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June 27th, 2025

Lack- und Anstrichmittelindustrie: „Erste Anzeichen für Stabilisierung“

Im vergangenen Jahr stieg die Produktionsmenge gegenüber 2023 leicht, der Wert der abgesetzten Produkte blieb stabil. Für heuer ist die Branche vorsichtig optimistisch – trotz mancher Herausforderungen durch die „Regulierungsflut“ auf EU-Ebene.

 

Die wirtschaftliche Entwicklung der österreichischen Lack- und Anstrichmittelindustrie sei 2024 eher „seitwärts“ verlaufen, berichtete Spartenobmann Hubert Culik bei der Jahrespressekonferenz der Branche. Insgesamt erzeugten die 26 Mitgliedsunternehmen der Berufsgruppe mit ihren etwa 2.700 Beschäftigten im vergangenen Jahr rund 133.000 Tonnen Lacke sowie Anstrichmittel, um etwa 2,7 Prozent mehr als 2023 (129.470 Tonnen). Der Wert der abgesetzten Erzeugnisse blieb den Angaben Culiks zufolge mit rund 503 Millionen Euro stabil. Der von 2022 auf 2023 erfolgte Rückgang um etwa 8,6 Prozent konnte damit „nicht aufgeholt werden“, bedauerte Culik: „Die Hoffnungen auf eine Stabilisierung der Märkte haben sich 2024 leider nicht erfüllt. Im Gegenteil: Viele Unternehmen mussten ihre ursprünglichen Jahresziele deutlich nach unten korrigieren.“

Schlecht liefen die Geschäfte vor allem im Bereich der Bautenfarben, was auf die schwache Konjunktur in der Baubranche zurückzuführen ist. Aber auch bei Industrielacken sowie Holz- und Möbellacken wirkte sich die insgesamt nicht überragende Wirtschaftslage aus. Die Nachfrage nach Möbeln blieb mau. Im Segment der Industrielacke brachte die „unsichere wirtschaftliche Gesamtlage“ Auftragsrückgänge mit sich. „Viele Unternehmen agieren derzeit äußerst vorsichtig und verschieben Investitionen in Maschinen oder Anlagen. Das betrifft auch unsere Produkte“, erläuterte Culik. „Verhalten“ war die Lage Culik zufolge im Automobilbereich. Manche Hersteller profitierten von „Nachholeffekten“, andere wiederum sahen sich mit teils erheblicher Zurückhaltung seitens der Kunden konfrontiert.

Für heuer ist die Lackindustrie laut Culik „vorsichtig optimistisch“. Im ersten Quartal stiegen die Umsätze um etwa zwei Prozent, nachdem in den drei Vorjahren „Rück- und Seitwärtsgänge“ verzeichnet wurden. „Wir sehen erste Anzeichen für eine Stabilisierung, vor allem im Exportgeschäft. Auch die Nachfrage im Inland zeigt sich in einzelnen Bereichen wieder etwas lebhafter“, stellte Culik fest.

 

Auslandsgeschäft als „Stabilisierungsfaktor“

 

Als „wichtiger Stabilisierungsfaktor“ erwies sich laut Culik das Auslandsgeschäft. Insgesamt erhöhten sich die Exporte um etwa sechs Prozent. Jene nach Deutschland stiegen wegen der dortigen „leichten Konjunkturerhöhung“ sogar um 20 Prozent an. „Das dürfte allerdings ein Einmaleffekt gewesen sein“, konstatierte der Geschäftsführer der Berufsgruppe Lackindustrie, Klaus Schaubmayr. Der höchste Anstieg war übrigens bei den Ausfuhren nach Belgien zu verzeichnen, die um 33 Prozent zunahmen. Weitgehend weggebrochen ist dagegen das Osteuropa-Geschäft. Russland und Weißrussland sind seit dem Krieg in der Ukraine als Märkte „ausgefallen“, berichtete Culik. Polen, die Slowakei und Ungarn schwächelten zumindest im vergangenen Jahr ebenfalls. Lediglich Bulgarien habe sich einigermaßen zufriedenstellend entwickelt. Insgesamt entfallen rund 80 Prozent der Ausfuhren an Lacken und Anstrichmitteln auf den EU-Raum. Die größten dortigen Märkte waren 2024 Deutschland mit einem Anteil von 39 Prozent und Belgien sowie Italien mit jeweils rund 10,0 Prozent, gefolgt von Polen mit neun und Tschechien mit acht Prozent.

Vom Chemiereport nach der Bedeutung des US-amerikanischen Marktes gefragt, berichtete Schaumayr, die Exporte nach Nordamerika insgesamt hätten im Jahr 2024 rund 30 Millionen Euro betragen: „Das ist gar nicht so wenig. Und der größte Teil davon dürfte wohl auf die USA entfallen sein.“

Nicht zu unterschätzen ist laut Culik, dass europäische Unternehmen wichtige Basischemikalien aus den Vereinigten Staaten beziehen. Angesichts der erratischen Zoll- und Handelspolitik Präsident Donald Trumps empfehle es sich, sich davon durch die Schaffung eigener Erzeugungskapazitäten in Europa so weit wie möglich unabhängig zu machen: „Solche Geschichten wie Trump kann es ja immer wieder geben.“ Und ähnlich, wie sich der US-Präsident heute verhalte, könne sich morgen die Führung einer anderen Wirtschaftsmacht wie China verhalten.

