Alpbacher Technologiegespräche holen die Life Sciences auf die Bühne

Unter ungewöhnlichen Bedingungen gingen in diesem Jahr die Alpbacher Technologiegespräche über die Bühne. Deutlich zeigte sich dabei, dass – nicht zuletzt durch COVID-19 – die Life Sciences zurück auf der politischen Agenda sind.  

Bild: ecoplus
V.l.n.r.: Claus Zeppelzauer und Karin Herzog (ecoplus) organisierten bei den Alpbacher Technologiegesprächen eine Diskussionsrunde mit Martin Kainz (Wassercluster Lunz), Martin Brandl (Donau-Univesrität Krems), Franz Dinhobl (EVN Wasser), Andreas Farnleitner (Karl-Landsteiner-Privatuniversität) und Regina Sommer (EVN Wasser).

Die Teilnehmer des diesjährigen Forums Alpbach kommen – erstmals seit seiner Gründung 1945 – nicht im Tiroler Bergdorf zusammen, sondern verfolgen Vorträge und Podiumsdiskussion online und können sich über die Plattform Hopin mit Fragen und Diskussionsbeiträgen zu Wort melden. Einige der Podien finden physisch in Alpbach statt, einige in Wien, manche Referenten haben sich von Ihren jeweiligen Institutionen zugeschaltet.

Die Themenpalette der Technologiegespräche, die am 27. und 28. August stattfanden, reichte dabei von die von Forschungsförderung über Künstliche Intelligenz und Impfstoffentwicklung bis zur internationalen Zusammenarbeit in der Klimaforschung. Polareis-Experte Christian Haas (Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven) und Ozeanforscher Martin Visbeck (Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel) betonten etwa die Lücken im Verständnis des komplexen Wechselspiels zwischen Hydro- und Atmosphäre, die die Wissenschaft zu füllen versuche. Visbeck plädierte in diesem Zusammenhang dafür, wissenschaftliche Daten über alle Grenzen hinweg kostenlos zugänglich zu machen. Einig waren sich beide Forscher mit Klimaschutz-Ministerin Leonore Gewessler aber darin, dass das vorhandene Wissen ausreiche, um zu dringlichem Handeln zum Schutz der Atmosphäre aufzurufen.

 

Die wiederentdeckte gesellschaftliche Relevanz der Life Sciences

Die gesellschaftliche Relevanz, aber auch die Grenzen der biowissenschaftlichen Forschung standen in einer vom Wirtschaftsministerium organisierten Diskussionsrunde im Zentrum, bei der Matthias Beck (Institut für Systematische Theologie und Ethik der Uni Wien) und Sylvia Knapp (Professorin für Infektionsbiologie an der Medizinischen Universität Wien) der Frage nachgingen, nach welchen Kriterien ein Impfstoff gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 – wenn er einmal entwickelt ist – denn gerecht verteilt werden soll und wie ein fairer Preise dafür zustandekommt. Knapp plädierte für das Zusammenspannen von biowissenschaftlicher, juristischer und Public-Health-Kompetenz in einem Pandemieforschungszentrum nach dem Vorbild des deutschen Robert-Koch-Instituts. Zu Wort kam mit Erich Tauber, Geschäftsführer des vom US-Konzern MSD übernommenen Wiener Startups Themis auch einer, der sich in puncto COVID-Impfstoff nicht auf einen „aberwitzigen Wettlauf“ einlassen, sondern lieber langfristige eine „ausgezeichnete Lösung“ liefern will.

Die Life Sciences spielten auch in einer von der niederösterreichischen Wirtschaftsagentur ecoplus organisierten Podiumsdiskussion zum Thema Wasser eine gewichtige Rolle: Gewässerökologen wie Martin Kainz (Wassercluster Lunz) untersuchen die aquatische Nahrungskette, Mikrobiologen wie Andreas Farnleitner (Karl-Landsteiner-Privatuniversität) die natürlichen, aber auch die schädlichen Bakterien, die im Wasser zu finden sind. Die Hygienikerin Regina Sommer (Medizinische Universität Wien) berichtete über Möglichkeiten der Desinfektion von Trinkwasser, Martin Brandl (Donau-Universität Krems) über den Einsatz der Sensortechnik zur Kontrolle von Parametren, die für eine sichere Trinkwasserversorgung erforderlich sind – einer Aufgabe, die angesichts von klimatischen Veränderungen und Bevölkerungskonzentration in den Ballungsräumen zur Herausforderung für Franz Dinhobl, Geschäftsführer des Versorgungsunternehmens EVN Wasser wird.

Auf einem weiteren Podium berichtete Komplexitätsforscher Stefan Thurner über die Probleme, die unzureichende Qualität und mangelnde Zugänglichkeit von Daten bei der epidemiologische Modellierung von COVID-19 bereiteten.