LIFE SCIENCES chemiereport.at AustrianLifeSciences 2022.2 43 weise TAmiRNA) kommerzialisiert. „miRNAs lassen sich in vielen Körper- flüssigkeiten minimalinvasiv nachweisen und zeigen eine hohe Spezifität für den jeweiligen Zelltypus, ja sogar für einen be- stimmten funktionellen Status“, erklärt Matthias Hackl, der als CEO des Unterneh- mens fungiert. Während diverse PCR-Kits für Forschungszwecke schon erhältlich sind, arbeitet man in mehreren Projekten an Werkzeugen für den weitaus größeren Markt für klinische In-vitro-Diagnostik. Am weitesten gediehen ist dabei das Pro- jekt „osteomiR“, das sich der Vorhersage des Frakturrisikos bei Osteoporose wid- met. Die quantitative Analyse gezielt se- lektierter miRNAs im Blut zeigt hier deut- lich größere prognostische Kraft als bisher verwendete bildgebende Verfahren oder die Messung der Knochendichte. Derzeit läuft eine multizentrische klinische Studie, die die Markteinführung vorbereiten soll. In einem weiteren, „hepatomiR“ genann- ten Projekt arbeitet das Tamirna-Team gemeinsam mit der Medizinischen Uni- versität Wien an der besseren Vorhersage postoperativer Komplikationen nach dem chirurgischen Eingriff bei Leberkrebs. Matthias Hackl entwickelt mit seinem Team von Tamirna diagnostische Werk- zeuge auf der Basis von MicroRNA. Dem Forschungsumfeld der Grillari Labs am nächsten ist man im Projekt „se- nomiR“, wo die Seneszenzlast verschiede- ner Gewebe über entsprechende miRNA- Signaturen in Blutproben untersucht wird. Auf diesem Sektor hat sich zuletzt eine schöne Parallelität mit den Aktivitäten von Rockfish Bio ergeben – dem jüngsten Kind aus dem Umfeld von Grillari und Kanzler. „Im langfristigen Kontext sieht man, dass wir eine stufenweise Gesamtstrategie ver- folgen“, zeigt Kanzler auf: „Wir haben bei Evercyte mit einem Unternehmen begon- nen, das sehr schnell Umsätze erzielen konnte. Tamirna widmet sich der Diag- nostik, hier finanzieren wir die größeren Projekte durch Auftragsforschung quer. Mit Phoenestra ist ein Evercyte-Spinoff entstanden, das Stammzellentechnologie für die industrielle Produktion nutzen will (siehe nebenstehende Info-Box). Und mit Otto Kanzler ist Mitgründer von Evercyte, Tamirna, Rockfish Bio und Phoenestra und hat seine Beratungs- und Management-Aktivitäten in der Innofly Management GmbH gebündelt. Rockfish gehen wir zum ersten Mal den risikoreichen Weg in Richtung Therapie- entwicklung.“ Gealterte Zellen gezielt töten Rockfish Bio wurde im November 2021 mit Unterstützung durch Preseed-Gelder des AWS gegründet. Als Seed-Investor ist das auf die Finanzierung von IT- und Life- Science-Gründungen spezialisierte Unter- nehmen „red-stars.com data AG“ mit da- bei – ein Novum für die Firmengruppe, die bisher auf „non-dilutive funding“ gesetzt hat. Der wissenschaftliche Hintergrund: Bei transgenen Mausmodellen, die ein Sui- zid-Gen für seneszente Zellen tragen, kann sich die Lebensspanne um 25 Prozent ver- längern, altersbedingte Erkrankungen tre- ten seltener auf. Derzeit gibt es zahlreiche Bemühungen, diese Ergebnisse pharma- zeutisch nutzbar zu machen kann: „Wirk- stoffe, die gezielt seneszente Zellen adres- sieren, nennt man Senolytics. Dieser Ansatz wird derzeit von praktisch allen ‚Major Players‘ der Pharmaindustrie verfolgt“, er- zählt Lämmermann. Trotz groß angelegter Screenings stieß man bislang aber auf eine Reihe von Hindernissen wie Nebenwir- kungen und Wirkungsprofile, die nur für bestimmte Zelltypen greifen. Oberflächen- marker, die seneszente Zellen insgesamt von jung gebliebenen unterscheiden, hat man dagegen bislang nicht gefunden. Bei Rockfish kann man demgegenüber auf Forschungsergebnisse zurückgrei- fen, die vom Grillari-Team im Rahmen des CD-Labors für Hautalterung erarbei- tet wurden. „Wir haben festgestellt, dass sich die Lipidkomposition von gealterten Zellen signifikant von den übrigen Zellen desselben Gewebes unterscheidet“, sagt Lämmermann, der direkt vom Team des CD-Labors zu Rockfish gewechselt ist. Im Zentrum steht dabei die hochregulierte Aktivität des Enzyms Phospholipase A2, die eine höhere Freisetzung des Lipids Ara- chidonsäure bewirkt. Blockiert man dieses Enzym, könnte man den Zelltod von senes- zenten Zellen ankurbeln. „Das Besondere an diesem Mechanismus ist, dass er nicht spezifisch für den Zelltyp ist, wir haben ihn in Nieren-, Fett-, Lungen-, Haut-, Seh- nen- und Knorpelzellen gefunden“, freut sich Lämmermann über den hier erwarte- ten universellen Ansatzpunkt für altersbe- dingte Erkrankungen. Das Team von Rock- fish hat denn auch schon eine ganze Reihe von Wirkstoffen getestet. Ausgehend von einer bereits identifizierten Leitstruktur wurde nun ein medizinalchemisches Pro- gramm zur Entwicklung eines optimierten Arzneimittelkandidaten aufgesetzt. Das größte therapeutische Fenster öff- net sich derzeit im Fall von chronischem Nierenversagen. Das Szenario, das Kanz- ler vorschwebt: „Ein Patient kommt zum Arzt, ein Senomir-Test zeigt eine hohe Zahl an seneszenten Nierenepithelzellen. Um schwerwiegenden Folgen vorzubeu- gen, wird er ein bis zwei Wochen mit der senolytischen Therapie von Rockfish be- handelt, die von einem Monitoring durch Senomir begleitet wird.“ Dass die altern- den Zellen erneut akkumulieren werden, sei klar, der Mensch höre ja nicht auf zu altern. Die Patienten müssten sich aber keiner permanenten Langzeitbehandlung unterziehen, wie das derzeit bei der Dia- lyse der Fall sei; die Lebensqualität würde deutlich angehoben. Ingo Lämmermann fungiert als CSO von Rockfish Bio, wo er Expertise aus dem CD-Labor für Hautalterung einbringt. Ein eigenes Anwendungsfeld eröffnet sich zudem im Zusammenhang mit Trans- plantationsnieren. „Es ist heue üblich ge- worden, gespendete Organe nicht mehr auf Eis zu legen, sondern sie bei Körper- temperatur zu lagern und mit Nährlösung zu durchspülen“, erzählt Lämmermann. Das eröffnet aber auch die Gelegenheit, Nieren mit senolytischen Wirkstoffen zu behandeln, die ansonsten als Spenderor- gane abgelehnt werden müssten. Zu früh will Kanzler die Assets von Rockfish Bio nicht veräußern, um sie nicht unter dem Wert zu schlagen: „Wir können uns vor- stellen, Wirkstoffkandidaten bis zur Phase II zu entwickeln, darüber hinaus ist es nicht unsere Sache.“ i o B h s fi k c o R , i A N R m A T , H b m G t n e m e g a n a M y l f o n n I : d l i B