Rohstoffe für die Lackerzeugung in Europa zu herzustellen, lasse sich freilich nicht von heute auf morgen bewerkstelligen, räumte Culik ein: „Das ist eine Sache der kleinen Schritte. Aber jedes Unternehmen sollte sich bemühen und schauen, was es tun kann. Die Optimierung der eigenen Produktion ist ja immer ein Thema.“

 

EU-„Regulierungsflut“

 

Als nicht immer hilfreich für die (Lack-)Industrie erweist sich allerdings die EU mit ihrer „Regulierungsflut“, bedauerten Culik und Schaubmayr. Der grundsätzlich begrüßenswerten Ankündigung, den „Green Deal“ in einen „Clean Industrial Deal“ umzugestalten, seien bis dato noch keine substanziellen Verbesserungen gefolgt. Und das vielzitierte „Omnibus-Paket“ zur Vereinfachung und Abschlankung sei bisher eher im Bürokratiedschungel stecken geblieben. „Wir begrüßen natürlich einzelne Entschärfungen, etwa beim Lieferkettengesetz. Aber den großen Wurf haben wir noch nicht gesehen“, bedauerte Schaubmayr. Offenbar müsse das, was EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vollmundig verkündet habe, erst bei den untergeordneten Ebenen der Kommission Gehör finden: „Bis jetzt diente das Omnibus-Paket eher dazu, die Behörden von ihren Prüfpflichten zu entlasten und weniger dazu, die Lage der Unternehmen zu verbessern.“ Und das könne wohl nicht der Sinn der Sache sein.

Als Beispiel für eine wohl eher wenig geglückte Bestimmung nannte Schaubmayr die Taxonomieverordnung. Auf den ersten Blick habe diese vergleichsweise harmlos ausgesehen: „Dann haben wir uns das genauer angeschaut. Grob gesprochen, zeigt sich ein ähnliches Bild wie beim Lieferkettengesetz. Es heißt zwar, es seien nur die großen Unternehmen betroffen. In Wahrheit schlagen die Bestimmungen bis zu Kleinbetrieben durch.“ Culik berichtete, Kansai Helios in Österreich erhalte immer wieder Anfragen, ob ein Erzeugnis der Bauprodukteverordnung entspreche, „obwohl es im Bausektor gar nicht verwendet wird“. Die Taxonomieverordnung verunsichere offenbar die Kunden.

 

REACH macht Sorgen

 

Sorgen bereiten der Branche auch der Chemical Industry Action Plan, der demnächst veröffentlicht werden soll, und die Revision des Chemikalienmanagementsystems REACH. Zu REACH teilte Schaubmayr dem Chemiereport mit, die (Lack-)Industrie sehe sich außerstande, mit Konzepten wie dem „Generic Risk Approach“ (GRA) und dem „Multi Assessment Factor“ (MAF) zu arbeiten. Der GRA zielt auf die „inhärente Gefahr“ ab, die von Chemikalien ausgehen könnte. Der MAF wiederum rechnet die potenziellen Risiken aufgrund mehrerer Substanzen zusammen und führt so zu noch strengeren Einstufungen von Stoffen und noch niedrigeren Grenzwerten. Laut Schaubmayr ist das „einfach ein Irrweg. Sinnvoll ist einzig und allein der seit Jahrzehnten bewährte risikobasierte Ansatz“.

 

August: Klarheit bei Titandioxid

 

Zumindest in einer seit langem umstrittenen Frage wird es am 13. August Klarheit geben, berichtete Schaubmayr: jener der Verwendung des Weißpigments Titandioxid. Für diesen Tag ist die Entscheidung des Europäischen Gerichts in der Causa angekündigt. Das Plädoyer der zuständigen Generalanwältin vom Feber stimme die Branche zwar wenig optimistisch. Sie hatte sich sinngemäß für ein weitgehendes Verbot ausgesprochen. Ihr Argument: Das zwischenzeitlich aufgehobene, seinerzeit von der EU-Kommission verhängte Verbot basiere auf einer wissenschaftlichen Untersuchung. Und eine solche könne ein Gericht nicht überprüfen. Schaubmayr hielt dazu fest, das Europäische Gericht „muss dieser absurden Argumentation nicht folgen. Wir hoffen jedenfalls, dass es das nicht tun wird“.

Culik resümierte, die Unternehmen der Lack- und Anstrichmittelindustrie investierten „trotz der schwierigen Lage weiter in Forschung, Digitalisierung und umweltfreundliche Technologien. Um diese Anstrengungen aufrechtzuerhalten, brauchen wir dringend planbare Rahmenbedingungen, Rohstoffsicherheit und eine europäische Industriepolitik, die nicht bremst, sondern stärkt“.

 

 

 

 

June 6th

Pharma Legislation bleibt umstritten

Die Branchenverbände halten wenig von dem Vorschlag, mit dem der Rat der EU in die Verhandlungen mit der Kommission und dem Parlament gehen will. Sie drängen auf Nachbesserungen.

