„Alles tun für die Trendwende“

Laut Gesundheitsminister Rudolf Anschober sind die neuen Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie „alternativlos“. Gesundheitsexperten bestätigen das und warnen vor übertriebenen Erwartungen an Impfstoffe.

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Gesundheitsminister Rudolf Anschober: „Dramatisch hohes Niveau“ bei SARS-CoV-2-Infektionen

 

„Wir müssen jetzt alles tun, damit Mitte November die Trendwende erreicht wird“, erklärte Gesundheitsminister Rudolf Anschober am 2. November mit Bezug auf die aktuelle Entwicklung der COVID-19-Pandemie. Vom 1. auf den 2. November seien 23.450 Personen positiv auf das SARS-CoV-2-Virus getestet worden. Seit einigen Tagen verzeichne Österreich ebenso wie die meisten anderen Staaten Europas ein „dramatisch hohes Niveau“ an positiven Testungen. Die Lage sei schwierig. Gelinge es nicht, den Anstieg massiv zu bremsen, könne es in der zweiten Monatshälfte mit der Verfügbarkeit der Intensivbetten „eng werden“. Daher habe die Bundesregierung die am 1. November vom Hauptausschuss des Nationalrates gebilligten Maßnahmen setzen müssen, darunter die Ausgangsbeschränkungen in der Zeit von 20 bis 6 Uhr: „Das ist alternativlos.“ Diese Woche werden die Infektionszahlen weiter steigen. Erst nach rund zehn bis zwölf Tagen ist mit einer Abschwächung zu rechnen, warnte der Minister. Zwar sei die neue COVID-19-Verordnung noch nicht in Kraft. Dennoch solle die Bevölkerung die Kontaktreduktionen „ab sofort leben“. Warum der Infektionsschub Ende Oktober erfolgte, ist laut Anschober noch nicht geklärt.

 

Der Infektiologe Herwig Kollaritsch erläuterte, derzeit stecke eine mit SARS-CoV-2 infizierte Person rund 1,4 weitere Menschen an. Es gelte, diese Reproduktionszahl „drastisch zu senken. Das ist unangenehm, sicher wird es auch Kollateralschäden geben. Aber es alternativlos. Es gibt kein anderes Rezept. Alle übrigen europäischen Staaten machen das. Dass das funktioniert, sehen wir in Israel, wo der zweite Lock-down offensichtlich wirkt“.

 

Zwar heiße es häufig, sobald ein Impfstoff verfügbar sei, sei das Thema COVID-19 erledigt, ergänzte Kollaritsch. Doch dies sei nicht zwangsläufig der Fall, sondern nur, wenn der Impfstoff die Ansteckungskette unterbreche: „Dann können wir die Bevölkerung durchimpfen und zur Herdenimmunität kommen.“ Zwar werden ihm zufolge ab dem ersten Halbjahr 2021 mehrere Vakzine verfügbar sein. Doch sei jeder Impfstoff nur ein „relativer Schutz“, und die Impfung breiter Bevölkerungskreise werde eine „enorme logistische Herausforderung“. Manche der in Entwicklung befindlichen Vakzine müssten bei 180 Grad Celsius gelagert werden: „Das ist nicht so einfach.“ Auch nach der Verfügbarkeit eines oder mehrerer Impfstoffe werde es daher noch über Monate hinweg notwendig sein, die „persönlichen Schutzmaßnahmen“ einzuhalten, also etwa die Abstandsregeln und das Tragen der Mund- und Nasenschutzmasken.