Archive - 2025
July 8th
Arzneimittelversorgung: Warnung vor Engpässen
08.07.25
von
Klaus Fischer
Laut der Ärztekammer und der Pharmaindustrie sind das Preisband, die Wirkstoffverschreibung und die Kommunale Abwasserrichtlinie der Versorgungssicherheit nicht eben förderlich.
Vor einer weiteren Verschärfung bei der Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln warnt die Österreichische Ärztekammer. Bei einer Pressekonferenz verwies deren Präsident Johannes Steinhart auf das seit kurzem geltende neue Preisband für Arzneimittelspezialitäten, mit dessen Einführung die Preise für die betreffenden Präparate ein weiteres Mal gesenkt wurden. „Wenn die Kostenschraube nun noch weiter angezogen wird, dann könnten noch mehr Medikamente vom österreichischen Markt verschwinden“, betonte Steinhart. Auch die immer wieder diskutierte Wirkstoffverschreibung wäre dem Kammerpräsidenten zufolge alles andere als empfehlenswert. Sie würde lediglich dazu führen, die Logistikkosten der Apotheken zu senken und deren Gewinnspannen zu steigern. Den Patienten bringe sie dagegen nichts, sondern verunsichere diese nur und gefährde im Extremfall deren Gesundheit. „Bei Schluckbeschwerden achten wir beispielsweise auf ein lösliches Präparat. Dieses Wissen über einen Patienten hat aber der Apotheker nicht und so kann es zu gefährlichen Situationen kommen, wenn der Patient trotzdem versucht, das Medikament zu schlucken“, stellte Steinhart fest.
Um die Versorgung der Patienten mit Arzneimitteln sicherzustellen, schlug Steinhart zwei Maßnahmen vor. Erstens müsse die Erzeugung von Medikamenten wieder nach Österreich oder zumindest Europa zurückgeholt werden. Zweitens gelte es, die österreichische „Niedrigpreispolitik“ bei Arzneimitteln zu revidieren. Auf die Frage der Redaktion, welche Maßnahmen er zum „Zurückholen“ der Produktion setzen würde, beschied Steinhart: „Man wird vermutlich Förderungen brauchen. Das wird natürlich etwas kosten.“ Aber einem „wohlhabenden Land“ wie Österreich müsse die Versorgungssicherheit etwas wert sein.
Preise senken „mit Augenmaß“
Hinsichtlich des Preisbandes erläuterte Ernst Agneter, Facharzt für Pharmakologie, Inhaber des Lehrstuhls für Pharmakologie an der Sigmund Freud Privatuniversität sowie Präsident der Gesellschaft der Ärzte in Wien, es sei legitim, die Preise für Generika senken zu wollen. Das müsse jedoch „mit Augenmaß“ geschehen. Das Preisband sei mittlerweile zum fünften Mal angewandt worden. Der Wirkstoff Astorvastatin gegen einen zu hohen Cholesterinspiegel sei 2005 mit einem Fabrikabgabepreis von 33 Euro in den Erstattungskodex aufgenommen worden. Nunmehr liege der Preis für das günstigste Generikium bei 3,24 Euro, was einem Rückgang um 90 Prozent entspreche. Als Referenzpräparat werde jeweils das Medikament mit der geringsten Wirkstoffmenge verwendet: „Das kann nicht sinnvoll sein.“
Im Gespräch mit dem Chemiereport erläuterte Agneter, es gehe nicht darum, das Preisband abzuschaffen. Notwendig sei jedoch, die Anpassung der Preise für Arzneimittel unter Berücksichtigung der Inflation zu ermöglichen. Als sinnvoll erachtet Agneter eine politische Grundsatzdebatte über die Kosten von Arzneimitteln. Gerade aus Kostengründen habe die Industrie die Produktion in einigen wenigen Ländern konzentriert, insbesondere bei Generika. Das wirke sich nicht eben positiv auf die Versorgungssicherheit aus: „Die Globalisierung hat viel gebracht. Aber jede Medaille hat zwei Seiten.“
Unterstützung von der Pharmig
Weitgehend unterstützt wird die Position der Ärztekammer vom Pharmaindustrieverband Pharmig. Dessen Generalsekretär Alexander Herzog warnte wie Steinhart und Agneter vor der Wirkstoffverschreibung. Sie hätte „nur Verunsicherung und sicherlich keinen einzigen Engpass weniger zur Folge“. Herzog ergänzte, letztlich lasse sich das Problem der Versorgung nur auf europäischer Ebene lösen. Entsprechende Maßnahmen seien „ein wichtiger Bestandteil der neuen EU-Pharmagesetzgebung, die sich auf der Zielgerade befindet. Darüber hinaus wird mit Hochtouren an einem Critical Medicines Act gearbeitet, der dieses Problem ebenfalls adressiert. Weiters sorgt seit Anfang des Jahres die European Shortages Monitoring Plattform für mehr Transparenz, um Lieferengpässe auf EU-Ebene besser zu erfassen und gegebenenfalls entgegenwirken zu können. Auch bereits etablierte regulatorische Erleichterungen, etwa für die Abgabe ausländischer Packungen im Falle von Engpässen, führen dazu, dass Patient:innen die gewohnten Arzneimittel erhalten können“. Darüber hinaus müssten die Zulassungsinhaber in Österreich seit kurzem Vorräte bestimmter Arzneimittel anlegen.
Wichtig sei aber auch eine „faire Preispolitik“. Würden die Preise für Arzneimittel zu niedrig angesetzt, sei das der Versorgungssicherheit nicht eben dienlich, warnte Herzog.
Generikaverband schlägt Alarm
Bereits Ende Juni hatte der Präsident des Österreichischen Generikaverbands, Wolfgang Andiel, im Zusammenhang mit dem Preisband Alarm geschlagen. Im Durchschnitt würden monatlich etwa 20 Präparate aus dem Erstattungskodex verschwinden. Dies zeige, dass „Preisregulierungen mit Augenmaß umgesetzt werden“ müssten. Andernfalls sei die sichere Versorgung mit Arzneimitteln gefährdet. Über 80 Prozent jener Generika, deren Marktanteil bei mehr als 60 Prozent liege, würden „in Europa nur noch von einem einzigen großen Anbieter geliefert“. Dazu komme die neue EU-Verordnung zur Arzneimittelbevorratung. Sie verpflichte die Pharmabranche, rund 600 Präparate dauerhaft vorzuhalten, von denen etwa 83 Prozent Generika seien.