 

Polens Gesundheitsministerin Izabela Leszczyna war des (Eigen-)Lobes voll: Was sie im Zuge der polnischen EU-Ratspräsidentschaft in Sachen „Pharma Legislation“ ausgehandelt habe, sei „ein wichtiger Schritt, um sicherzustellen, dass alle Europäer frühzeitig und in gleichem Maße Zugang zu sicheren, erschwinglichen und wirksamen Medikamenten haben. Gleichzeitig stärkt es die Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit unserer Pharmabranche und unterstützt regulatorische Bedingungen, die nötig sind, um klinische Studien sowie die Bedürfnisse des öffentlichen Gesundheitswesens voranzutreiben“. Leszczynas Resümee: „Wir schaffen ein gesünderes, widerstandsfähigeres Europa, das niemanden zurücklässt.“

 

Kritik der EFPIA

 

Weniger euphorisch beurteilte die Pharmaindustrie den vom Rat gebilligten Text, der nun unter der dänischen Ratspräsidentschaft im Trilog mit der Kommission und dem Parlament der EU finalisiert werden soll. Der europäische Branchenverband EFPIA (European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations) sprach von einer „verpassten Chance, um dem europäischen Life-Science-Sektor eine führende Rolle im globalen Wettbewerb zu verschaffen“. Statt des dringend erforderlichen sicheren und zukunftstauglichen Rechtsrahmens sei der Vorschlag der Polen eine Schwächung des Schutzes der Rechte an intellektuellem Eigentum. Dies mache den Standort Europa für die Pharmabranche weniger attraktiv, entmutige Investoren und behindere die Entwicklung innovativer Therapien, und das, ohne den Zugang der Patienten zu Medikamenten zu verbessern.

 

Pharmig hält Kriterien für schwer erreichbar

 

Ähnlich argumentierte der österreichische Pharmaverband Pharmig. Generalsekretär Alexander Herzog erläuterte, der Entwurf Polens beinhalte eine Beibehaltung des derzeit geltenden Datenschutzes von acht Jahren für neue, innovative Arzneimittel. Die zweijährige Marktexklusivität neuer Präparate werde auf ein Jahr verkürzt, könne aber unter bestimmten Voraussetzungen um bis zu zwei Jahre verlängert werden. Das Problem ist laut Herzog: „Die definierten Kriterien zur Verlängerung der Marktexklusivität sind in der Praxis schwer bis gar nicht erreichbar. Der jetzige Kompromisstext des Rates stellt zwar im Vergleich zum Vorschlag der Europäischen Kommission eine Verbesserung dar, im Vergleich zum Status quo jedoch eine Verschlechterung.“

 

Konkret würden in dem Text der polnischen Ratspräsidentschaft drei Bedingungen vorgeschlagen: Erstens müsse im Zuge der klinischen Studien ein relevanter sowie evidenzbasierter Vergleich mit auf dem Markt befindlichen Präparaten erfolgen. Zweitens seien diese Studien in mehreren Mitgliedsstaaten der EU durchzuführen. Drittens habe das betreffende Unternehmen die Zulassung des Medikaments zuerst innerhalb der EU zu beantragen oder einen Antrag binnen längstens 90 Tagen zu stellen, nachdem ein solcher außerhalb der EU erging. Alternativ dazu könne die Verlängerung erfolgen, wenn ein Medikament einen bis dato ungedeckten medizinischen Bedarf befriedige. Herzog zufolge schwächen derlei Vorgaben den Standort Europa, „anstatt ihn zu stärken, wie es vor dem Hintergrund der massiv veränderten geopolitischen Situation dringend notwendig wäre“. Es sei daher dringend erforderlich, den Text im Zuge des Trilogs „nachzujustieren“.

 

FCIO warnt vor Standortschwächung

 

Unterstützung findet Herzog beim Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO). Laut einer Aussendung sieht dieser „nach wie vor die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Pharmaindustrie gefährdet. Die geplanten Einschränkungen beim Schutz des geistigen Eigentums für Pharmaunternehmen mit zusätzlichen bürokratischen Hürden würden Unternehmen daran hindern, neue Medikamente zu entwickeln und in Europa zu produzieren“.

 

Geschäftsführerin Sylvia Hofinger konstatierte, der Text des Rats sei zwar in einigen Punkten besser als der seinerzeitige Vorschlag der EU-Kommission, habe aber nach wie vor seine Tücken: „Wenn wir Forschung erschweren und Investitionen ausbremsen, schwächen wir den europäischen Standort. Das konterkariert auch die Ziele des Green Deal Industrial Plan, der eigentlich die Wettbewerbsfähigkeit Europas stärken soll.“ Jedenfalls werde die angestrebte und angekündigte Ausgewogenheit zwischen einem schnellen EU-weiten Zugang zu Arzneimitteln einerseits und dem nötigen Spielraum für Forschung andererseits mit den geplanten Mechanismen nicht erreicht.

 

Hofinger fügte hinzu, Innovation habe Europa seit je her stark gemacht, „wirtschaftlich, gesellschaftlich und medizinisch. Wenn Europa sich jetzt durch überzogene Regularien weiter schwächt, drohen langfristig Einbußen bei Wertschöpfung, Beschäftigung und Wohlstand“.

 

 

April 22nd

Glyphosat: Bayer erwägt Ausstieg

Laut Vorstandschef Bill Anderson könnten US-amerikanische Rechtsanwaltsgesellschaften den Konzern dazu zwingen, die Vermarktung des umstrittenen Pflanzenschutzmittels einzustellen.

 

Der deutsche Pharma- und Agrochemiekonzern Bayer erwägt, das umstrittene Pflanzenschutzmittel Glyphosat von Markt zu nehmen. In der vor der Hauptversammlung am 25. April verbreiteten Rede Vorstandschef Bill Andersons heißt es dazu, Bayer habe die meisten Prozesse in der Causa gewonnen und bei Schadenersatzzahlungen Reduktionen um bis zu 90 Prozent erreicht. Ferner sei beim Supreme Court der USA beantragt worden, die „entscheidende Frage, ob US-Bundesrecht Klagen wegen angeblich fehlender Warnhinweise in den Bundesstaaten ausschließt“, zu prüfen.

