Krach um Wirkstoffverschreibung

Die Überlegungen Gesundheitsminister Wolfgang Mücksteins, statt konkreter Medikamente nur noch die darin enthaltenen Wirkstoffe zu verschreiben, stoßen auf Widerstand bei Pharmaindustrie und Ärztekammer. Auch der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO) lehnt die Pläne ab. 

Foto: BKA /Andy Wenzel
Schubladisieren, bitte: Die Pläne Gesundheitsminister Mücksteins zur Wirkstoffverschreibung sind umstritten.

 

In nicht immer geübter Einmütigkeit wehren sich der Pharmaindustrieverband Pharmig und die Ärztekammer gegen Überlegungen Gesundheitsminister Wolfgang Mücksteins, eine Wirkstoffverschreibung einzuführen. Derartige Pläne werden seitens der Gesundheitspolitiker und der Krankenkassen immer wieder gewälzt. Sie versprechen sich davon nicht zuletzt eine Senkung der Arzneimittelkosten. Das Argument: Statt eines bestimmten Präparats kann dem Patienten ein billigeres Mittel ausgehändigt werden, wenn es eine wirkungsgleiche Sustanz enthält. Nach Ansicht der Pharmig und der Ärztekammer ist das aber ein Trugschluss. Schon jetzt sei Österreich im EU-weiten Vergleich ein Billigland, was Medikamente betrifft. „Eine Wirkstoffverordnung übt weiter Druck auf die hiesigen Preise aus. Zahlreiche bewährte Arzneimittel würden vom Markt verschwinden, weil ihren die wirtschaftliche Basis entzogen wird. Das alles ist schlichtweg nicht im Sinne einer verbesserten Versorgung, ganz im Gegenteil. Daher muss der Status Quo erhalten bleiben“, betont Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog. Und in einer Resolution der Ärztekammer heißt es: „Angesichts der ohnehin bereits angespannten Preissituation bei Medikamenten in Österreich würde ein Diktat des niedrigsten Preises nach Ansicht der Experten dazu führen, dass einige Medikamente vollends vom Markt verschwinden und sich die Lage verschärfen würde.“

 

Außerdem erachten die Pharmaindustriellen und die Ärztschaft die Anlegenheit aus medizinischer Sicht für problematisch. Die Pharmig etwa diagnostiziert, die Patienten würden verunsichert, wenn sie in der Apotheke jedesmal ein anderes Mittel gegen ihre Krankheit bekämen. Dies führe unter Umständen dazu, dass sie die Einnahme des Präparats verweigerten. Außerdem verlören die Mediziner den Überblick darüber, welche Medikamente ihre Patienten bekämen. Damit sei es auch nicht mehr möglich, mehrere gleichzeitig einzunehmende Arzneimittel „gut aufeinander abzustimmen, um unerwünschte Wechselwirkungen möglichst zu vermeiden“.

 

Ähnlich argumentiert die Ärztkammer: Die Ärzte seien „gegenüber den Patienten letztverantwortliche Kompetenzträger“. Mit einer allfälligen Wirkstoffverschreinung werde ihnen jedoch „die Entscheidungs- und Gestaltungshoheit über eine medikamentöse Therapie entzogen. Daran anschließend drohen Haftungsprobleme“. Das Fazit: Mückstein möge seine Pläne ehestens schubladisieren und lieber für einen besseren Überblick über die aktuelle Verfügbarkeit bzw. Nichtverfügbarkeit von Präparaten sorgen: „Nur so können Ärzte mit ihrer medizinischen Kompetenz sofort ihre Therapie anpassen und Patienten den bestmöglichen Service bei optimaler Sicherheit bieten.“

 

Unterstützt werden die Pharmig und die Ärztekammer vom Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO). „Wir erkennen keinerlei Vorteile bei dem Vorschlag. Es werden dadurch keine Einsparungen lukriert, gleichzeitig könnte eine derartige Systemänderung die Versorgungssicherheit weiter gefährden. Die Wirkstoffverschreibung widerspricht daher ganz klar den Interessen der Patienten auf eine bestmögliche medizinische Versorgung“, konstatiert Geschäftsführerin Sylvia Hofinger.