Emissionsarme Coatings im Wandel der Zeit

Das Lackinstitut des Wiener <a href=http://www.ofi.co.at>ofi</a> feiert 25 Jahre. Eingedenk dessen ließ die österreichische Lackbranche die Entwicklung emissionsarmer Beschichtungen Revue passieren. Der Chemie Report war Zaungast der Jubiläums-Fachtagung. <% image name="Farbtoepfe" %><p> Polyurethane und die ebenso Ende der 1930er Jahre erfundenen Epoxid-Harze bilden bis heute die wichtigsten Rohstoffe der Lackindustrie. Allerdings: Waren um 1900 noch rund 100 Rohstoffe für die Lackproduktion zugänglich, so sind es heuer - theoretisch - bereits mehr als 4.000. In den 1980er Jahren kam es allerdings - im Rückenwind der Atomkraft-Debatte und der Hainburg-Besetzung - zu einer völlig neuen Bewertung der vorhandenen Rohstoffbasis. Als Folge wurden zahlreiche toxikologisch bedenkliche Rohstoffe aus den lösemittelhältigen Produkten kurzerhand verboten. <% image name="Wasserfarben" %><p> <b>Funktionelle Lacke.</b> Mit der veränderten Rohstoffbasis ging auch eine Veränderung der Forschungsziele einher. Waren vor 25 Jahren noch ein höherer Glanz oder eine raschere Trocknung der Lacke die - insgesamt wenig anspruchsvollen - Entwicklungsziele der Industrie, so sieht das heute radikal anders aus: Am F&E-Programm stehen heute längst nicht nur optische Verbesserungen sowie der Korrosionsschutz, sondern zunehmends Funktionalitäten. Die Lacke sollen einen Brand-, Licht- oder Kratzschutz bieten, sie sollen selbstreinigend, isolierend, ableitend, besonders stark reflektierend oder temperaturwechselnd sein. Oder sie sollen besondere Barriere-Effekte für Kunststoffe oder Blutabnahmesysteme liefern. "Die große Herausforderung", so Rembrandtin-Chef Hubert Culik, "liegt immer mehr in der Gesamtübernahme von Beschichtungsanlagen in der Industrie." Ganze Systemlösungen werden also vermehrt gefordert. Und eingedenk von REACH werde in 7-10 Jahren die Verfügbarkeit von Rohstoffen noch einmal massiv zurückgehen. <% image name="Adler_Pinsel_in_Dose" %><p> Doch der Reihe nach. Waren es in den 1980er Jahren einzelne Verbindungen, die aus den Rezepturen verbannt wurden, so war in den 1990er Jahren - im Zuge der "Waldsterbe-Diskussion" und "Ozon-Problematik" - vor allem die Reduktion der Emissionen organischer Lösemitteln bei Farben und Lacken gefordert. Die Antwort der Industrie darauf waren Wasserlacke, Pulverlacke, die Kunststofflackierung, die Weiterentwicklung der High-Solid-Beschichtungen, strahlungshärtbare Lacksysteme sowie Coil Coatings, wie sie die voestalpine vorantreibt. Kurz: Lösemittel reduzieren, Festkörperanteil erhöhen und Auftrags-Wirkungsgrad verbessern - das waren die neuen Maximen der Lackindustrie geworden. <b>Wasserlacke etablieren sich.</b> Alfred Keiler, der Technik-Leiter der Adler-Lackfabrik im Tiroler Schwaz, erinnert sich: "Der Umstieg von Lösemittel- zu Wasserlacken bedeutete für uns zunächst, dass wir alle bisherigen Produktions-Parameter vergessen konnten. Alleine das Screening nach geeigneten Farbstoffen währte sodann 1 Jahr lang; als Bindemittel konnten die wasserlöslichen Isocyanate zudem nur als Emulsionen verwendet werden. Und nachdem mit den Wasserlacken die Emissionsproblematik aus der Luft in das Wasser verlegt wurde, mussten wir in ein 6,2 Mio € teures Reststoff-Recycling investieren." Nach "5 Jahren Schwerstarbeit" waren schließlich alle erforderlichen Normen erfüllt, um erstmals wasserverdünnbare Möbellacke in Österreich verkaufen zu können. Heute beträgt der Anteil der Wasserlacke an der Gesamtproduktion von Adler 65 %, eine Steigerung auf rund 70 % hält Keiler für realistisch (vor allem im Kleingewerbe ist die Umstellung auf Wasserlacke zum einen nicht verpflichtend, zum anderen oft zu aufwändig). Die Vorteile der Wasserlacke machen sich vor allem in der Fensterbeschichtung bemerkbar - hier kann die Einglasungszeit um 1 Tag verringert werden. Zudem ermöglicht der Umstieg auf Wasserlacke bei Industriebetrieben auch Einsparungen in Millionenhöhe, weil eine Abluftreinigung entfällt und die Lackkosten als solche um rund 30 % sinken. <b>Pulverlacke erobern untypische Substrate.