 

Dennoch könne es so nicht weitergehen: „Der Status quo ist keine Option.“ Sowohl für Bayer als auch für die US-amerikanischen Landwirte stehe „viel auf dem Spiel“. Bayer komme „sogar langsam an einen Punkt, an dem uns die Klageindustrie zwingen könnte, die Vermarktung dieses systemkritischen Produktes einzustellen. Das wollen wir nicht, aber wir müssen uns auf alle möglichen Entwicklungen vorbereiten“. Einen Zeitplan für die diesbezüglichen Entscheidungen nennt Anderson in dem vorliegenden Redetext nicht. Er betont jedoch ausdrücklich, 2025 werde „das schwierigste Jahr unseres Turnarounds“.

 

Wie berichtet, verzeichnete Bayer 2024 einen Verlust von 2,55 Milliarden Euro. Für heuer erwartet der Konzern einen Umsatz von 45 bis 47 Milliarden Euro. Das voraussichtliche EBITDA nach Sondereinflüssen wird mit rund 8,0 bis 9,5 Milliarden Euro beziffert. Anlässlich der Präsentation der Bilanzzahlen Anfang März meldete Bayer, bis Ende Jänner 2024 in rund 14.000 von 181.000 anhängigen Verfahren zum Thema Glyphosat einen Vergleich erzielt zu haben. Gegen ein Urteil des State Court of Cobb County im Nordwesten des US-amerikanischen Bundesstaats Georgia vom 21. März ging Bayer in Berufung. Das Geschworenengericht hatte den Konzern verurteilt, zwei Milliarden US-Dollar Strafe und 65 Millionen US-Dollar Schadenersatz wegen des Einsatzes des glyphosathältigen Pflanzenschutzmittels Roundup zu bezahlen.

 

 

 

April 8th

Bundessparte Industrie fordert Entlastungen

Angesichts der schlechten Konjunktur formuliert die Wirtschaftskammer eine Reihe von Forderungen von der Lohnnebenkostensenkung bis zum Stromkostenausgleichsgesetz.

 

Grund zur Freude habe seine Klientel derzeit kaum, betonte der Geschäftsführer der Bundessparte Industrie der Wirtschaftskammer (WKÖ), Andreas Mörk, bei einer Pressekonferenz zur konjunkturellen Lage. Der Wert der produzierten Güter sei 2024 im Vergleich zu 2023 um 6,2 Prozent auf knapp 200 Milliarden Euro gesunken. Zwar verzeichnete die Chemische Industrie „ein leichtes Plus, aber nur, weil die Pharmasparte inkludiert ist. Ohne sie ist die Produktion um rund drei Prozent zurückgegangen“. Und von einer Rückkehr zum Niveau von 2022 könne keine Rede sein.

 

Der Auftragsstand der Unternehmen in der Bundessparte insgesamt habe sich seit 2022 um rund zwölf Milliarden Euro auf 128 Milliarden Euro verringert. Auch diesbezüglich sei es der Chemischen Industrie etwas besser ergangen: „Allerdings gab es in den letzten Jahren rückläufige Tendenzen.“ Und das wirke sich zum Bedauern der Unternehmensführungen auch auf den Stand der Belegschaften aus. Dieser sei 2024 bei insgesamt 461.000 Personen gelegen. Davon seien 438.000 oder um 1,9 Prozent weniger als 2023 Beschäftigte der Unternehmen selbst und 23.000 Leiharbeitskräfte, was einem Rückgang um 15,6 Prozent entspreche. Als Grund nannte Mörk den „stark schwächelnden Außenhandel: Einzelne Fachverbände haben Exportquoten von rund 90 Prozent“. Da sei jede Verwerfung im Welthandel Gift. Zwar hätten Österreichs Unternehmen 2024 Waren im Wert von etwa 16,2 Milliarden Euro in die USA exportiert, um 10,1 Prozent mehr als 2023: „Aber wegen der amerikanischen Zölle hat das natürlich ein Ablaufdatum.“ Die Ausfuhren nach Deutschland wiederum, den wichtigsten Auslandsmarkt der heimischen Industrie, seien um 2,9 Prozent oder 1,7 Milliarden Euro auf 56,8 Milliarden gefallen.

 

Düster ist laut Mörk auch der Ausblick: Laut einer aktuellen Umfrage im Auftrag seiner Bundessparte erwarten die Unternehmen mehrheitlich bestenfalls eine Stagnation: „Das Tal der Tränen ist offenbar noch nicht durchschritten.“ Österreich werde wohl bald in ein weiteres Jahr der Rezession eintreten.

 

Nulllohnrunde für Beamte 

 

Dringend notwendig sind daher Maßnahmen zur Entlastung der Industrie, betonte Spartenobmann Siegfried Menz: „Wir brauchen einfach wieder Wachstum. Und allzu viele Möglichkeiten gibt es leider nicht.“ Um die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie insgesamt zu stärken, müsse die vor allem bei den Lohnkosten und bei den Aufwendungen für Energie sowie Rohstoffe eingreifen: „Die Lohnstück- und Lohnnebenkosten sind jenseits von Gut und böse. Der Faktor Arbeit ist hierzulande um rund vier Prozent stärker belastet als im OECD-Durchschnitt.“ Eine Senkung der Lohnnebenkosten sei daher schlechterdings unverzichtbar. Einmal mehr forderte Menz in diesem Zusammenhang „die ersatzlose Abschaffung des rein arbeitgeberfinanzierten Familienlastenausgleichsfonds“.