Ferner müssten die Generikahersteller nach derzeitigem Stand rund 60 Prozent der Kosten für die kommende vierte Reinigungsstufe kommunaler Kläranlagen tragen, was europaweit Belastungen von bis zu 6,6 Milliarden Euro mit sich bringen könne. Freilich: Klagen gegen die Kommunale Abwasserrichtlinie (KARL) sind seitens der Pharma- und der Kosmetikindustrie im Laufen. Und Branchenvertreter betonten in den vergangenen Monaten, die KARL müsse angepasst werden, um die Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln nicht zu gefährden.
Kasse wimmelt ab
Unbeeindruckt von den Warnungen gab sich der Dachverband der Sozialversicherungsträger. Ihm zufolge sind Befürchtungen, das Preisband könne die Versorgung mit Medikamenten gefährden, „unbegründet“. Gerade bei Generika sei Österreich kein Billigland, sondern ein „Hochpreisland“. Außerdem steige die Zahl der Präparate im Erstattungskodex stetig. „Waren Anfang 2005 noch 5.264 Medikamente gelistet, sind es mit Jänner 2025 bereits 7.759“, hieß es in einer Aussendung.
July 3rd
Pharmaindustrie lobt EU-Life-Sciences-Strategie
03.07.25
von
Klaus Fischer
Dem europäischen Branchenverband EFPIA zufolge ist das Dokument „ein höchst willkommener Schritt für die in Europa tätigen Unternehmen“.
Weitestgehend positiv beurteilt der europäische Pharmaindustrieverband EFPIA die Life-Sciences-Strategie, die die EU-Kommission am 2. Juli vorstellte. Nach Ansicht der EFPIA ist diese „ein höchst willkommener Schritt für die in Europa tätigen Unternehmen“. Die Strategie fokussiere richtigerweise darauf, die Durchführung klinischer Studien zu erleichtern. Ferner begrüßt der Verband das noch für heuer geplante EU-Biotech-Gesetz, mit dem der Kommission zufolge „ein innovationsfreundlicherer Rahmen für alle Biotech-Sektoren“ geschaffen werden soll. Auch die Ankündigung, eine „Koordinierungsgruppe für Biowissenschaften“ (Life Sciences Coordination Board) zu etablieren, „um Politik und Finanzierung sektorübergreifend aufeinander abzustimmen und die Zusammenarbeit mit wichtigen Interessenträgern, einschließlich der Industrie und der Bürgerinnen und Bürger, zu unterstützen“, stößt bei der EFPIA auf Zustimmung. Dies könne helfen, die Strategie in „schnelle, greifbare“ Handlungen umzusetzen.
EFPIA-Generaldirektorin Nathalie Moll konstatierte, es sei „außerordentlich ermutigend, dass die EU-Gesetzgeber die Notwendigkeit erkennen, negative Trends umzukehren und dass sie aktiv nach neuen Investitionen suchen“. Um seine führende Rolle im Pharmasektor zu behaupten, müsse Europa selbst in neuartige Arzneimittel investieren, private Investoren anziehen, sicherstellen, dass die Investitionen rascher zu neuen Behandlungsmöglichkeiten sowie zu Wirtschaftswachstum führen und den Patienten in der EU den Zugang zu den Präparaten ebenso rasch gewährleisten wie in anderen Regionen.
Notwendig sind der EFPIA zufolge ein „funktionierender einheitlicher Markt für klinische Studien“ sowie eine Strategie für die gleichzeitige Durchführung solcher Studien in mehreren EU-Staaten. „Die Arbeit daran muss unverzüglich beginnen“, hieß es in einer Aussendung. Als hilfreich erachtet die EFPIA auch, dass die EU-Kommission über die Programme Horizon Europe und EU4Health rund 300 Millionen Euro bereitstellen möchte, um biowissenschaftliche Innovationen zur Eindämmung des Klimawandels sowie zur Entwicklung neuartiger Impfstoffe und Krebsmedikamente zu fördern.
„Vielversprechende Impulse“
Ähnlich äußerte sich der Geschäftsführer der Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie (DIB), Ricardo Gent. Ihm zufolge enthält die Life-Sciences-Strategie „vielversprechende Impulse, um Forschung, Entwicklung, Produktion zu stärken – und vor allem eingefahrene Strukturen aufzubrechen. Denn Europa kann die nächste Innovationswelle in den Life-Sciences nur dann global anführen, wenn sie gewohnte Denk- und Branchengrenzen überwindet“. Gent zufolge handelt es sich bei „der Biotechnologie“ um eine „ eine universell einsetzbare Technologie, die tiefgreifende Transformationen branchenübergreifend vorantreibt. Ein robustes Biotech-Ökosystem ist auf regulatorische und finanzielle Rahmenbedingungen angewiesen, die diese Integration unterstützen und sie nicht behindern. Ohne dies bleibt das Potenzial der Biotechnologie für die EU reine Theorie“.
Gewichtig und innovativ
Seitens der EU-Kommission hieß es, die Life-Sciences- und Biotechnologieindustrie der EU repräsentiere einen Wert von 1.500 Milliarden Euro oder rund 9,4 Prozent des kumulierten BIP der Mitgliedsstaaten. Überdies beschäftige sie etwa 29 Millionen Personen. Auch zeichne sich die Branche durch außerordentliche Innovationskraft aus. Allein im Jahr 2022 habe sie rund 46,6 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung investiert, was knapp einem Fünftel der einschlägigen Ausgaben der gesamten EU-Industrie entspreche. Gesundheitskommissar Olivér Várhelyi konstatierte, Life Sciences und Biotechnologie schüfen „Wettbewerbsfähigkeit, Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze“. Mit der Strategie ebne die Kommission „den Weg für ein gesünderes, intelligenteres Europa“.
