Glyphosat: Bayer präsentiert Fünf-Punkte-Plan

Nach dem Scheitern der Einigung mit der US-Justiz geht der Konzern nun neue Wege bei den Rechtsstreitigkeiten um das umstrittene Pflanzenschutzmittel. Dessen Verkauf geht unterdessen weiter - auch an Endkunden.

Foto: Bayer AG
Chemie- und Landwirtschaftskonzern Bayer: weiter Kreuz mit Glyphosat

 

„Zu Beginn möchte ich noch einmal betonen, dass wir fest entschlossen sind, die Rechtsstreitigkeiten zu Roundup beizulegen und das Risiko zu minimieren, welches von den bestehenden sowie möglichen künftigen Klagen für unser Unternehmen ausgeht.“ So kommentierte Bayer-Vorstandschef Werner Baumann das Scheitern der Einigung seines Konzerns mit der US-amerikanischen Justiz hinsichtlich des umstrittenen Pflanzenschutzmittels Glyphosat. Sein Unternehmen sei „weiterhin offen für Vergleichsverhandlungen zu den noch bestehen Klagen, soweit die Bedingungen angemessen sind. Allerdings werden wir dieses Vorgehen künftig überprüfen“. Er, Baumann, müsse davon ausgehen, dass das zuständige Gericht, der United States District Court des Northern District of California in San Francisco, die Vorschläge von Bayer zur Streibeilegung „nicht ohne weitere erhebliche Änderungen genehmigen wird. Diese Änderungen sind nicht im Interesse von Bayer“.

 

Daher verfolge der Konzern nun einen Fünf-Stufen-Plan. Erstens werde eine Website eingerichtet, um die Sicherheit des auf Glyphosat basierenden Herbizids Roundup zu dokumentieren. Hinweise auf diese Website wolle Bayer auf den im Verkauf verwendeten Roundup-Behältern anbringen. Zweitens werde Roundup weiterhin an Privatkunden in den USA verkauft. Mit professionellen Kunden in der Landwirtschaft gebe es ohnehin keine Probleme. Diese seien auf glyphosathältige Mittel wie Roundup angewiesen, „um ihre Ernte zu sichern und eine nachhaltige Landwirtschaft praktizieren zu können, die das Pflügen und das Erodieren der Böden reduziert und den Kohlendioxidausstoß verringert“.

 

Drittens prüfe Bayer Alternativen zum Umgang mit künftigen Klagen. In diesem Zusammenhang werde ein „unabhängiges wissenschaftliches Beratungsgremium“ eingerichtet, um die Sicherheit glyphosat-basierter Roundup-Produkte zu überprüfen. Die Ergebnisse der Untersuchungen würden auf der Roundup-Website veröffentlicht. Viertens bleibe Bayer offen für Vergleichsverhandlungen zu laufenden Klagen. Die „überwiegnde Mehrheit“ davon sei bereits beigelegt, werde in Bälde beigelegt sein oder sei für Beilegungen nicht geeignet. Fünftens schließlich setze der Konzern die Berufungsverhandlungen in den erstinstanzlich entschiedenen Fällen fort. Dies könne „dazu beitragen, künftige Rechtsrisiken zu minimieren“. Bayer sei weiterhin „überzeugt von der Stärke unserer rechtlichen Argumente“.

 

Heftige Kritik

 

In einer am 26. Mai ergangenen Stellungnahme hatte der zuständige Richter, Vince Chhabria, die Vorschläge des Konzerns zur Streitbeilegung sämtlicher Causen in der Luft zerrissen. Diese seien sehr gut für Bayer. Sie könnten die rechtlichen Risiken substanziell verringern, Strafen weitgehend ausschließen und die Chancen des Konzerns erhöhen, die Berufungsverfahren zu gewinnen. Weit weniger brächten sie dagegen den Nutzern von Roundup, die noch nicht am Non-Hodgkin-Lymphom (NHL) erkrankt, dem Risiko einer Erkrankung aber ausgesetzt seien. Und schon gar nicht brächten die Vorschläge, was die Anwälte von Bayer versprächen. Bayer habe vorgeschlagen, für die noch nicht an NHL erkrankten Roundup-Nutzer ein vier Jahre lang laufendes ein Monitoring- und Unterstützungsprogramm einzurichten. Erkrankten sie während der Laufzeit des Programms, könnten sie Zahlungen beantragen, die sich auf 10.000 bis 60.000 US-Dollar beliefen, in seltenen Fällen bis zu 200.000 USS-Dollar. Das Problem ist laut Chhabria die lange Latenzzeit von NHL, die zehn bis 15 Jahre betragen kann. Somit bestehe die Gefahr, dass etliche Nutzer von Roundup das Programm nicht in Anspruch nehmen könnten.

 

Zwar habe Bayer die Option, das Programm zu verlängern. Eine Pflicht dazu bestehe indessen nicht: „Daher kann das Gericht nicht annehmen, dass Geld länger als vier Jahre verfügbar sein wird.“ Wer an dem Programm teilnehme, müsse überdies auf Schadenersatzforderungen mit Strafcharakter verzichten und damit möglicherweise auf hohe Summen, auf die er andernfalls Anspruch hätte.

 

Der schwerwiegendste Nachteil der Vorschläge des Bayer-Konzerns bestehe aber in der Schwierigkeit, diese den Betroffenen überhaupt zur Kenntnis zu bringen, kritisierte Chhabria. Realistischerweise könne dies nur durch Anzeigenschaltungen in den Medien erfolgen, die oft übersehen oder nicht ernst genommen würden. Dies gelte zumal für Nutzer von Roundup, die (noch) nicht an NHL erkrankt seien.