Pharmaindustrie warnt vor Brexit-Chaos

Die COVID-19-Pandemie zeige einmal mehr die Bedeutung der Zusammenarbeit der EU mit Großbritannien im Gesundheitssektor, betonen Interessenvertretungen der Pharmabranche unter Führung der EFPIA. Und sie präsentieren erneut teils bekannte Forderungen an die Politik.

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Unklare Perspektiven: Ein halbes Jahr vor dem Brexit sind noch immer viele Fragen ungelöst.

 

Angesichts der stockenden Verhandlungen über den EU-Austritt Großbritanniens (Brexit) machen die europäischen Interessenvertretungen der Pharmaindustrie mobil. In einer gemeinsamen Stellungnahme wiederholen sie unter Führung des Pharmaindustrieverbands EFPIA teils bekannte Forderungen. Und sie nutzen die COVID-19-Pandemie, um deren Dringlichkeit zu untermauern. In der Stellungnahme heißt es, das neue Coronavirus sei eine Herausforderung für die ganze Welt, nicht allein für Europa und schon gar nicht alleine für die EU. Einmal mehr träten Probleme in den Vordergrund wie Versorgungsschwierigkeiten und der ungleiche Zugang zu Arzneimitteln, negative Auswirkungen von Exportbeschränkungen, Lagerhaltungsverpflichtungen und anderen (Handels-)Einschränkungen. Überdies zeige sich erneut die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit bei der Aufrechterhaltung von Versorgungs- und Lieferketten, aber auch im Bereich Forschung und Entwicklung. Deutlich werde weiters die Problematik mangelnder Investitionen sowie der zögerlichen Entwicklung neuer Technologien und Behandlungsmethoden. „Das Virus zeigt, dass grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren mit wirksamer Koordination und Mechanismen für rasche Reaktionen begegnet werden muss“, heißt es in der Stellungnahme. Nicht zuletzt gelte es, sich auf künftige Pandemien vorzubereiten. Entsprechende Anstrengungen gerieten jedoch gerade durch das Tohuwabohu im Zusammenhang mit dem Brexit in Gefahr.

 

Gesundheitsthemen spielten bei den Verhandlungen so gut wie keine Rolle. Doch falls es zu einer schlechten Austrittsvereinbarung oder gar zu einem „Hard Brexit“ ohne Vereinbarung komme, könne das unterhaltsam werden. Sowohl die EU als auch Großbritannien riskierten, schlechter auf kommende Epidemien und Pandemien vorbereitet zu sein als bisher. Der Zugang von Patienten in der EU zu in Großbritannien zugelassenen Arzneimitteln und umgekehrt könnte sich verzögern, der Handel zwischen den beiden Wirtschaftsräumen sich erschweren. Auch die Zusammenarbeit in der medizinischen Forschung wäre nicht mehr so einfach zu machen wie noch derzeit, was sich aller Voraussicht nach nachteilig auf die Patienten auswirken würde. Zu befürchten sei weiters ein Abwandern von wissenschaftlichem Personal in Drittstaaten.

 

Die EFPIA und ihre Mitstreiter fordern daher, die reibungslose Zusammenarbeit zwischen der EU und Großbritannien im Gesundheitsbereich auch weiterhin zu gewährleisten. Notwendig seien insbesondere Frühwarnmechanismen und der Datenaustausch, um auf Epidemien vorbereitet zu sein, aber auch ein gemeinsamer regulatorischer Rahmen für die Herstellung, Überprüfung und Zulassung von Arzneimitteln und medizinischer Ausrüstung, inklusive der Aufrechterhaltung bestehender Lieferketten. Ferner müsse der Zugang der Bürger der EU und Großbritanniens zu den Gesundheitssystemen beider Wirtschaftsräume sichergestellt sein. Auch die Zusammenarbeit im Bereich der medizinischen Forschung dürfe durch den Brexit keinen Schaden leiden.