June 27th
Lack- und Anstrichmittelindustrie: „Erste Anzeichen für Stabilisierung“
27.06.25
von
Klaus Fischer
Im vergangenen Jahr stieg die Produktionsmenge gegenüber 2023 leicht, der Wert der abgesetzten Produkte blieb stabil. Für heuer ist die Branche vorsichtig optimistisch – trotz mancher Herausforderungen durch die „Regulierungsflut“ auf EU-Ebene.
Die wirtschaftliche Entwicklung der österreichischen Lack- und Anstrichmittelindustrie sei 2024 eher „seitwärts“ verlaufen, berichtete Spartenobmann Hubert Culik bei der Jahrespressekonferenz der Branche. Insgesamt erzeugten die 26 Mitgliedsunternehmen der Berufsgruppe mit ihren etwa 2.700 Beschäftigten im vergangenen Jahr rund 133.000 Tonnen Lacke sowie Anstrichmittel, um etwa 2,7 Prozent mehr als 2023 (129.470 Tonnen). Der Wert der abgesetzten Erzeugnisse blieb den Angaben Culiks zufolge mit rund 503 Millionen Euro stabil. Der von 2022 auf 2023 erfolgte Rückgang um etwa 8,6 Prozent konnte damit „nicht aufgeholt werden“, bedauerte Culik: „Die Hoffnungen auf eine Stabilisierung der Märkte haben sich 2024 leider nicht erfüllt. Im Gegenteil: Viele Unternehmen mussten ihre ursprünglichen Jahresziele deutlich nach unten korrigieren.“
Schlecht liefen die Geschäfte vor allem im Bereich der Bautenfarben, was auf die schwache Konjunktur in der Baubranche zurückzuführen ist. Aber auch bei Industrielacken sowie Holz- und Möbellacken wirkte sich die insgesamt nicht überragende Wirtschaftslage aus. Die Nachfrage nach Möbeln blieb mau. Im Segment der Industrielacke brachte die „unsichere wirtschaftliche Gesamtlage“ Auftragsrückgänge mit sich. „Viele Unternehmen agieren derzeit äußerst vorsichtig und verschieben Investitionen in Maschinen oder Anlagen. Das betrifft auch unsere Produkte“, erläuterte Culik. „Verhalten“ war die Lage Culik zufolge im Automobilbereich. Manche Hersteller profitierten von „Nachholeffekten“, andere wiederum sahen sich mit teils erheblicher Zurückhaltung seitens der Kunden konfrontiert.
Für heuer ist die Lackindustrie laut Culik „vorsichtig optimistisch“. Im ersten Quartal stiegen die Umsätze um etwa zwei Prozent, nachdem in den drei Vorjahren „Rück- und Seitwärtsgänge“ verzeichnet wurden. „Wir sehen erste Anzeichen für eine Stabilisierung, vor allem im Exportgeschäft. Auch die Nachfrage im Inland zeigt sich in einzelnen Bereichen wieder etwas lebhafter“, stellte Culik fest.
Auslandsgeschäft als „Stabilisierungsfaktor“
Als „wichtiger Stabilisierungsfaktor“ erwies sich laut Culik das Auslandsgeschäft. Insgesamt erhöhten sich die Exporte um etwa sechs Prozent. Jene nach Deutschland stiegen wegen der dortigen „leichten Konjunkturerhöhung“ sogar um 20 Prozent an. „Das dürfte allerdings ein Einmaleffekt gewesen sein“, konstatierte der Geschäftsführer der Berufsgruppe Lackindustrie, Klaus Schaubmayr. Der höchste Anstieg war übrigens bei den Ausfuhren nach Belgien zu verzeichnen, die um 33 Prozent zunahmen. Weitgehend weggebrochen ist dagegen das Osteuropa-Geschäft. Russland und Weißrussland sind seit dem Krieg in der Ukraine als Märkte „ausgefallen“, berichtete Culik. Polen, die Slowakei und Ungarn schwächelten zumindest im vergangenen Jahr ebenfalls. Lediglich Bulgarien habe sich einigermaßen zufriedenstellend entwickelt. Insgesamt entfallen rund 80 Prozent der Ausfuhren an Lacken und Anstrichmitteln auf den EU-Raum. Die größten dortigen Märkte waren 2024 Deutschland mit einem Anteil von 39 Prozent und Belgien sowie Italien mit jeweils rund 10,0 Prozent, gefolgt von Polen mit neun und Tschechien mit acht Prozent.
Vom Chemiereport nach der Bedeutung des US-amerikanischen Marktes gefragt, berichtete Schaumayr, die Exporte nach Nordamerika insgesamt hätten im Jahr 2024 rund 30 Millionen Euro betragen: „Das ist gar nicht so wenig. Und der größte Teil davon dürfte wohl auf die USA entfallen sein.“
Nicht zu unterschätzen ist laut Culik, dass europäische Unternehmen wichtige Basischemikalien aus den Vereinigten Staaten beziehen. Angesichts der erratischen Zoll- und Handelspolitik Präsident Donald Trumps empfehle es sich, sich davon durch die Schaffung eigener Erzeugungskapazitäten in Europa so weit wie möglich unabhängig zu machen: „Solche Geschichten wie Trump kann es ja immer wieder geben.“ Und ähnlich, wie sich der US-Präsident heute verhalte, könne sich morgen die Führung einer anderen Wirtschaftsmacht wie China verhalten.
