsident Amin Nasser: Durch die Aufnahme von SABIC in die „Saudi-Aramco-Familie“ entstehe ein Geschäftsmodell, das beide Konzerne noch wettbewerbsfähiger mache: „Wir können so dazu beitragen, den wachsenden Bedarf nach Energie und petrochemischen Produkten in aller Welt zu decken.“

Ähnlich äußerte sich der Vizepräsident und CEO der SABIC, Yousef Al-Benyan: Schon seit 1976 arbeite sein Unternehmen eng mit der Saudi Aramco zusammen. Jetzt erfolge eine „Solidisierung“ der Kooperation. Die SABIC profitiere vom technologischen und wirtschaftlichen Potenzial ihres künftigen Mutterkonzerns und verhelfe diesem dazu, ein integriertes Energie- und Petrochemieunternehmen zu werden.