Kreislaufwirtschaft: „Wir haben das Know-how“

Wie die Kunststoffindustrie zur Kreislaufwirtschaft beitragen kann, war Gegenstand angeregter Debatten beim Symposium „Rethinking Plastics“ des Fachverbands der Chemischen Industrie Österreichs in Wien.

Foto: Marko´s Photography
Ganzheitlich betrachten: Die Alternativen zu Kunststoffen sind nicht immer ökologischer als diese selbst.

 

„Wir als Kunststoffindustrie haben uns lange Zeit zu wenig mit mit dem Thema Kreislaufwirtschaft befasst. Jetzt stehen wir kurz vor der Wand und haben die öffentliche Diskussion verloren. Jeder sagt, Plastik ist schlecht, und wir hecheln hinterher.“ Das sagte Manfred Stanek, der Geschäftsführer des Verpackungskonzerns Greiner Packaging International, am 10. September beim Symposium „Rethinking Plastics“ des Fachverbands der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO) in Wien. Stanek zufolge werden sich die intensiv diskutierten Umweltprobleme mit Kunststoffabfällen in den kommenden Jahrzehnten eher verschärfen als entschärfen. Zu erwarten sei, dass die Weltbevölkerung auf rund zehn Milliarden Personen anwachse. Deshalb werde auch das Plastikaufkommen weiter steigen: „Das Gute daran ist: Wir haben das Know-how, um geeignete Lösungen zu finden. Und dieser Aufgabe müssen wir stärker nachkommen als in der Vergangenheit.“ Denn weder die Konsumenten noch die Politiker verfügten über entsprechende Sachkenntnis. Grundsätzlich habe die Kreislaufwirtschaft nur dann Sinn, wenn die Gesellschaft das gegenwärtige linear ausgerichtete „Konsum- und Abfalldenken“ aufgebe und ihr Verhalten im Umgang mit Produkten ändere. Greiner Packaging International stelle immer wieder die Frage, ob ein bestimmtes Erzeugnis tatsächlich benötigt werde: „Wir eliminieren Produkte, die die Gesellschaft nicht braucht, und stellen statt dessen etwas Anderes her.“ Nicht zuletzt in diesem Sinn sei Design for Recycling der wichtigste Beitrag seines Unternehmens zur Kreislaufwirtschaft.

 

Gemeinsam agieren

 

FCIO-Obmann Hubert Culik konstatierte, Wirtschaft und Gesellschaft könnten nur gemeinsam zur Kreislaufwirtschaft voranschreiten. Und ohne Kunststoffe lasse sich auch in Zukunft nicht auskommen: „Sie haben sich in vielen Lebensbereichen als das beste Material herausgestellt.“ Auch würden in Österreich bereits derzeit weit über 90 Prozent der Kunststoffabfälle ordnungsgemäß behandelt. Das vom Nationalrat beschlossene Verbot der Verwendung von Plastiktragetaschen sei „publikumswirksam, aber ökologisch nicht sinnvoll“. Wie tatsächlich wirksame Maßnahmen aussehen könnten, habe der FCIO in seinem Zehn-Punkte-Programm im Frühjahr formuliert. Unter anderen gehe es darin um verstärktes Recycling inklusive Design for Recycling sowie um den Ausbau der Sammel- und Sortiersysteme. Letzterer sei insbesondere deshalb wichtig, weil die Wirtschaft möglichst sortenreine Kunststoffabfälle als Sekundärrohstoffe benötige. Ferner müsse Österreich seine führende Rolle bei Recyclingtechnologien aufrecht erhalten und ausbauen. Es gehe darum, heimisches Know-how zu exportieren, nicht zuletzt nach Asien und Afrika, wo von modernen Behandlungsmethoden für Kunststoffabfälle zumeist keine Rede sein könne. Überdies wünscht die Branche laut Culik „gezielte Förderungen für neue Technologien wie chemisches Recycling“. Erforderlich ist nach Ansicht Culiks auch ein „fairer Umgang mit Plastik und eine ganzheitliche Betrachtung des Themas. Denn die Alternativen zu Kunststoffen sind oft nicht ökologischer“.

 

Differenziert betrachten

 

Harald Pflanzl, der Geschäftsführer von BASF in Österreich, betonte, Kunststoffe seien „zu wertvoll, um wegworfen zu werden“. Seinem Unternehmen gehe es nicht zuletzt darum, die Themen Müllvermeidung und Recycling weltweit zu forcieren. Plastikmüll sei jedenfalls „ein gesellschaftspolitisches Problem. Das kann man nur gemeinsam lösen“. Pflanzl bekannte sich zum Zehn-Punkte-Programm des FCIO: „Da finden wir uns wieder.“ Insbesondere gelte es, Innovationen zu fördern und die Technologieführerschaft Europas ausbauen. Die Industrie habe keineswegs versäumt, sich mit dem Thema Kreislaufwirtschaft zu beschäftigen: „Aber wir haben, was wir getan haben, nicht ausreichend kommuniziert.“ Das müsse sich ändern, empfahl Pflanzl: „Bescheidenheit ist keine Zier.“

 

Christine Hochholdinger, die Leiterin der Abteilung Abfallvermeidung, -verwertung und -beurteilung im Nachhaltigkeitsministerium (BMNT), plädierte dafür, das Thema Kunststoffabfall differenziert zu betrachten. Zunächst müsse es darum gehen, die „low-hanging fruits“ zu ergreifen und anschließend zur Lösung komplexerer Probleme voranzuschreiten: „Deshalb haben wir mit dem Plastiksackerl-Verbot angefangen.“ Erfreulich sei, dass sich die Industrie nun offenbar umfassend mit der Kreislaufwirtschaft beschäftige. Dies erleichtere die Tätigkeit von Politik und Verwaltung und mache allfällige ordnungspolitische Vorgaben möglicherweise zumindest teilweise überflüssig. Grundsätzlich gehe es weder der Politik noch der Verwaltung um „Kunststoff-Bashing“, betonte Hochholdinger. Das Anliegen sei vielmehr, den Eintrag bedenklicher Substanzen in die Umwelt tunlichst hintanzuhalten.