Rohstoffe für die Lackerzeugung in Europa zu herzustellen, lasse sich freilich nicht von heute auf morgen bewerkstelligen, räumte Culik ein: „Das ist eine Sache der kleinen Schritte. Aber jedes Unternehmen sollte sich bemühen und schauen, was es tun kann. Die Optimierung der eigenen Produktion ist ja immer ein Thema.“
EU-„Regulierungsflut“
Als nicht immer hilfreich für die (Lack-)Industrie erweist sich allerdings die EU mit ihrer „Regulierungsflut“, bedauerten Culik und Schaubmayr. Der grundsätzlich begrüßenswerten Ankündigung, den „Green Deal“ in einen „Clean Industrial Deal“ umzugestalten, seien bis dato noch keine substanziellen Verbesserungen gefolgt. Und das vielzitierte „Omnibus-Paket“ zur Vereinfachung und Abschlankung sei bisher eher im Bürokratiedschungel stecken geblieben. „Wir begrüßen natürlich einzelne Entschärfungen, etwa beim Lieferkettengesetz. Aber den großen Wurf haben wir noch nicht gesehen“, bedauerte Schaubmayr. Offenbar müsse das, was EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vollmundig verkündet habe, erst bei den untergeordneten Ebenen der Kommission Gehör finden: „Bis jetzt diente das Omnibus-Paket eher dazu, die Behörden von ihren Prüfpflichten zu entlasten und weniger dazu, die Lage der Unternehmen zu verbessern.“ Und das könne wohl nicht der Sinn der Sache sein.
Als Beispiel für eine wohl eher wenig geglückte Bestimmung nannte Schaubmayr die Taxonomieverordnung. Auf den ersten Blick habe diese vergleichsweise harmlos ausgesehen: „Dann haben wir uns das genauer angeschaut. Grob gesprochen, zeigt sich ein ähnliches Bild wie beim Lieferkettengesetz. Es heißt zwar, es seien nur die großen Unternehmen betroffen. In Wahrheit schlagen die Bestimmungen bis zu Kleinbetrieben durch.“ Culik berichtete, Kansai Helios in Österreich erhalte immer wieder Anfragen, ob ein Erzeugnis der Bauprodukteverordnung entspreche, „obwohl es im Bausektor gar nicht verwendet wird“. Die Taxonomieverordnung verunsichere offenbar die Kunden.
REACH macht Sorgen
Sorgen bereiten der Branche auch der Chemical Industry Action Plan, der demnächst veröffentlicht werden soll, und die Revision des Chemikalienmanagementsystems REACH. Zu REACH teilte Schaubmayr dem Chemiereport mit, die (Lack-)Industrie sehe sich außerstande, mit Konzepten wie dem „Generic Risk Approach“ (GRA) und dem „Multi Assessment Factor“ (MAF) zu arbeiten. Der GRA zielt auf die „inhärente Gefahr“ ab, die von Chemikalien ausgehen könnte. Der MAF wiederum rechnet die potenziellen Risiken aufgrund mehrerer Substanzen zusammen und führt so zu noch strengeren Einstufungen von Stoffen und noch niedrigeren Grenzwerten. Laut Schaubmayr ist das „einfach ein Irrweg. Sinnvoll ist einzig und allein der seit Jahrzehnten bewährte risikobasierte Ansatz“.
August: Klarheit bei Titandioxid
Zumindest in einer seit langem umstrittenen Frage wird es am 13. August Klarheit geben, berichtete Schaubmayr: jener der Verwendung des Weißpigments Titandioxid. Für diesen Tag ist die Entscheidung des Europäischen Gerichts in der Causa angekündigt. Das Plädoyer der zuständigen Generalanwältin vom Feber stimme die Branche zwar wenig optimistisch. Sie hatte sich sinngemäß für ein weitgehendes Verbot ausgesprochen. Ihr Argument: Das zwischenzeitlich aufgehobene, seinerzeit von der EU-Kommission verhängte Verbot basiere auf einer wissenschaftlichen Untersuchung. Und eine solche könne ein Gericht nicht überprüfen. Schaubmayr hielt dazu fest, das Europäische Gericht „muss dieser absurden Argumentation nicht folgen. Wir hoffen jedenfalls, dass es das nicht tun wird“.
Culik resümierte, die Unternehmen der Lack- und Anstrichmittelindustrie investierten „trotz der schwierigen Lage weiter in Forschung, Digitalisierung und umweltfreundliche Technologien. Um diese Anstrengungen aufrechtzuerhalten, brauchen wir dringend planbare Rahmenbedingungen, Rohstoffsicherheit und eine europäische Industriepolitik, die nicht bremst, sondern stärkt“.
June 6th
Pharma Legislation bleibt umstritten
06.06.25
von
Klaus Fischer
Die Branchenverbände halten wenig von dem Vorschlag, mit dem der Rat der EU in die Verhandlungen mit der Kommission und dem Parlament gehen will. Sie drängen auf Nachbesserungen.
Polens Gesundheitsministerin Izabela Leszczyna war des (Eigen-)Lobes voll: Was sie im Zuge der polnischen EU-Ratspräsidentschaft in Sachen „Pharma Legislation“ ausgehandelt habe, sei „ein wichtiger Schritt, um sicherzustellen, dass alle Europäer frühzeitig und in gleichem Maße Zugang zu sicheren, erschwinglichen und wirksamen Medikamenten haben. Gleichzeitig stärkt es die Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit unserer Pharmabranche und unterstützt regulatorische Bedingungen, die nötig sind, um klinische Studien sowie die Bedürfnisse des öffentlichen Gesundheitswesens voranzutreiben“. Leszczynas Resümee: „Wir schaffen ein gesünderes, widerstandsfähigeres Europa, das niemanden zurücklässt.“
Kritik der EFPIA
Weniger euphorisch beurteilte die Pharmaindustrie den vom Rat gebilligten Text, der nun unter der dänischen Ratspräsidentschaft im Trilog mit der Kommission und dem Parlament der EU finalisiert werden soll. Der europäische Branchenverband EFPIA (European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations) sprach von einer „verpassten Chance, um dem europäischen Life-Science-Sektor eine führende Rolle im globalen Wettbewerb zu verschaffen“. Statt des dringend erforderlichen sicheren und zukunftstauglichen Rechtsrahmens sei der Vorschlag der Polen eine Schwächung des Schutzes der Rechte an intellektuellem Eigentum. Dies mache den Standort Europa für die Pharmabranche weniger attraktiv, entmutige Investoren und behindere die Entwicklung innovativer Therapien, und das, ohne den Zugang der Patienten zu Medikamenten zu verbessern.