 

Überdies sollte ihm zufolge über Nulllohnrunden im öffentlichen Dienst wenigstens nachgedacht werden. Eine Ausnahme dürfe lediglich das Gesundheitswesen bilden. In der Industrie selbst wiederum seien Kollektivvertragsabschlüsse „über der Inflationsrate“ gefährlich. Und dabei gelte es, zu bedenken, dass die Inflation in Österreich über jener im EU-Durchschnitt liege.

 

Nachzudenken sei auch über die neuerliche Einführung der Kurzarbeit, wobei in den ersten drei Monaten erleichtere Bedingungen mit eingeschränkten Prüfungen gelten sollten, empfahl Mörk.

 

Stromkostenausgleich und Gas aus Russland

 

Wünsche hat die Bundessparte Industrie laut Menz ferner hinsichtlich der Energiepolitik: Die Geltung des Stromkostenausgleichsgesetzes (SAG) müsse bis 2030 verlängert werden. Immerhin habe die Regierung im Budget dafür Mittel vorgesehen. Jetzt gehe es um die Umsetzung. Mörk erläuterte, in allen EU-Staaten, die für Österreich als Handelspartner wichtig seien, gebe es längst eine Art SAG: „Und die zwei oder drei Staaten, in denen es das nicht gibt, sind für uns wirtschaftlich nicht von Bedeutung.“

 

Überdies forderte Menz für den Fall eines Friedensschlusses in der Ukraine eine zügige Wiederaufnahme der Gasimporte aus Russland: „Darüber müssen wir reden. Und wir müssen uns auch darüber unterhalten, ob US-amerikanisches LNG von eventuellen Zöllen der EU betroffen sein wird.“ Auf Nachfrage der Redaktion erläuterte Mörk, die WKÖ sei sich bewusst, dass neuerliche Gaseinfuhren aus Russland angesichts der Schäden an den Infrastrukturen eine Vorlaufzeit von etwa zwei Jahren hätten: „Aber wir brauchen einfach weiter Erdgas. Und wir sollten dafür sorgen, dass wir von keinem einzelnen Lieferanten mehr als ein Drittel der benötigten Mengen beziehen.“ Auch eine Abhängigkeit von den USA sei keineswegs wünschenswert.

 

Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer, kurzzeitig bekanntlich Generalsekretär der Wirtschaftskammer, ist über die Wünsche der Bundesspartenvertreter übrigens informiert, berichtete Menz: „Wir haben ihm gesagt, was wir brauchen.“ Und der Minister habe sich durchaus aufgeschlossen gezeigt.

 

 

 

March 24th

Glyphosat-Urteil: Bayer beruft

Der deutsche Agrochemie- und Pharmakonzern nimmt die Verurteilung zu zwei Milliarden US-Dollar Strafe und 65 Millionen US-Dollar Schadenersatz durch ein Gericht in Georgia nicht hin.

 

Der deutsche Agrochemie- und Pharmakonzern Bayer beruft gegen ein Urteil des State Court of Cobb County im Nordwesten des US-amerikanischen Bundesstaats Georgia. Das Geschworenengericht verurteilte ihn am 21. März dazu, zwei Milliarden US-Dollar Strafe und 65 Millionen US-Dollar Schadenersatz wegen des Einsatzes des umstrittenen Pflanzenschutzmittels Roundup (Glyphosat) zu bezahlen.

 

In einer Aussendung betonte Bayer, das Urteil des Gerichts stehe „im Widerspruch zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen und der Bewertungen der Regulierungsbehörden auf der ganzen Welt“. Der Konzern gab sich zuversichtlich, eine Aufhebung des Spruchs oder wenigstens eine Verminderung des aus seiner Sicht „überhöhten und verfassungswidrigen“ Schadenersatzes erreichen zu können. Ihm zufolge hatte das Gericht von Cobb County seinem Antrag auf Klagsabweisung „überwiegend stattgegeben und festgestellt, dass der Kläger die meisten seiner vorgebrachten Klagegründe nicht beweisen konnte“.

 

Ferner untersucht Bayer weitere Fälle, um diese eventuell vom Supreme Court der USA überprüfen zu lassen. Entsprechende Anträge sollen noch heuer ergehen. Mit Entscheidungen des Höchsgerichts ist dem Konzern zufolge spätestens im kommenden Jahr zu rechnen. Bayer betonte, in 17 der 25 letzten Roundup-Verfahren eine Reduktion des geforderten Schadenersatzes „um insgesamt 90 Prozent“ erreicht zu haben. Wie berichtet, hatte der Konzern nach eigenen Angaben bis Ende Jänner in etwa 114.000 von 181.000 anhängigen Verfahren einen Vergleich erzielt.

 

 

March 21st

OMV: Neue ReOil-Anlage in Schwechat

Die Einrichtung ist ein wesentlicher Schritt zur Kommerzialisierung der Technologie. Sie kann jährlich bis zu 16.000 Tonnen an Kunststoffabfällen in Pyrolyseöl umwandeln, ein Ausgangsmaterial für wichtige Basischemikalien.

 

Die OMV errichtete in der Raffinerie Schwechat eine neue ReOil-Anlage zur Herstellung von Pyrolyseöl aus Kunststoffabfällen. Sie hat eine Kapazität von bis zu 16.000 Tonnen pro Jahr, was nach Angaben des Unternehmens „der jährlichen Kunststoffabfallmenge von 160.000 österreichischen Haushalten“ entspricht. Im Labormaßstab erzeugte die OMV ReOil erstmals 2009. Im Jahr 2018 ging eine Pilotanlage in Betrieb, die bis dato rund 2,1 Millionen Tonnen an Sekundärrohstoffen zu Pyrolyseöl verarbeitete. Diese Substanz ist der Ausgangsstoff für Basischemikalien, aus denen sich Produkte des täglichen Gebrauchs erzeugen lassen, von Lebensmittelverpackungen bis zu Kunststoffen für Elektroautos.

