„Genschere“: Ja, aber

Die Österreichische Akademie der Wissenschaften hält den Einsatz der CRISPR-Technologie grundsätzlich für vertretbar - allerdings nur unter strenger Beachtung aller rechtlichen Vorgaben.

Foto: Österreichische Akademie der Wissenschaften
ÖAW: CRISPR-basierte Eingriffe wie die in China angeblich erfolgten sind „aktuell nicht vertretbar“ und „hochgradig unausgereift“.

 

Eine Stellungnahme zur umstrittenen „Genscheren“-Technologie CRISPR veröffentlichte die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Der Anlass dafür sind Berichte, denen zufolge Embryonen chinesischer Zwillinge mittels CRISPR gegen HIV resistent gemacht worden sein sollen. Laut ÖAW sind derartige Eingriffe „aktuell nicht vertretbar, hochgradig unausgereift und in weiten Teilen der Welt rechtswidrig“. Allerdings „besteht die Möglichkeit, dass eine streng geregelte und auf schwerwiegende genetische Erkrankungen beschränkte Keimbahn-Editierung im Laufe der nächsten zehn bis 20 Jahre vertretbar und zulässig wird“.

 

Für bereits derzeit „vertretbar und zulässig“ hält die ÖAW dagegen die Manipulation im Labor gezüchteter Zellen mittels CRISPR, etwa für die Entwicklung neuer Medikamente. Allerdings müssen die geltenden Standards „für Laborsicherheit und Gentechnik eingehalten werden“. Ebenso „vertretbar und zulässig“ ist der Einsatz von CRISPR in Tierversuchen, allerdings nur unter Beachtung der dafür geltenden strengen österreichischen sowie europäischen Vorschriften. Gleiches gilt für die „somatische Gentherapie“, etwa die „Reparatur erkrankten Gewebes“. Für solche Fälle fordert die Akademie vorab eine „ausführliche Validierung der Technologie in präklinischen Modellen“.

 

Weder zulässig noch vertretbar ist nach Ansicht der ÖAW dem gegenüber zumindest derzeit eine „CRISPR-Editierung der Keimbahn als Gentherapie“, wie sie angeblich bei den chinesischen Zwilligen erfolgte. Für völlig ausgeschlossen erklärt die ÖAW schließlich die sogenannte „CRISPR-Editierung der Keimbahn mit dem Ziel des Human Enhancement“. Derartige Manipulationen, um den menschlichen Körper zu „verbessern“, seien „niemals vertretbar und höchst unethisch, da dies unvorhersehbare Risiken schafft – nicht nur aufgrund der Gefahr von Nebenwirkungen für den Einzelnen und seine Nachkommen, sondern auch für die Gesellschaft als Ganzes, als einer neuen Quelle für Ungleichheit und Diskriminierung“.

 

Notwendig ist nach Ansicht der ÖAW eine ausführliche gesellschaftliche Diskussion „über die Chancen und Risiken des Einsatzes der CRISPR-Technologie“. Es gelte, die Bevölkerung verstärkt über die „medizinischen, rechtlichen und ethischen Fragen der Gentechnik“ zu informieren. Denn grundsätzlich habe diese „großes Zukunftspotential“ und und könne „positiv für die Gesellschaft“ wirken.

 

Der vollständige Text der Stellungnahme findet sich unter www.ots.at/redirect/oeaw7.