Pharmig hält Kriterien für schwer erreichbar
Ähnlich argumentierte der österreichische Pharmaverband Pharmig. Generalsekretär Alexander Herzog erläuterte, der Entwurf Polens beinhalte eine Beibehaltung des derzeit geltenden Datenschutzes von acht Jahren für neue, innovative Arzneimittel. Die zweijährige Marktexklusivität neuer Präparate werde auf ein Jahr verkürzt, könne aber unter bestimmten Voraussetzungen um bis zu zwei Jahre verlängert werden. Das Problem ist laut Herzog: „Die definierten Kriterien zur Verlängerung der Marktexklusivität sind in der Praxis schwer bis gar nicht erreichbar. Der jetzige Kompromisstext des Rates stellt zwar im Vergleich zum Vorschlag der Europäischen Kommission eine Verbesserung dar, im Vergleich zum Status quo jedoch eine Verschlechterung.“
Konkret würden in dem Text der polnischen Ratspräsidentschaft drei Bedingungen vorgeschlagen: Erstens müsse im Zuge der klinischen Studien ein relevanter sowie evidenzbasierter Vergleich mit auf dem Markt befindlichen Präparaten erfolgen. Zweitens seien diese Studien in mehreren Mitgliedsstaaten der EU durchzuführen. Drittens habe das betreffende Unternehmen die Zulassung des Medikaments zuerst innerhalb der EU zu beantragen oder einen Antrag binnen längstens 90 Tagen zu stellen, nachdem ein solcher außerhalb der EU erging. Alternativ dazu könne die Verlängerung erfolgen, wenn ein Medikament einen bis dato ungedeckten medizinischen Bedarf befriedige. Herzog zufolge schwächen derlei Vorgaben den Standort Europa, „anstatt ihn zu stärken, wie es vor dem Hintergrund der massiv veränderten geopolitischen Situation dringend notwendig wäre“. Es sei daher dringend erforderlich, den Text im Zuge des Trilogs „nachzujustieren“.
FCIO warnt vor Standortschwächung
Unterstützung findet Herzog beim Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO). Laut einer Aussendung sieht dieser „nach wie vor die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Pharmaindustrie gefährdet. Die geplanten Einschränkungen beim Schutz des geistigen Eigentums für Pharmaunternehmen mit zusätzlichen bürokratischen Hürden würden Unternehmen daran hindern, neue Medikamente zu entwickeln und in Europa zu produzieren“.
Geschäftsführerin Sylvia Hofinger konstatierte, der Text des Rats sei zwar in einigen Punkten besser als der seinerzeitige Vorschlag der EU-Kommission, habe aber nach wie vor seine Tücken: „Wenn wir Forschung erschweren und Investitionen ausbremsen, schwächen wir den europäischen Standort. Das konterkariert auch die Ziele des Green Deal Industrial Plan, der eigentlich die Wettbewerbsfähigkeit Europas stärken soll.“ Jedenfalls werde die angestrebte und angekündigte Ausgewogenheit zwischen einem schnellen EU-weiten Zugang zu Arzneimitteln einerseits und dem nötigen Spielraum für Forschung andererseits mit den geplanten Mechanismen nicht erreicht.
Hofinger fügte hinzu, Innovation habe Europa seit je her stark gemacht, „wirtschaftlich, gesellschaftlich und medizinisch. Wenn Europa sich jetzt durch überzogene Regularien weiter schwächt, drohen langfristig Einbußen bei Wertschöpfung, Beschäftigung und Wohlstand“.
April 22nd
Glyphosat: Bayer erwägt Ausstieg
22.04.25
von
Klaus Fischer
Laut Vorstandschef Bill Anderson könnten US-amerikanische Rechtsanwaltsgesellschaften den Konzern dazu zwingen, die Vermarktung des umstrittenen Pflanzenschutzmittels einzustellen.
Der deutsche Pharma- und Agrochemiekonzern Bayer erwägt, das umstrittene Pflanzenschutzmittel Glyphosat von Markt zu nehmen. In der vor der Hauptversammlung am 25. April verbreiteten Rede Vorstandschef Bill Andersons heißt es dazu, Bayer habe die meisten Prozesse in der Causa gewonnen und bei Schadenersatzzahlungen Reduktionen um bis zu 90 Prozent erreicht. Ferner sei beim Supreme Court der USA beantragt worden, die „entscheidende Frage, ob US-Bundesrecht Klagen wegen angeblich fehlender Warnhinweise in den Bundesstaaten ausschließt“, zu prüfen.
Dennoch könne es so nicht weitergehen: „Der Status quo ist keine Option.“ Sowohl für Bayer als auch für die US-amerikanischen Landwirte stehe „viel auf dem Spiel“. Bayer komme „sogar langsam an einen Punkt, an dem uns die Klageindustrie zwingen könnte, die Vermarktung dieses systemkritischen Produktes einzustellen. Das wollen wir nicht, aber wir müssen uns auf alle möglichen Entwicklungen vorbereiten“. Einen Zeitplan für die diesbezüglichen Entscheidungen nennt Anderson in dem vorliegenden Redetext nicht. Er betont jedoch ausdrücklich, 2025 werde „das schwierigste Jahr unseres Turnarounds“.
Wie berichtet, verzeichnete Bayer 2024 einen Verlust von 2,55 Milliarden Euro. Für heuer erwartet der Konzern einen Umsatz von 45 bis 47 Milliarden Euro. Das voraussichtliche EBITDA nach Sondereinflüssen wird mit rund 8,0 bis 9,5 Milliarden Euro beziffert. Anlässlich der Präsentation der Bilanzzahlen Anfang März meldete Bayer, bis Ende Jänner 2024 in rund 14.000 von 181.000 anhängigen Verfahren zum Thema Glyphosat einen Vergleich erzielt zu haben. Gegen ein Urteil des State Court of Cobb County im Nordwesten des US-amerikanischen Bundesstaats Georgia vom 21. März ging Bayer in Berufung. Das Geschworenengericht hatte den Konzern verurteilt, zwei Milliarden US-Dollar Strafe und 65 Millionen US-Dollar Schadenersatz wegen des Einsatzes des glyphosathältigen Pflanzenschutzmittels Roundup zu bezahlen.
