Nationalrat beschließt Glyphosatverbot

Die SPÖ hält diesen Schritt für notwendig im Sinne des Schutzes von Gesundheit und Umwelt. Die ÖVP dagegen spricht von einer Einschränkung der Entscheidungsfreiheit der Landwirte.

Foto: Parlamentsdirektion/Thomas Topf
SPÖ-Agrarsprecher Erwin Preiner: „Glyphosat ist eine Gefahr für Mensch und Tier.“

 

Mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ, NEOS und JETZT beschloss der Nationalrat am 2. Juli das vollständige Verbot der Anwendung des umstrittenen Pflanzenschutzmittels Glyphosat in Österreich. Dies erfolgte durch eine entsprechende Änderung des Pflanzenschutzmittelgesetzes. Um Rechtskraft zu erlangen, muss diese seitens der EU-Kommission genehmigt werden. Sollte die Kommission die Regelung zurückweisen, wäre ein neuerlicher, abgeänderter, Beschluss des Nationalrates notwendig.

 

In ihrem Antrag berief sich die SPÖ auf die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Glyphosat im März 2015 als „wahrscheinlich krebserzeugend für den Menschen“ einstufte. Überdies konstatierten die Sozialdemokraten, die Europäische Chemikalienagentur ECHA habe das Mittel als „augenreizend und giftig für Wasserorganismen mit langfristigen Auswirkungen“ eingestuft. Es stelle „somit jedenfalls eine Gefahr für die Umwelt dar. Der Expertenstreit über die mögliche krebserregende Wirkung von Glyphosat dauert an. Die starken Zweifel an der Ungefährlichkeit des Wirkstoffes für den Menschen konnten bisher nicht ausgeräumt werden“. Der Tiroler Nationalratsabgeordnete Max Unterrainer sieht in dem Beschluss eine „Stärkung der Biolandwirtschaft“. Agrarsprecher Erwin Preiner zufolge ist die SPÖ „dem Vorsorgeprinzip verpflichtet. Glyphosat ist eine Gefahr für Mensch und Tier“.

Karin Doppelbauer von den (NEOS) sprach unter Hinweis auf den möglichen Widerspruch des Verbots zum EU-Recht von einer „Bauchwehentscheidung“. Auch dürfe die neue Bestimmung nicht zu Wettbewerbsnachteilen für die österreichische Landwirtschaft führen.

Sahra Wiener, Abgeordnete der Grünen zum EU-Parlament, zeigte sich „begeistert“ von dem Verbot. Ihr zufolge betonte die EU-Kommission nach dem Beschluss der Zulassungsverlängerung für Glyphosat im Jahr 2017, „dass die Mitgliedsstaaten nationale Verbote beschließen können, das haben wir schwarz auf weiß. Falls es da Probleme gibt, werden wir EU-Abgeordneten alles in Bewegung setzen, damit die Kommission ihrem Versprechen nachkommt“.

 

Die ÖVP lehnte das generelle Verbot der Anwendung von Glyphosat als europarechtswidrig ab. Sie beantragte statt dessen Einschränkungen, die über die bisher geltenden hinausgehen. Verboten sein sollte ihr zufolge die Nutzung des Mittels „in öffentlichen Parks oder Gärten, Friedhöfen, Sport- und Freizeitplätzen, Schwimmbädern, Schulgeländen oder auf Kinderspielplätzen oder in unmittelbarer Nähe von Gesundheitseinrichtungen oder zur Anwendung durch den nicht beruflichen Verwender fur den Haus- und Kleingartenbereich“. Landwirte sollten Glyphosat dagegen weiter verwenden dürfen.

Johannes Schmuckenschlager, VP-Nationalratsabrgeordneter und Präsident der Landwirtschaftskammer (LK) Niederösterreich, kritisierte, das Verbot „führt zur Einschränkung der Entscheidungsfreiheit der österreichischen Bauern in ihrer täglichen Arbeit und zu einer immensen Benachteiligung der heimischen Produktion. Schließlich wird auch die Versorgung der Konsumenten mit heimischen Lebensmitteln gefährdet. Dieser Beschluss entbehrt jeglicher fachlichen und sachlichen Grundlage“. Er verwies auf die am 1. Juli veröffentlichte „Nationale Machbarkeitsstudie zum Glyphosatausstieg“ der AGES und der Universität für Bodenkultur. Dieser zufolge ist ein vollständiges Verbot von Glyphosat nicht mit dem EU-Recht vereinbar.

 

Heftige Kritik kam auch von der von der Industriegruppe Pflanzenschutz (IPG). Sie sprach vom „freien Spiel der Unvernunft“ und von „Populismus auf dem Rücken der heimischen Landwirte“. Etwa 3.300 Studien mit insgesamt 90.000 Seiten hätten bewiesen, dass Glyphosat bei sachgemäßer Anwendung keine Gefahr für Gesundheit und Umwelt darstelle. Ferner erhöhe das Mittel die Ernteerträge je Hektar um 30 bis 60 Prozent. Dürfe es nicht mehr eingesetzt werden, seien die Anbauflächen zwangsläufig zu erweitern: „Das ist aus Sicht der IGP nicht nachhaltig.“