Plasmaprodukte: Starken Standort weiter stärken

Die Abgeltung einschlägiger Erzeugnisse durch die Krankenkassen ist angesichts schwankender Rohstoffkosten etwas „starr“, hieß es bei einer Pressekonferenz der Pharmig in Wien.

Foto: Shire/Franz Helmreich
Weltmarkt-Wachstum bei Plasmaprodukten um sechs bis sieben Prozent: Karl-Heinz Hofbauer, Leiter des Shire-Produktionsstandorts Wien

 

Rund zehn Milliarden US-Dollar (8,72 Milliarden Euro) pro Jahr verdient die Pharmaindustrie weltweit mit Produkten, die aus menschlichen Blutplasma hergestellt werden. Das verlautete auf Anfrage des Chemiereports am Rande einer Pressekonferenz des Branchenverbands Pharmig aus Anlass der alljährlichen „Woche der Plasmaspende“. Laut Karl-Heinz Hofbauer, dem Leiter der Pharmig-Arbeitsgruppe „Standort“ und Chef der Produktionsbetriebe des Biopharmakonzerns Shire in Wien, werden global gesehen rund 42 Millionen Liter Plasma gespendet. Ihm zufolge wächst der Weltmarkt für plasmabasierte Produkte wie Immunglobulin um etwa sechs bis sieben Prozent pro Jahr. Die EU-weite Plasmaerzeugung liegt bei acht Millionen Litern, der Bedarf dagegen bei zwölf Millionen. Somit müssen rund vier Millionen Liter importiert werden, großteils aus den USA. Die österreichische Plasmaproduktion beläuft sich laut Hofbauer auf etwa fünf Millionen Liter, etwa doppelt so viel wie vor zehn Jahren. Um die 95 bis 98 Prozent der Erzeugung gehen in den Export. Den Marktwert eines Liters Plasma bezifferte Hofbauer mit 100 bis 120 US-Dollar (87,2 bis 104,6 Millionen Euro).

 

Das Volumen des heimischen Plasmamarkts liegt bei 70 bis 80 Millionen Euro, erläuterte der Geschäftleiter von Biotest Austria, Gerald Schrot, dem Chemiereport. Ihm zufolge ist Österreich ein „bedeutender Standort“ für die Plasmagewinnung (Fraktionierung). Um den Standort weiter zu stärken, wäre seiner Ansicht nach eine „adäquate Erstattung“ der Kosten für einschlägige Produkte wünschenswert. Die österreichische Preispolitik sei etwas „starr“. Dem gegenüber schwankten die Kosten für Plasma teils erheblich. Und das könne für die Industrie ins Geld gehen: „Die Rohstoffkosten machen rund 60 Prozent der Gesamtkosten für die Herstellung von Arzneimitteln auf Plasmabasis aus.“ Nicht möglich ist laut Schrot, das aus menschlichem Blut gewonnene Plasma durch „künstlich“ erzeugte Proteine zu ersetzen. Denn menschliches Plasma enthalte tausende Antikörper, „künstlich“ herstellen ließen sich aber nur einzelne Antikörper. Und zumeist ergebe erst das Zusammenspiel mehrerer solcher Substanzen die gewünschte Wirkung. Nicht zuletzt in der Onkologie seien Arzneien auf Basis menschlichen Plasmas daher alternativlos: Chemotherapien zerstörten zwar die Tumoren, machten aber leider auch den im Blut des Patienten enthaltenen Antikörpern den Garaus. Damit werde dieser anfällig für Immunkrankheiten und müsse durch plasmabasierte Medikamente wieder mit Antikörpern versorgt werden.

 

Kein Problem für die heimischen Plasmahersteller wäre laut Schrot ein „harter“ Ausstieg Großbritanniens aus der EU („Hard Brexit“). Wie in den meisten anderen EU-Mitgliedsländern sind auch in Großbritannen Plasmaspenden verboten. Zulässig sind sie nur in Österreich, Deutschland, der Tschechischen Republik und Ungarn. In Hinblick auf die Versorgung mit plasmabasierten Medikamenten könnte ein „Hard Brexit“ somit eher für Großbritannien als für Kontinentaleuropa zum Problem werden. Wie berichtet, hatte BioLife, die Blutplasmasparte von Shire, Anfang September die Sanaplasma AG übernommen und damit 14 Plasmaspendezentren in Tschechien und Ungarn erworben. Hofbauer verlautete damals, mit dem Kauf könne der Konzern „somit nachhaltig den wachsenden Bedarf an diesem wertvollen Rohstoff und den von uns daraus produzierten Arzneimitteln decken“. In Wien erzeugt Shire 16 pharmazeutische Produkte aus Plasma für den Weltmarkt.