</b> Während Wasserlacke primär für die Beschichtung von Holz gedacht sind, zielen Pulverlacke vor allem auf metallische Oberflächen ab. Hier verfügt Österreich mit Tiger Coatings Austria den sechstgrößten Hersteller in Europa (hinter Akzo Nobel, Rohm & Haas, Du Pont, BASF und Jotun). Tiger-Manager Wolfgang Scheinecker erklärt: "Als Pulverlacke kommen heute üblicherweise Duroplaste zum Einsatz, die nach dem Aufschmelzen chemisch vernetzt werden. Und zwar mit Hydroxyalkylamid, Glycidester, Epoxydharz, Isocyanaten oder - was insbesondere in Europa derzeit stark im Kommen ist - aliphatischen Dicarbonsäuren." Die Vorteile der Pulverlacke liegen neben dem hohen Festkörpergehalt und der Lösemittelfreiheit vor allem in der einfachen Handhabung - sie werden elektrostatisch oder triboelektrisch versprüht -, der einfachen Automation sowie einem hohen Wirkungsgrad bei der Rückgewinnung. Allerdings sind damit nur Schichtdicken bis maximal 40 µm und das Auftragen nur auf thermostabilen Werkstoffen möglich. Derzeit erobern laut Scheinecker die Pulverlacke teilweise untypische Substrate wie Holz, Glas oder Kunststoff und erzielen auch anspruchsvollere Oberflächeneffekte. Insbesondere die Anforderungen an Wetterechtheit, Oberfläche und Verarbeitbarkeit würden stetig steigen. <% image name="Makrolon_Stegplatten" %><p> <b>Innovative Kunststoffbeschichtungen.</b> Eine Lackproduktion von 24.300 t p.a. bei 2.300 verschiedenen Rezepten betreibt DuPont in Guntramsdorf bei Wien. Besondere Fertigkeiten hat DuPont in der Kunststoffbeschichtung erworben - für die heimische Ski-Industrie fertigt DuPont heute aufklebbare Folienbeschichtungen im Siebdruckverfahren. Diese wasserbasierten Coatings verwenden heute um rund 70 % weniger Lösemittel als früher. Eine Besonderheit von DuPont in Österreich ist auch die Beschichtung von Polycarbonat-Stegplatten, wie sie in Gewächshäusern oder als Bedeckung von Fußballstadien (in Österreich etwa in Ried, Salzburg und Klagenfurt) verwendet werden: Während Bayer - als Weltmarktführer von Polycarbonat - die Stegplatten bereits in der Produktion einfärbt, beschichtet DuPont für Sabic erst danach. Und das ermöglicht zusätzliche Eigenschaften wie etwa eine höhere UV-Stabilität, Easy-to-clean-Eigenschaften sowie Anti-Tropf-Eigenschaften, wie sie vor allem in Schwimmbädern gefordert werden. <table> <td width="120"></td><td><small> <b>25 Jahre ofi-Lackinstitut.</b> 1983 wurde das Österreichische Lackinstitut als Sektion im ofi gegründet. Tätigkeitsschwerpunkte sind Prüfungen und Beurteilungen von Beschichtungen sowie Schadensaufklärungen. Aspekte wie Beständigkeit gegenüber chemischen, thermischen und/oder mechanischen Einflüssen spielen eine wichtige Rolle. So bietet das ofi umfangreiche Prüfmöglichkeiten u.a. für die Bereiche künstliche Bewitterung und Alterung, Temperaturwechselbelastung in Klimakammern, Feuchte- und Salzsprühnebelbelastung, Simulation von Industrieatmosphäre bis zur Hagelschlagsimulation an. Eine weitere Säule sind F&E-Projekte. Diese werden im ofi immer in Kooperation mit Unternehmen umgesetzt. Das ofi-Lackinstitut bietet auch Weiterbildungsseminare für Hersteller und Anwender von Lacken und Beschichtungsstoffen an. Zusätzlich beschäftigt sich das ofi-Lackinstitut mit behaupteten Parkschäden, Transportschäden, sowie dem optischen Erscheinungsbild und der Qualität von Autolackierungen, Sanierungsbeschichtungen für Oldtimer oder Airbrush-Lackierungen. Für Restaurierungsarbeiten ermitteln die ofi-Experten die Materialbasis historischer Fassadenfarben bzw. Lackierungen, untersuchen den Schichtaufbau und die Zusammensetzung von Holzlacken und überprüfen die ausschreibungskonforme Durchführung von Renovierungs- bzw. Sanierungsarbeiten. </small></td> </table> Emissionsarme Coatings im Wandel der Zeit