April 8th
Bundessparte Industrie fordert Entlastungen
08.04.25
von
Klaus Fischer
Angesichts der schlechten Konjunktur formuliert die Wirtschaftskammer eine Reihe von Forderungen von der Lohnnebenkostensenkung bis zum Stromkostenausgleichsgesetz.
Grund zur Freude habe seine Klientel derzeit kaum, betonte der Geschäftsführer der Bundessparte Industrie der Wirtschaftskammer (WKÖ), Andreas Mörk, bei einer Pressekonferenz zur konjunkturellen Lage. Der Wert der produzierten Güter sei 2024 im Vergleich zu 2023 um 6,2 Prozent auf knapp 200 Milliarden Euro gesunken. Zwar verzeichnete die Chemische Industrie „ein leichtes Plus, aber nur, weil die Pharmasparte inkludiert ist. Ohne sie ist die Produktion um rund drei Prozent zurückgegangen“. Und von einer Rückkehr zum Niveau von 2022 könne keine Rede sein.
Der Auftragsstand der Unternehmen in der Bundessparte insgesamt habe sich seit 2022 um rund zwölf Milliarden Euro auf 128 Milliarden Euro verringert. Auch diesbezüglich sei es der Chemischen Industrie etwas besser ergangen: „Allerdings gab es in den letzten Jahren rückläufige Tendenzen.“ Und das wirke sich zum Bedauern der Unternehmensführungen auch auf den Stand der Belegschaften aus. Dieser sei 2024 bei insgesamt 461.000 Personen gelegen. Davon seien 438.000 oder um 1,9 Prozent weniger als 2023 Beschäftigte der Unternehmen selbst und 23.000 Leiharbeitskräfte, was einem Rückgang um 15,6 Prozent entspreche. Als Grund nannte Mörk den „stark schwächelnden Außenhandel: Einzelne Fachverbände haben Exportquoten von rund 90 Prozent“. Da sei jede Verwerfung im Welthandel Gift. Zwar hätten Österreichs Unternehmen 2024 Waren im Wert von etwa 16,2 Milliarden Euro in die USA exportiert, um 10,1 Prozent mehr als 2023: „Aber wegen der amerikanischen Zölle hat das natürlich ein Ablaufdatum.“ Die Ausfuhren nach Deutschland wiederum, den wichtigsten Auslandsmarkt der heimischen Industrie, seien um 2,9 Prozent oder 1,7 Milliarden Euro auf 56,8 Milliarden gefallen.
Düster ist laut Mörk auch der Ausblick: Laut einer aktuellen Umfrage im Auftrag seiner Bundessparte erwarten die Unternehmen mehrheitlich bestenfalls eine Stagnation: „Das Tal der Tränen ist offenbar noch nicht durchschritten.“ Österreich werde wohl bald in ein weiteres Jahr der Rezession eintreten.
Nulllohnrunde für Beamte
Dringend notwendig sind daher Maßnahmen zur Entlastung der Industrie, betonte Spartenobmann Siegfried Menz: „Wir brauchen einfach wieder Wachstum. Und allzu viele Möglichkeiten gibt es leider nicht.“ Um die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie insgesamt zu stärken, müsse die vor allem bei den Lohnkosten und bei den Aufwendungen für Energie sowie Rohstoffe eingreifen: „Die Lohnstück- und Lohnnebenkosten sind jenseits von Gut und böse. Der Faktor Arbeit ist hierzulande um rund vier Prozent stärker belastet als im OECD-Durchschnitt.“ Eine Senkung der Lohnnebenkosten sei daher schlechterdings unverzichtbar. Einmal mehr forderte Menz in diesem Zusammenhang „die ersatzlose Abschaffung des rein arbeitgeberfinanzierten Familienlastenausgleichsfonds“.
Überdies sollte ihm zufolge über Nulllohnrunden im öffentlichen Dienst wenigstens nachgedacht werden. Eine Ausnahme dürfe lediglich das Gesundheitswesen bilden. In der Industrie selbst wiederum seien Kollektivvertragsabschlüsse „über der Inflationsrate“ gefährlich. Und dabei gelte es, zu bedenken, dass die Inflation in Österreich über jener im EU-Durchschnitt liege.
Nachzudenken sei auch über die neuerliche Einführung der Kurzarbeit, wobei in den ersten drei Monaten erleichtere Bedingungen mit eingeschränkten Prüfungen gelten sollten, empfahl Mörk.
Stromkostenausgleich und Gas aus Russland
Wünsche hat die Bundessparte Industrie laut Menz ferner hinsichtlich der Energiepolitik: Die Geltung des Stromkostenausgleichsgesetzes (SAG) müsse bis 2030 verlängert werden. Immerhin habe die Regierung im Budget dafür Mittel vorgesehen. Jetzt gehe es um die Umsetzung. Mörk erläuterte, in allen EU-Staaten, die für Österreich als Handelspartner wichtig seien, gebe es längst eine Art SAG: „Und die zwei oder drei Staaten, in denen es das nicht gibt, sind für uns wirtschaftlich nicht von Bedeutung.“
Überdies forderte Menz für den Fall eines Friedensschlusses in der Ukraine eine zügige Wiederaufnahme der Gasimporte aus Russland: „Darüber müssen wir reden. Und wir müssen uns auch darüber unterhalten, ob US-amerikanisches LNG von eventuellen Zöllen der EU betroffen sein wird.“ Auf Nachfrage der Redaktion erläuterte Mörk, die WKÖ sei sich bewusst, dass neuerliche Gaseinfuhren aus Russland angesichts der Schäden an den Infrastrukturen eine Vorlaufzeit von etwa zwei Jahren hätten: „Aber wir brauchen einfach weiter Erdgas. Und wir sollten dafür sorgen, dass wir von keinem einzelnen Lieferanten mehr als ein Drittel der benötigten Mengen beziehen.“ Auch eine Abhängigkeit von den USA sei keineswegs wünschenswert.
Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer, kurzzeitig bekanntlich Generalsekretär der Wirtschaftskammer, ist über die Wünsche der Bundesspartenvertreter übrigens informiert, berichtete Menz: „Wir haben ihm gesagt, was wir brauchen.“ Und der Minister habe sich durchaus aufgeschlossen gezeigt.