 

Generaldirektor Alfred Stern konstatierte, die neue ReOil-Anlage sei „ein bedeutender Meilenstein auf unserem Weg, spätestens bis 2050 klimaneutral zu werden. Als Ergänzung zum mechanischen Recycling verarbeitet ReOil Kunststoffabfälle, die sonst nicht recycelbar wären, und führt sie wieder in die Wertschöpfungskette zurück. Mit unserer Strategie 2030 treiben wir die Kreislaufwirtschaft als Teil unserer verantwortungsvollen Transformation erfolgreich voran“.

 

Vorgesehen ist, in weiterer Folge eine kommerzielle ReOil-Anlage zu bauen, die jährlich bis zu 200.000 Tonnen an Altkunststoffen in Pyrolyseöl umwandeln kann. Am 12. März erhielt die OMV die Zusage der Europäischen Exekutivagentur für Klima, Infrastruktur und Umwelt (CINEA) mit Sitz in Brüssel, das Vorhaben mit bis zu 81,6 Millionen Euro zu fördern. Der OMV zufolge ist dies die höchste öffentliche Förderung, die sie bis dato erhielt.

 

 

 

March 11th

Biontech mit 665 Millionen Euro Verlust

Der Einbruch der Nachfrage nach Impfstoffen gegen Covid-19 hinterließ seine Spuren in der Bilanz 2024 des Mainzer Pharmaunternehmens. Für heuer wird mit einem weiteren kräftigen Umsatzrückgang gerechnet.

 

Einen Verlust von 665,3 Millionen Euro musste das Mainzer Pharmaunternehmen Biontech 2024 hinnehmen, nachdem es 2023 noch einen Gewinn von 930,3 Millionen Euro erwirtschaftet hatte. Allerdings bedeutete auch das bereits einen massiven Einbruch: 2022 hatte Biontech noch rund 9,43 Milliarden Euro Gewinn verbucht. Ähnlich rasant verfielen die Umsatzzahlen. Sie gingen von 17,31 Milliarden Euro im Jahr 2022 um 77,9 Prozent auf 3,82 Milliarden im Jahr 2023 und um weitere 28,0 Prozent auf 2,75 Milliarden Euro im vergangenen Jahr zurück. Der Grund dafür ist im Wesentlichen der rapide Rückgang der Nachfrage nach Impfstoffen gegen Covid-19, stellte Biontech in einer Aussendung fest: „Darüber hinaus verringerten Abschreibungen durch Biontechs Kooperationspartner Pfizer Inc. den Anteil des Unternehmens am Bruttogewinn erheblich, was die Umsatzerlöse negativ beeinflusste.“

 

Bekanntlich hatten Biontech und Pfizer gemeinsam den Covid-19-Impfstoff Comirnaty entwickelt und weltweit vermarktet. Auch in Österreich wurden vergleichsweise erhebliche Mengen davon verabreicht. Die Bedeutung des Vakzins für Biontech macht der Geschäftsbericht deutlich: Vom 2024 erzielten Gesamtumsatz von 2,75 Milliarden Euro entfielen 2,43 Milliarden oder 88,4 Prozent auf Comirnaty. Nur 319 Millionen Euro erwirtschaftete das Unternehmen mit anderen Präparaten.

 

Immunologie als Hoffnungsträger

 

Dies soll sich allerdings nun ändern, kündigte Finanzvorstand Jens Holstein an. Insbesondere setzt Biontech auf den Immunmodulatorkandidaten BNT327 sowie auf seine mRNA-Krebsimmuntherapie-Programme. Vorstandschef und Biontech-Mitgründer Ugur Sahin erwartet für heuer „zahlreiche wichtige Daten-Updates aus unseren klinischen Fokus-Programmen. Wir glauben, dass diese Kandidaten, vorbehaltlich ihrer erfolgreichen Entwicklung und Zulassung, ein disruptives Potenzial haben und den aktuellen Behandlungsstandard verbessern können“.

 

Hoffnung macht Biontech unter anderem, dass die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) die Fortsetzung einer klinischen Phase-3-Studie zum monoklonalen Antikörper BNT316/ONC-392 (Gotistobart) gestattete, der gegen Plattenepithelkarzinome der Lunge zum Einsatz kommen soll. Wie berichtet, hatte die FDA die Studie nach drei Todesfällen Mitte 2024 unterbrochen.

 

Nochmaliger Rückgang

 

Heuer dürfte der Umsatz von Biontech allerdings nochmals um 20 bis 38,2 Prozent zurückgehen und zwischen 1,7 und 2,2 Milliarden Euro liegen, hieß es in einer Aussendung. Zum erwarteten Gewinn oder Verlust machte Biontech keine Angaben. Die Grundlage für die Umsatzprognose bilden unter anderem die Annahmen „relativ stabiler Impfquoten Preisniveaus und Marktanteile“, aber auch „erwartete Umsätze aus einem Pandemievorsorgevertrag mit der deutschen Regierung und erwartete Umsätze aus dem Dienstleistungsgeschäft der Biontech-Gruppe“.

 

 

 

March 6th

Bayer schreibt 2,55 Milliarden Euro Verlust

Zum zweiten Mal in Folge hatte der deutsche Agrochemie- und Pharmakonzern einen Verlust zu verkraften. Laut Vorstandschef Bill Anderson bleibt die Lage auch heuer „herausfordernd“.

