VCI: Klarer Wunsch zur Bundestagswahl

Der deutsche Chemie- und Pharmaindustrieverband hat schwer zu übersehende politische Präferenzen.

Foto: VCI
Kaum verkennbare Zuneigung: VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup

 

Am 26. September wird in Deutschland der Bundestag neu gewählt. Und der Verband der Chemischen Industrie (VCI) hat klare Vorstellungen, wer im Berliner Parlament künftig das Sagen haben sollte. Das zeigen seine Aussendungen zu den Wahlprogrammen der Parteien. Am meisten Lob zollt der Verband der CDU. Deren Programm enthalte „viele gute Elemente für eine zukunftsorientierte Industriepolitik“. Richtig sei das Ziel der Christdemokraten, „die Wirtschaft zu entfesseln, um durch nachhaltiges Wachstum gemeinsam mit der Industrie ein klimaneutrales Deutschland zu realisieren“. Als „wegweisend“ lobt Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup das seitens der CDU geforderte Planungsmodernisierungsgesetz sowie die im Programm enthaltenen „weiteren Vorhaben zum Bürokratieabbau, zur Innovationsförderung und zur Unternehmensbesteuerung“. Damit „stellt die Union die Weichen in Richtung wettbewerbsfähige Zukunft des Standortes. So können Politik und Industrie als Partner die Transformation zum Erfolg führen“.

 

Gut kommt auch die FPD weg. Sie verstehe laut Große Entrup Digitalisierung, Bildung und Innovation „als Schlüsselfaktoren für die Modernisierung des Standorts Deutschland an“. Auch die Forderungen der Freien Demokraten bezüglich Forschungsförderung, Unternehmenssteuerreform sowie zu einem „Entfesselungspakt für den Mittelstand“ sieht der VCI laut Große Entrup als „Ansatzpunkte für den Neustart nach der Pandemie“. Ferner begrüßt der VCI Große Entrup zufolge die Forderung der FDP, die EEG-Umlage abzuschaffen, also das deutsche Gegenstück zum Ökostromförderbeitrag. Allerdings, so die Mahnung: In einigen Details müsse das Programm noch konkretisiert werden.

 

Steuerpolitisch „perspektivlose“ SPD

 

Der SPD dagegen wird attestiert, zwar „wichtige industriepolitische Elemente zur Zukunftsfähigkeit des Standorts Deutschland“ aufzugreifen, etwa mit der Forderung nach Abschaffung der EEG-Umlage und nach Investitionen in die Forschung im Pharmabereich. Indessen blieben die Sozialdemokraten „auf wichtigen Feldern hinter den Erwartungen“ zurück. Das gelte zumal hinsichtlich der Steuerpolitik. „Insbesondere der industrielle Mittelstand würde durch die vorgeschlagene Erhöhung der Einkommensteuer, eine Verschärfung der Erbschaftsteuer und Wiedererhebung der Vermögensteuer massiv getroffen. Positive steuerpolitische Perspektiven für die Wirtschaft – seien es auch nur schwache Signale – fehlen im dem Programmentwurf für die Bundestagswahl“, konstatiert Große Entrup.

 

Das Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen ist laut VCI dagegen „in großen Teilen kritisch“ zu bewerten, betont Große Entrup: „Die Grünen wollen einen mutigen Weg hin zu mehr Nachhaltigkeit gehen. Dafür haben sie Chemie und Pharma an ihrer Seite. Leider sieht es aber nicht so aus, als ob sie Deutschlands drittgrößten Industriezweig mitnehmen wollen. Beispiele dafür sind Vorbehalte und Verbote gegen chemische Produkte, kompliziertere Genehmigungsverfahren und neue Steuern. Werden diese Ideen umgesetzt, bleibt manches Unternehmen auf der Strecke. Die negativen Auswirkungen für den Standort Deutschland überwiegen.“

 

„Aus der Zeit gefallen“

 

Keine Gnade vor Herrn Große Entrup findet schließlich Die Linke. Deren Wahlprogramm „fehlen ernsthafte industriepolitische Ideen für ein zukunftsfestes Deutschland. Die Linke denkt und argumentiert in überkommenen Mustern. Sie ignoriert die Bedeutung der Industrie und ihrer Beiträge für eine nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft. Deshalb propagiert sie überholte Konzepte. Mehr Regulierung, Verstaatlichung und Steuererhöhungen wirken aus der Zeit gefallen. Diese Ideen führen am Industriestandort Deutschland zu Rückschritt statt Fortschritt“.

 

Verwunderlich ist das alles wohl nicht: Große Entrup begann seine Berufslaufbahn als Referent in der CDU-Bundestagsfraktion. Nach leitenden Tätigkeiten für BASF und Bayer wurde er 2019 als Nachfolger Utz Tillmanns VCI-Hauptgeschäftsführer. Seiner angestammten Partei ist Große Entrup weiter verbunden. Unter anderem ist er Mitglied des sogenannten „Wirtschaftsrats der CDU“. Laut einer aktuellen Studie von Lobbycontrol ist dieser formell gesehen keine Parteiorganisation, sondern ein Verband von etwa 12.000 deutschen Unternehmen und Unternehmern, „die sich als CDU-nah verstehen. Wichtig ist aber auch: De facto agiert der Wirtschaftsrat trotzdem wie ein Parteigremium“.

 

Zur als rechtsextrem geltenden AfD äußerte sich der VCI in Bezug auf die Bundestagswahl bisher übrigens nicht.