25 Jahre Nachhaltigkeit

Seit einem Vierteljahrhundert nimmt Österreichs Chemieindustrie am freiwilligen Nachhaltigkeitsprogramm Responsible Care teil. Das wurde nun angemessen gefeiert.

Foto: Sarah-Maria Kölbl
Alles Gute zum „Geburtstag“ : „25 Jahre Responsible Care“ wurden in Guntramsdorf groß gefeiert

 

Rauschend gefeiert werden durfte nicht - zumindest nicht im Sinne der nahen Gumpoldskirchner Weinberge: Am Axalta-Gelände in Guntramsdorf südlich von Wien herrscht striktes Alkoholverbot. Selbst das bei Jubiläen übliche Glaserl Sekt ist nicht gestattet. Und so wurde eben mit Kaffee angestoßen, als am 10. Oktober Vertreter der Chemieindustrie, des Umweltministeriums und der Landes- sowie der Kommunalpolitik zusammenkamen, um „25 Jahre Responsible Care“ zu begehen. Das freiwillige Nachhaltigkeitsprogramm der Branche, kreiert Mitte der 1980er Jahre in Kanada und seit 1992 in Österreich etabliert, lässt sich hierzulande wohl als „Erfolgsstory“ bezeichnen. Insgesamt 33 Betriebe nehmen mittlerweile teil. Kumuliert repräsentieren sie etwa 40 Prozent der Produktion der Chemiebranche und beschäftigen ein Drittel der Mitarbeiter. Allein in den vergangenen 15 Jahren sank die Zahl der Arbeitsunfälle in den beteiligten Unternehmen um 78 Prozent. Ihren Wasserverbrauch verringerten die Firmen um 85 Prozent, ihre NOx-Emissionen um immerhin 55 Prozent, bilanzierte Sylvia Hofinger, die Geschäftsführerin des Fachverbandes der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO). Responsible Care sei heute „das Aushängeschild unserer Branche in Sachen Nachhaltigkeit“.

 

FCIO-Obmann Hubert Culik erläuterte, in vielen Ländern sei Responsible Care lediglich als Lippenbekenntnis betrachtet worden: „Dem gegenüber haben wir das in Österreich sehr ernst genommen und ein Audit mit 300 Fragen etabliert, für das die Unternehmen ein Zertifikat bekommen. Responsible Care war damit das erste Zertifizierungssystem für die Chemieindustrie.“ Ein System wohlgemerkt, das über die gesetzlichen Verpflichtungen in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit und Umwelt teils erheblich hinausgeht. Culik selbst gehörte übrigens zu den heimischen Pionieren des Programms: Seine Rembrandtin Lack GmbH war das zweite Unternehmen in Österreich, das das Zertifikat trug, und der erste österreichische Lackerzeuger, der sich an Responsible Care beteiligte. „Heute tragen junge Manager das System und entwickeln es weiter“, konstatierte Culik.

 

Christian Holzer, der Leiter der Sektion Abfallwirtschaft, Chemiepolitik und Umwelttechnologie im Umweltministerium, resümierte denn auch: „Ich will nicht übertreiben. Aber offenbar ist der Chemieindustrie das Thema Responsible Care so etwas wie eine Herzensangelegenheit. Das macht mich zuversichtlich in Hinblick auf die gesamte Wirtschaft.“ Österreich sei ökonomisch wie auch ökologisch gut unterwegs, „mit einem Wort: ein nachhaltiges Land“. Erfreut zeigte sich Holzer über die Wünsche aus Branchenkreisen, Responsible Care in Richtung Kreislaufwirtschaft weiterzuentwickeln und das Programm möglicherweise auch auf andere Industriezweige auszuweiten. Das gehe genau in die richtige Richtung.

 

Was nicht heißt, dass es um manche Details von Responsible Care keine Kontroversen gäbe. Debatten gibt es etwa um eine neue Leistungskennzahl zum Thema Arbeitssicherheit, die erstmals im kommenden Jahr erhoben wird und für die daher bereits jetzt Daten gesammelt werden müssen. Unternehmensvertretern zufolge ist es unklar, um welche Daten es dabei konkret geht. Die Interpretation, es zählten ausschließlich Arbeitsunfälle, bei denen mindestens ein Mitarbeiter so schwer verletzt wird, dass ein Aufenthalt im Krankenhaus erforderlich ist, gilt als umstritten. „Wir werden uns gut überlegen, ob wir das ausfüllen oder lieber in Kauf nehmen, dass wir bei der nächsten Zertifizierung ein paar Punkte weniger bekommen“, hieß es am Rande der Feier.

 

Wegen derlei Unstimmigkeiten aus Responsible Care auszusteigen, ist aber kein Thema. Das Programm helfe, die Unternehmen fit zu halten, ihre Arbeitsabläufe immer weiter zu verbessern und sie dadurch noch wettbewerbsfähiger zu machen, so der einhellige Tenor in Guntramsdorf. Insgesamt bewähre es sich daher bestens.