Lenzing: Halbjahresbilanz mit „sehr viel Licht, aber auch Schatten“

Steigende Umsatzerlöse wurden durch Einbrüche beim EBITDA und beim EBIT konterkariert. Der Halbjahresgewinn fiel um ein Viertel niedriger aus als 2021. Die Aussichten sind laut dem Management aber durchaus zufriedenstellend.

Foto: Lenzing
Faserkonzern Lenzing: Gestiegene Kosten für Energie, Rohstoffe und Logistik drückten den Halbjahresgewinn.

 

„Sehr viel Licht, aber auch Schatten“ zeigt laut Vorstandschef Stephan Sielaff das Halbjahresergebnis des Faserkonzerns Lenzing. Die Umsatzerlöse erhöhten sich um 25,2 Prozent auf 1,29 Milliarden Euro. Dem gegenüber sank das Betriebsergebnis vor Abschreibungen (EBITDA) um 13,3 Prozent auf 188,9 Millionen Euro. Das Betriebsergebnis (EBIT) brach um 31,2 Prozent ein und lag bei 95,6 Millionen Euro. Ihren Halbjahresüberschuss beziffert die Lenzing mit 72,3 Millionen Euro, um 24,8 Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2021. Sielaff, der den Vorstandsvorsitz im März übernahm, begründete die Entwicklung insbesondere mit den „immens“ gestiegenen Kosten für Energie und Rohstoffe sowie für Logistikleistungen. Zu Buche schlug ferner, dass sich die neuen Fabriken in Thailand und Brasilien im Hochfahrbetrieb befinden. „Das heißt, wir haben die vollen Kosten, aber noch keine Erträge“, erläuterte Sielaff. Probleme mit der Sicherheit der Energieversorgung könnte es ihm zufolge ausschließlich in Kontinentaleuropa geben. Gemeint ist damit vor allem die Fabrik in Heiligenkreuz im Südburgenland, die von Erdgas abhängig ist. Für diese werde in Zusammenarbeit mit dem Land Burgenland eine neue Lösung gesucht. Sie soll vor allem auf Photovoltaik, Geothermie und Biomasse beruhen. Von heute auf morgen geht die Umstellung indessen verständlicherweise nicht. Sielaff: „Da sprechen wir von Jahren, nicht von Monaten.“ Bezüglich des immer wieder ventilierten Ausfalls der Gaslieferungen aus Russland zeigte sich Sielaff entspannt: Die Wahrscheinlichkeit eines solchen Ausfalls ist ihm zufolge nicht besonders hoch. Außerdem habe die Bundesregierung bekanntermaßen mehrfach auf die mittlerweile vergleichsweise hohen Füllstände der Gasspeicher hingewiesen: „Da sind wir deutlich besser aufgestellt als in Deutschland.“ Freilich: Falle das „Russengas“ tatsächlich aus, müsse die Lenzing die Produktion in Heiligenkreuz drosseln oder vielleicht sogar komplett einstellen. Die Lage werde laufend beobachtet, konstatierte Sielaff. Ob sein Unternehmen selbst Gas einspeichert, wollte der Lenzing-Chef nicht bekannt geben. Er zeigte sich aber „zuversichtlich, weiter produzieren“ zu können. Angedacht wird ihm zufolge auch, erdgasbefeuerte Anlagen auf den Betrieb mit Erdöl umzustellen. Auch das ist freilich nicht im Handumdrehen zu bewerkstelligen.

 

Ein besonderes Anliegen hat Sielaff hinsichtlich der Strompreiskompensation durch die öffentliche Hand. Vorgesehen ist, dass Unternehmen, die Zellstoff erzeugen, gefördert werden. Das Problem ist laut Sielaff: „Wir erzeugen am Standort Lenzing nicht nur Zellstoff, sondern haben dort eine integrierte Produktion.“ Diese sei genau genommen erheblich umweltfreudlicher als ein herkömmliches Zellstoffwerk. Weil sie aber eben „integriert“ sei, falle sie aus der Förderung im Zuge der Strompreiskompensation. „Das kann es nicht sein. Wir sind daher im Gespräch mit der Regierung und hoffen auf offene Ohren“, vermerkte Sielaff. Kritische Rohstoffe lagert die Lenzing ebenfalls ein. Um welche es dabei geht, wollte Sielaff nicht bekanntgeben.

 

Was das voraussichtliche Ergebnis des Gesamtjahres 2022 betrifft, sind Prognosen laut Sielaff schwierig. Allerdings bleibe die Lenzing bei ihrer bisherigen Guidance. Und die laute, dass das EBITDA „deutlich“ über dem des Jahres 2021 liegen werde. Dafür gebe es drei Gründe: Erstens steige der Bedarf an nachhaltig hergestellten Fasern. Zweitens brächten die neuen Fabriken in Thailand und Brasilien im zweiten Halbjahr erste Ergebnisbeiträge. Und drittens setze die Lenzing in bewährter Manier auf „operative Exzellenz“, also nicht zuletzt striktes Kostenmanagement. Dank ihrer starken Marken könne sie für ihre Waren auch „faire Preise“ verlangen. „Wenn auch nur einige der Risiken, die sich am Horizont abzeichnen, sich nicht manifestieren, werden wir ein erfolgreiches Jahr haben“, resümierte Sielaff.