 

Einen Verlust von 2,55 Milliarden Euro musste der deutsche Agrochemie- und Pharmakonzern Bayer 2024 hinnehmen, 2023 hatte der Abgang 2,94 Milliarden Euro betragen. Auch beim operativen Ergebnis (EBIT) war ein Verlust zu verzeichnen. Er belief sich laut der am 5. März veröffentlichten Bilanz auf 71 Millionen Euro. Zum Vergleich: 2023 hatte Bayer ein positives EBIT von 612 Millionen Euro erzielt. Der Umsatz war 2024 mit 46,61 Milliarden Euro um 2,2 Prozent niedriger als 2023. Das EBITDA betrug 8,71 Milliarden Euro, um 18,1 Prozent weniger als 2023. Seinen weltweiten Beschäftigtenstand reduzierte Bayer im Lauf des Jahres 2024 um rund 6.900 auf 92.800 Personen.

 

Eine positive Umsatzentwicklung verzeichnete ausschließlich der Bereich Pharmaceuticals (rezeptpflichtige Medikamente). Allerdings hielt sich das Wachstum mit rund 0,3 Prozent auf 18,13 Milliarden Euro in Grenzen. Im Bereich Crop Sciences, also im Agrargeschäft, erlöste Bayer dagegen mit 2,26 Milliarden Euro um 4,3 Prozent weniger als 2023. Im Bereich Consumer Health (rezeptfreie Arzneien) erfolgte ein Rückgang um 2,6 Prozent auf 5,87 Milliarden Euro.

 

Laut Bayer war das Crop-Sciences-Geschäft vor allem durch „niedrigere Preise“ für Pflanzenschutzmittel belastet. Bei den rezeptpflichtigen Medikamenten entwickelten sich nicht zuletzt das Krebsmittel Nubeqa und das Augenmittel Eylea positiv. Der nach wie vor größte Umsatzbringer, der oral verabreichte Gerinnungshemmer Xarelto, verzeichnete dagegen wegen Patentabläufen einen Umsatzrückgang um 14,7 Prozent auf 3,48 Milliarden Euro.

 

Für heuer erwartet Bayer einen Umsatz von 45 bis 47 Milliarden Euro, das EBITDA nach Sondereinflüssen soll sich auf rund 8,0 bis 9,5 Milliarden Euro belaufen.

 

„Unverändert herausfordernd“

 

Konzernchef Bill Anderson konstatierte, Bayer müsse „weiterhin durch unverändert herausfordernde Rahmenbedingungen navigieren. Wir haben noch Arbeit vor uns“. Das heurige Jahr sei „zentral“ für den Konzern und finanziell außerordentlich schwierig. Es gehe nun vor allem darum, die Profitabilität des Agrargeschäfts zu erhöhen. Für 2026 würden bessere Bilanzzahlen erwartet.

 

Unterdessen gehen die Rechtsstreitigkeiten um das umstrittene Pflanzenschutzmittel Glyphosat weiter. Laut Bayer wurde bis Ende Jänner in etwa 114.000 von 181.000 anhängigen Verfahren ein Vergleich erzielt: „Bayer ist überzeugt, gute Argumente zur Verteidigung gegen die erhobenen Ansprüche zu haben, und beabsichtigt, die Sicherheit von Glyphosat und seinen glyphosatbasierten Herbiziden entschieden zu verteidigen.“ Auch die Auseinandersetzungen um angebliche Schädigungen durch das Pflanzenschutzmittel Dicamba und weitere Präparate dauern an.

 

 

 

March 5th

OMV und Adnoc gründen viertgrößten Polyolefinerzeuger der Welt

Mit einem Unternehmenswert von rund 57 Milliarden Euro soll die Borouge Group International ab dem ersten Quartal 2026 auf den internationalen Märkten tätig werden.

 

 

Mit rund 60 Milliarden US-Dollar (57 Milliarden Euro) beziffert die OMV den Wert der Borouge Group International (BGI), eines weltweit agierenden Polyolefinkonzerns, den sie mit der Abu Dhabi National Oil Company (Adnoc) gründen möchte. Die beiden Konzerne hatten seit Anfang Juli 2023 über die Angelegenheit verhandelt. Immer wieder hatte es gerüchteweise geheißen, diese stehe kurz vor dem Abschluss. Ebenso oft folgte das Dementi. Nun aber ist es so weit. Voraussichtlich im ersten Quartal 2026 werde das neue Unternehmen gegründet, berichtete OMV-Generaldirektor Alfred Stern. Ihm zufolge unterstützt dies „die Entwicklung der OMV zu einem führenden Unternehmen für nachhaltige Chemikalien, Kraftstoffe und Energie“.

 

Die BGI entsteht aus der Fusion der Borealis, an der die OMV 75 Prozent und die Adnoc 25 Prozent hält, mit der Adnoc-Tochter Borouge. In die BGI verschmolzen wird ferner die Nova Chemicals, die zu 100 Prozent der Mubadala gehört, einer staatlichen Investmentgesellschaft aus Abu Dhabi. Mit ihr hat die Adnoc vereinbart, die in Nordamerika tätige Nova Chemicals um rund 13 Milliarden Euro zu übernehmen. Um Bewertungseffekte auszugleichen, bringt die OMV 1,6 Milliarden Euro an Barmitteln in die BGI ein. Infolge dessen halten sie und die Adnoc je 46,94 Prozent an der BGI. Die verbleibenden 6,2 Prozent werden an der Wertpapierbörse ADX in Abu Dhabi gehandelt. Ab etwa 2027 ist auch das Listing an der Wiener Börse geplant. OMV-Finanzchef Reinhard Florey ergänzte, die OMV könne die 1,6 Milliarden Euro „direkt aus dem Cash“ finanzieren und den Betrag über den Kapitalmarkt „leicht refinanzieren“.