March 24th
Glyphosat-Urteil: Bayer beruft
24.03.25
von
Klaus Fischer
Der deutsche Agrochemie- und Pharmakonzern nimmt die Verurteilung zu zwei Milliarden US-Dollar Strafe und 65 Millionen US-Dollar Schadenersatz durch ein Gericht in Georgia nicht hin.
Der deutsche Agrochemie- und Pharmakonzern Bayer beruft gegen ein Urteil des State Court of Cobb County im Nordwesten des US-amerikanischen Bundesstaats Georgia. Das Geschworenengericht verurteilte ihn am 21. März dazu, zwei Milliarden US-Dollar Strafe und 65 Millionen US-Dollar Schadenersatz wegen des Einsatzes des umstrittenen Pflanzenschutzmittels Roundup (Glyphosat) zu bezahlen.
In einer Aussendung betonte Bayer, das Urteil des Gerichts stehe „im Widerspruch zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen und der Bewertungen der Regulierungsbehörden auf der ganzen Welt“. Der Konzern gab sich zuversichtlich, eine Aufhebung des Spruchs oder wenigstens eine Verminderung des aus seiner Sicht „überhöhten und verfassungswidrigen“ Schadenersatzes erreichen zu können. Ihm zufolge hatte das Gericht von Cobb County seinem Antrag auf Klagsabweisung „überwiegend stattgegeben und festgestellt, dass der Kläger die meisten seiner vorgebrachten Klagegründe nicht beweisen konnte“.
Ferner untersucht Bayer weitere Fälle, um diese eventuell vom Supreme Court der USA überprüfen zu lassen. Entsprechende Anträge sollen noch heuer ergehen. Mit Entscheidungen des Höchsgerichts ist dem Konzern zufolge spätestens im kommenden Jahr zu rechnen. Bayer betonte, in 17 der 25 letzten Roundup-Verfahren eine Reduktion des geforderten Schadenersatzes „um insgesamt 90 Prozent“ erreicht zu haben. Wie berichtet, hatte der Konzern nach eigenen Angaben bis Ende Jänner in etwa 114.000 von 181.000 anhängigen Verfahren einen Vergleich erzielt.
March 21st
OMV: Neue ReOil-Anlage in Schwechat
21.03.25
von
Klaus Fischer
Die Einrichtung ist ein wesentlicher Schritt zur Kommerzialisierung der Technologie. Sie kann jährlich bis zu 16.000 Tonnen an Kunststoffabfällen in Pyrolyseöl umwandeln, ein Ausgangsmaterial für wichtige Basischemikalien.
Die OMV errichtete in der Raffinerie Schwechat eine neue ReOil-Anlage zur Herstellung von Pyrolyseöl aus Kunststoffabfällen. Sie hat eine Kapazität von bis zu 16.000 Tonnen pro Jahr, was nach Angaben des Unternehmens „der jährlichen Kunststoffabfallmenge von 160.000 österreichischen Haushalten“ entspricht. Im Labormaßstab erzeugte die OMV ReOil erstmals 2009. Im Jahr 2018 ging eine Pilotanlage in Betrieb, die bis dato rund 2,1 Millionen Tonnen an Sekundärrohstoffen zu Pyrolyseöl verarbeitete. Diese Substanz ist der Ausgangsstoff für Basischemikalien, aus denen sich Produkte des täglichen Gebrauchs erzeugen lassen, von Lebensmittelverpackungen bis zu Kunststoffen für Elektroautos.
Generaldirektor Alfred Stern konstatierte, die neue ReOil-Anlage sei „ein bedeutender Meilenstein auf unserem Weg, spätestens bis 2050 klimaneutral zu werden. Als Ergänzung zum mechanischen Recycling verarbeitet ReOil Kunststoffabfälle, die sonst nicht recycelbar wären, und führt sie wieder in die Wertschöpfungskette zurück. Mit unserer Strategie 2030 treiben wir die Kreislaufwirtschaft als Teil unserer verantwortungsvollen Transformation erfolgreich voran“.
Vorgesehen ist, in weiterer Folge eine kommerzielle ReOil-Anlage zu bauen, die jährlich bis zu 200.000 Tonnen an Altkunststoffen in Pyrolyseöl umwandeln kann. Am 12. März erhielt die OMV die Zusage der Europäischen Exekutivagentur für Klima, Infrastruktur und Umwelt (CINEA) mit Sitz in Brüssel, das Vorhaben mit bis zu 81,6 Millionen Euro zu fördern. Der OMV zufolge ist dies die höchste öffentliche Förderung, die sie bis dato erhielt.
March 11th
Biontech mit 665 Millionen Euro Verlust
11.03.25
von
Klaus Fischer
Der Einbruch der Nachfrage nach Impfstoffen gegen Covid-19 hinterließ seine Spuren in der Bilanz 2024 des Mainzer Pharmaunternehmens. Für heuer wird mit einem weiteren kräftigen Umsatzrückgang gerechnet.
Einen Verlust von 665,3 Millionen Euro musste das Mainzer Pharmaunternehmen Biontech 2024 hinnehmen, nachdem es 2023 noch einen Gewinn von 930,3 Millionen Euro erwirtschaftet hatte. Allerdings bedeutete auch das bereits einen massiven Einbruch: 2022 hatte Biontech noch rund 9,43 Milliarden Euro Gewinn verbucht. Ähnlich rasant verfielen die Umsatzzahlen. Sie gingen von 17,31 Milliarden Euro im Jahr 2022 um 77,9 Prozent auf 3,82 Milliarden im Jahr 2023 und um weitere 28,0 Prozent auf 2,75 Milliarden Euro im vergangenen Jahr zurück. Der Grund dafür ist im Wesentlichen der rapide Rückgang der Nachfrage nach Impfstoffen gegen Covid-19, stellte Biontech in einer Aussendung fest: „Darüber hinaus verringerten Abschreibungen durch Biontechs Kooperationspartner Pfizer Inc. den Anteil des Unternehmens am Bruttogewinn erheblich, was die Umsatzerlöse negativ beeinflusste.“
Bekanntlich hatten Biontech und Pfizer gemeinsam den Covid-19-Impfstoff Comirnaty entwickelt und weltweit vermarktet. Auch in Österreich wurden vergleichsweise erhebliche Mengen davon verabreicht. Die Bedeutung des Vakzins für Biontech macht der Geschäftsbericht deutlich: Vom 2024 erzielten Gesamtumsatz von 2,75 Milliarden Euro entfielen 2,43 Milliarden oder 88,4 Prozent auf Comirnaty. Nur 319 Millionen Euro erwirtschaftete das Unternehmen mit anderen Präparaten.
