Archive - Jun 6, 2016

Glyphosat: Wieder keine Entscheidung

Die EU-Mitgliedsstaaten verweigerten heute die Zustimmung zu einem neuen Vorschlag der EU-Kommission hinsichtlich der zeitlich begrenzten Wiederzulassung des Pflanzenschutzmittels Glyphosat. Das teilte die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) mit. Sie vertritt Österreich im Ständigen Ausschuss der EU zu Pflanzen, Tieren sowie Nahrungs- und Futtermitteln, in dem das Thema erneut behandelt wurde. In einer Aussendung wiederholte die AGES ihre bekannte Position: Sie betrachtet den Stoff zwar „als sicher für Menschen und somit den Anwender- und Konsumentenschutz in den wesentlichen Punkten gewährleistet“. Jedoch müssen ihrer Ansicht nach „mögliche Umwelt-Auswirkungen minimiert werden“. Die EU-Kommission habe in ihrem heutigen Vorschlag zur Wiederzulassung die „österreichischen Forderungen zum Schutz der Umwelt und Vielfalt nicht ausreichend berücksichtigt“. Insbesondere seien „rechtliche Details in Bezug auf mögliche Einschränkungen ungeklärt geblieben“. Laut AGES wird nun „ein Berufungsausschuss der EU-Kommission“ mit der Entscheidung über die Wiederzulassung betraut.

 

Wie berichtet, kündigte die EU-Kommission am 1. Juni an, den Mitgliedsstaaten heute folgenden Vorschlag zu unterbreiten: Die europäische Chemikalienagentur ECHA solle prüfen, ob Glyphosat krebserregend ist. Bis zum Vorliegen ihres Berichts bleibe die Zulassung aufrecht. Überdies sei der Glyphosat-Einsatz durch drei Maßnahmen einzuschränken: erstens ein Verbot von POE-Tallowaminen auf Basis Glyphosat-hältiger Pestiziden, zweitens die Minimierung des Einsatzes von Glyphosat in öffentlichen Parkanlagen, auf Spielplätzen und in Gärten und drittens die Einschränkung der Verwendung des Mittels kurz vor der Ernte.

 

Unnötiges Verschleppen

 

Christian Stockmar, der Obmann der Industriegruppe Pflanzenschutz (IGP), bezeichnete das Ergebnis der heutigen Abstimmung als „schwer nachvollziehbar“. Mehr als 1.000 Studien zeigten die Unbedenklichkeit von Glyphosat bei sachgemäßer Anwendung. Weltweit hätten viele Behörden das Mittel zugelassen: „Angesichts dieser fundierten Faktenbasis und der umfangreichen wissenschaftlichen Daten verursacht die zaudernde Haltung der Mitgliedsstaaten eine unnötige Verschleppung der Zulassungsverlängerung“. Stockmar erwartet, dass die Kommission die Zulassung nun um etwa zwölf bis 18 Monate verlängern wird. In dieser Zeit werde die ECHA eine Einstufung des Mittels auf Basis des EU-Chemikalienrechts durchführen. In einer ersten Bewertung habe die Agentur „bereits klargestellt, dass eine Gefahreneinstufung von Glyphosat als krebserregend nicht gerechtfertigt ist“, betonte Stockmar. Neben der seit vergangene Woche laufenden öffentlichen Konsultation werde auch eine „Begutachtung durch den Ausschuss für Risikobeurteilung der ECHA“ stattfinden.

 

 

 

Erfolg für „Zero-Pellet-Loss“-Pakt

Die Bilanz des ersten Jahres seit Inkraftttreten des „Zero-Pellet-Loss“-Pakts zwischen dem Umweltministerium und der österreichischen Kunststoffindustrie liegt vor. Ihr zufolge verminderte die Industrie den Eintrag von Plastikgranulat (Pellets) in die Gewässer von 4,9 Kilogramm pro Tag auf weniger als ein Kilogramm. Dies entspricht einer Reduktion um etwa 80 Prozent. Zum Vergleich: Die Gesamtproduktion der Branche beläuft sich auf rund zwei Millionen Tonnen Plastik pro Jahr, also etwa 5.500 Tonnen pro Tag.

 

Einen maßgeblichen Beitrag zur Verminderung leistete die Borealis, hieß es bei einem Unternehmensbesuch von EU-Umweltkommissar Karmenu Vella und Umweltminister Andrä Rupprechter am vergangenen Freitag in Schwechat. Laut Aussendung des Umweltministeriums ist das dortige Borealis-Werk „so gut wie pellet-dicht“. Dies sei auf den „Einbau von besseren Filtern in den Abwasseranlagen, die Festlegung genauerer Reinigungsrichtlinien und die Schulung der Mitarbeiter“ zurückzuführen. Das Unternehmen arbeite an weiteren Verbesserungen, deren Wirkung das Umweltbundesamt (UBA) kontrolliere. In Ergänzung zu den bestehenden Pellets-Abscheideanlagen werde ein „hochmodernes Filtrationssystem“ installiert. Alfred Stern, Vorstandsmitglied der Borealis, verlautete, diese arbeite daran, „neue Maßstäbe im Gewässerschutz setzen zu können. Mit dem Einsatz von ‚bestverfügbaren Technologien‘ streben wir eine Vorreiterrolle in Europa an“.

 

Vella lobte den „Zero-Pellet-Loss“-Pakt. Dieser sei ein gelungenes Beispiel für einen Schritt in Richtung der Kreislaufwirtschaft, die die EU-Kommission anstrebe. Rupprechter ergänzte, der Pakt trage dazu bei, den Austritt von Kunststoffgranulat in die Umwelt zu vermeiden. Es gelte, „europaweite Lösungen für eine plastikfreie Umwelt“ zu finden. Mit dem Pakt habe Österreich dabei eine „Vorreiterrolle“ übernommen. Dies bestätigte der stellvertretende Geschäftsführer des UBA, Karl Kienzl. Ihm zufolge arbeitet das UBA „im Netzwerk der Europäischen Umweltagenturen an einheitlichen Messmethoden, an europaweit vergleichbaren Daten und an der Identifizierung der wirksamsten Hebel, um die Plastikverschmutzung der Umwelt zu eliminieren“.