 

Führende Position

 

Nach Angaben der OMV wird die BGI über Kapazitäten zur Produktion von 12,2 Millionen Tonnen an Polyolefinen sowie 11,4 Millionen Tonnen an Olefinen pro Jahr verfügen. Dies macht sie der OMV zufolge zum viertgrößten Polyolefinerzeuger der Welt. Stern betonte sinngemäß, die BGI sei bestens positioniert, um die Märkte für ihre Erzeugnisse zu bedienen. Die Borealis gehöre zu den führenden Polyolefinanbietern in Europa, ebenso wie die Borouge im Mittleren Osten und die Nova Chemicals in den USA. „Durch den Zugang zu den größten Märkten mit Kostenvorteilen ist die Borouge Group International exzellent positioniert, um eine Wertsteigerung zu erreichen. Wir wollen die Absatzvolumina innovativer Polyolefin-Premiumprodukte substanziell steigern und eine führende Position bei nachhaltigen und kreislauforientierten Lösungen einnehmen“, erläuterte Stern. Mit der BGI entstehe ein wahres „Polyolefin-Powerhouse“.

 

Als Sitz der BGI ist Wien vorgesehen, eine „regionale Zentrale“ wird in Abu Dhabi geschaffen. Die Adnoc nominiert den Präsidenten und vier weitere Mitglieder des Aufsichtsrats, die OMV den Vizepräsidenten und ebenfalls vier Aufsichtsratsmitglieder. „Im Einklang mit den Vorgaben zur Corporate Governance in Österreich“ ziehen überdies „möglicherweise fünf Arbeitnehmervertreter“ in das Aufsichtsgremium ein. Angekündigt wurde, die BGI werde ihren Haupteigentümern jährlich mindestens 2,1 Milliarden Euro an Dividende bezahlen. Davon kann die OMV rund 950 Millionen Euro lukrieren.

 

Starkes organisches Wachstum

 

In einer Aussendung verlautete die OMV, die weltweite Nachfrage nach Polyolefinen steige laut Schätzung von Fachleuten im Zeitraum 2024 bis 2035 um durchschnittlich etwa 3,7 Prozent pro Jahr. Dies ermögliche der BGI ein solides organisches Wachstum. Diese verfüge über eine Reihe hochentwickelter Technologien, unter anderem hinsichtlich des Recyclings von Altkunststoffen sowie hinsichtlich der Produktion von Kunstharzen. Insgesamt werde sie mehr als 16.500 Patente halten.

 

 

 

March 3rd

Pharmig: Regierung muss Wettbewerbsfähigkeit sicherstellen

Auch hinsichtlich der sicheren Versorgung mit Arzneimitteln gibt es mancherlei zu tun, betont der Pharmaindustrieverband.

 

 

Erheblichen Handlungsbedarf hat die neue Bundesregierung in Sachen Gesundheitspolitik, betont der Pharmaindustrieverband Pharmig. Es sei dringend notwendig, „Maßnahmen zu ergreifen, um die Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit des Pharmastandorts Österreich sicherzustellen“, hieß es in einer Aussendung. Dieser zufolge sieht sich die Branche nach wie vor mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert. Sie reichen von einer „wenig wertschätzende Preispolitik“, was Arzneimittel anlangt, über die generell „mangelnde Planbarkeit“, verbunden mit „überbordende(r) Bürokratie und strikte(n) Regularien“.

 

Dazu kämen drohende Belastungen auf europäischer Ebene, etwa durch die EU-Richtlinie bezüglich der Behandlung kommunaler Abwässer. Wie berichtet, will die EU-Kommission zur Finanzierung der kommenden vierten Reinigungsstufe kommunaler Kläranlagen im Wesentlichen die Pharma- sowie die Kosmetikindustrie verpflichten. Dies lehnen die betroffenen Branchen ab, weil sie sich nicht alleine für die mit der Reinigungstufe zu behandelnden Substanzen verantwortlich sehen.

 

Weiter verschärft wird die Situation laut Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog durch das „sehr niedrige Preisniveau am patentfreien Medikamentenmarkt. Es erschwert die kostendeckende Versorgung mit Arzneimitteln für viele Beteiligte in der Wertschöpfungskette. Befristete Regelungen zu Preis- und Erstattungsthemen schaffen zusätzlich Unsicherheit“. Es fehle die von der Pharmaindustrie seit langem gewünschte „sinnvolle und zeitgemäße Nutzenbewertung innovativer Arzneimittel“. Einmal mehr forderte Herzog in diesem Zusammenhang „eine gesetzlich verankerte Wertsicherung von Arzneimittelpreisen, um steigende Kosten abzufedern und die heimische Arzneimittelversorgung abzusichern“.

 

Herzog ergänzte, das neue Regierungsprogramm enthalte immerhin „erste positive Tendenzen“. Abzuwarten bleibe freilich, was davon umgesetzt wird. Jedenfalls aber freue sich die Pharmig, „wenn wir dazu beitragen können, treffsichere Impulse zu setzen“, resümierte Herzog. Mit Gesundheitsministerin Korinna Schumann und Staatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig dürfte es mancherlei zu besprechen geben.

 

 

 

 

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