Immunologie als Hoffnungsträger
Dies soll sich allerdings nun ändern, kündigte Finanzvorstand Jens Holstein an. Insbesondere setzt Biontech auf den Immunmodulatorkandidaten BNT327 sowie auf seine mRNA-Krebsimmuntherapie-Programme. Vorstandschef und Biontech-Mitgründer Ugur Sahin erwartet für heuer „zahlreiche wichtige Daten-Updates aus unseren klinischen Fokus-Programmen. Wir glauben, dass diese Kandidaten, vorbehaltlich ihrer erfolgreichen Entwicklung und Zulassung, ein disruptives Potenzial haben und den aktuellen Behandlungsstandard verbessern können“.
Hoffnung macht Biontech unter anderem, dass die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) die Fortsetzung einer klinischen Phase-3-Studie zum monoklonalen Antikörper BNT316/ONC-392 (Gotistobart) gestattete, der gegen Plattenepithelkarzinome der Lunge zum Einsatz kommen soll. Wie berichtet, hatte die FDA die Studie nach drei Todesfällen Mitte 2024 unterbrochen.
Nochmaliger Rückgang
Heuer dürfte der Umsatz von Biontech allerdings nochmals um 20 bis 38,2 Prozent zurückgehen und zwischen 1,7 und 2,2 Milliarden Euro liegen, hieß es in einer Aussendung. Zum erwarteten Gewinn oder Verlust machte Biontech keine Angaben. Die Grundlage für die Umsatzprognose bilden unter anderem die Annahmen „relativ stabiler Impfquoten Preisniveaus und Marktanteile“, aber auch „erwartete Umsätze aus einem Pandemievorsorgevertrag mit der deutschen Regierung und erwartete Umsätze aus dem Dienstleistungsgeschäft der Biontech-Gruppe“.
March 6th
Bayer schreibt 2,55 Milliarden Euro Verlust
06.03.25
von
Klaus Fischer
Zum zweiten Mal in Folge hatte der deutsche Agrochemie- und Pharmakonzern einen Verlust zu verkraften. Laut Vorstandschef Bill Anderson bleibt die Lage auch heuer „herausfordernd“.
Einen Verlust von 2,55 Milliarden Euro musste der deutsche Agrochemie- und Pharmakonzern Bayer 2024 hinnehmen, 2023 hatte der Abgang 2,94 Milliarden Euro betragen. Auch beim operativen Ergebnis (EBIT) war ein Verlust zu verzeichnen. Er belief sich laut der am 5. März veröffentlichten Bilanz auf 71 Millionen Euro. Zum Vergleich: 2023 hatte Bayer ein positives EBIT von 612 Millionen Euro erzielt. Der Umsatz war 2024 mit 46,61 Milliarden Euro um 2,2 Prozent niedriger als 2023. Das EBITDA betrug 8,71 Milliarden Euro, um 18,1 Prozent weniger als 2023. Seinen weltweiten Beschäftigtenstand reduzierte Bayer im Lauf des Jahres 2024 um rund 6.900 auf 92.800 Personen.
Eine positive Umsatzentwicklung verzeichnete ausschließlich der Bereich Pharmaceuticals (rezeptpflichtige Medikamente). Allerdings hielt sich das Wachstum mit rund 0,3 Prozent auf 18,13 Milliarden Euro in Grenzen. Im Bereich Crop Sciences, also im Agrargeschäft, erlöste Bayer dagegen mit 2,26 Milliarden Euro um 4,3 Prozent weniger als 2023. Im Bereich Consumer Health (rezeptfreie Arzneien) erfolgte ein Rückgang um 2,6 Prozent auf 5,87 Milliarden Euro.
Laut Bayer war das Crop-Sciences-Geschäft vor allem durch „niedrigere Preise“ für Pflanzenschutzmittel belastet. Bei den rezeptpflichtigen Medikamenten entwickelten sich nicht zuletzt das Krebsmittel Nubeqa und das Augenmittel Eylea positiv. Der nach wie vor größte Umsatzbringer, der oral verabreichte Gerinnungshemmer Xarelto, verzeichnete dagegen wegen Patentabläufen einen Umsatzrückgang um 14,7 Prozent auf 3,48 Milliarden Euro.
Für heuer erwartet Bayer einen Umsatz von 45 bis 47 Milliarden Euro, das EBITDA nach Sondereinflüssen soll sich auf rund 8,0 bis 9,5 Milliarden Euro belaufen.
„Unverändert herausfordernd“
Konzernchef Bill Anderson konstatierte, Bayer müsse „weiterhin durch unverändert herausfordernde Rahmenbedingungen navigieren. Wir haben noch Arbeit vor uns“. Das heurige Jahr sei „zentral“ für den Konzern und finanziell außerordentlich schwierig. Es gehe nun vor allem darum, die Profitabilität des Agrargeschäfts zu erhöhen. Für 2026 würden bessere Bilanzzahlen erwartet.
Unterdessen gehen die Rechtsstreitigkeiten um das umstrittene Pflanzenschutzmittel Glyphosat weiter. Laut Bayer wurde bis Ende Jänner in etwa 114.000 von 181.000 anhängigen Verfahren ein Vergleich erzielt: „Bayer ist überzeugt, gute Argumente zur Verteidigung gegen die erhobenen Ansprüche zu haben, und beabsichtigt, die Sicherheit von Glyphosat und seinen glyphosatbasierten Herbiziden entschieden zu verteidigen.“ Auch die Auseinandersetzungen um angebliche Schädigungen durch das Pflanzenschutzmittel Dicamba und weitere Präparate dauern an.
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