Boehringer Ingelheim: Doch kein neues Werk in Bruck an der Leitha

Noch im Frühling 2022 wurde die österreichische Biopharma-Branche von einer Welle der Euphorie getragen: Kaum war das LSCC, die neue Zellkulturproduktion von Boehringer Ingelheim in Wien, im Oktober 2021 eröffnet worden, wurde eine weitere Großinvestition vergleichbaren Maßstabs in Niederösterreich verkündet. Rund 1,2 Milliarden Euro wollte das deutsche Pharmaunternehmen am Wirtschaftspark in Bruck an der Leitha in eine biotechnologische Produktionsstätte mit rund 185.000 Litern Fermentationsvolume investieren, um – wie es damals hieß – sowohl Auftrags- als auch Eigenproduktion mit wechselndem Erzeugungsmix durchführen. Nun wurde das Projekt gestoppt.

Bild: Boehringer Ingelheim

Begründet wird das mit der Entwicklung der eigenen Arzneimittelprojekte: „Unsere Pipeline hat sich überraschend schnell verändert“, sagt Matthias Sturm, Pressesprecher der Österreich-Tochter Boehringer Ingelheim RCV im Gespräch mit dem Chemiereport. 25 neue Wirkstoffe will der Konzern bis 2030 zur Markteinführung bringen, viele davon seien Moleküle, die mittels chemischer Synthese hergestellt werden („New Chemical Entities“) oder Biologika, für die man andere Herstellungstechnologien benötige als die für Bruck an der Leitha geplante Zellkultur-Fermentation. Eine Evaluierung habe daher eine veränderte Priorisierung ergeben.

 

Keine Auswirkungen auf andere Standorte

„Die Mitarbeiter des Projektteams gehen wieder an ihre bisherigen Standorte zurück. Mit der Freisetzung von Mitarbeitern ist die Entscheidung nicht verbunden“, wie Sturm auf Nachfrage betonte. Auch Auswirkungen auf den Wiener Standort gebe es keine. Philipp von Lattorff, der Anfang Juli von der Position des Generaldirektors in den Aufsichtsratsvorsitz von Boehringer Ingelheim RCV wechselte, informierte die Landespolitik persönlich über die Entscheidung. Die zeigte sich entsprechend enttäuscht und sprach von einem schweren Schlag für den Wirtschaftsstandort.