Mehr als 2.000 Projekte hat Bayer MaterialScience derzeit in der Pipeline – 300 Mio € wandern jährlich in die Forschung. Chancen für das Polycarbonat werden im Glazing, in Datenspeicher-Systemen, der Medizintechnik sowie bei – neuerdings auch farbigen – Stegplatten gesehen.<% image name="Makrolon_Glazing" %><p>
<small> Glazing sorgt für transparente Kunststoff-Elemente für das Auto. </small>
Ulrich Liman glaubt fest an den durchsichtigen Auto-Plafond. Transparent, kratzfest, praktisch unzerbrechlich soll er sein: 50 Jahre nach der Einführung von Makrolon – der Bayer-Marke des Polycarbonats – sei die Zeit reif, neben Scheinwerferdeckeln und funktionellen Heckscheiben endlich ganze Auto-Dächer aus Polycarbonat herzustellen. Der smart forfour ist mit diesem Panoramadach bereits in Serie gegangen – jetzt sollen weitere OEMs folgen und so den Polycarbonat-Ausstoß der Bayer-Cracker in noch unerreichte Höhen treiben.
Liman leitet für Bayer MaterialScience die Business Unit Polycarbonates. Er schildert die Vorzüge vom so genannten Glazing mit Makrolon: „Lange Zeit war Makrolon zu wenig kratzfest, zu wenig witterungsbeständig und hatte Probleme mit dem UV-Schutz. Gemeinsam mit Exatec wurde in den letzten Jahren nun eine optimale Oberflächenbeschichtung entwickelt, sodass wir die Autoverscheibung gezielt als Markt bearbeiten können. Dabei wird gewissermaßen die Qualität eines Brillenglases – durch das Spritzgieß- oder -prägevefahren völlig spannungsfrei – in Form gebracht.“ Die Innen- und Außenseiten der Scheiben werden dabei mit einem haftvermittelnden Primer, einem abriebfesten Decklack auf Basis von Polysiloxan sowie einem UV-Absorber versehen. Mit einer speziellen Plasmatechnologie kann noch eine zusätzliche Schicht mit glasähnlicher Härte aufgebracht werden.
Und das hat eine Reihe von Vorteilen: „Dadurch lässt sich einerseits ein Drittel des Gewichts einer Glasscheibe einsparen und der Schwerpunkt verlagern, andererseits auch weitere Funktionalitäten integrieren: In Designkonzepten haben wir etwa den Wischermotor im Heckfenster integriert oder die rückwärtige Lampe in der Seitenscheibe beherbergt. Schließlich eignet sich Makrolon auch für Aufdrucke. In Summe zwar etwas teurer als Glas, dafür aber mit einer ungleich größeren Designfreiheit.“ Nur an die Frontscheibe wagt sich Bayer derzeit noch nicht heran.
<b>Karten.</b> Neben dem Glazing sieht Bayer zahlreiche weitere Wachstumsfelder für Makrolon – in Bereichen, die man vor wenigen Jahren wohl kaum mit Bayer in Verbindung gebracht hätte. Zutrittskontroll-Systeme etwa: Hier setzt Bayer darauf, dass herkömmliche Karten sowohl unsicher sind als auch zu wenig Speicherplatz haben. Lichtsensitive Polymere nutzen dabei das holographische Speicherprinzip, sodass künftig anstelle der heute üblichen 5 KB mehrere MB auf der Karte Platz haben werden. Die Integration dieses Massenspeicher-Prinzips in gängige Hybridkarten sei ohne weiteres möglich. Die Auslieferung des kompletten Systems inklusive Schreib- und Lesegerät sowie einer Lösung zur Iriserkennung ist 2006 geplant. Als „Health Card“ könnte sie so etwa auch Röntgenbilder speichern und als zweite Generation an e-Cards herhalten.
<b>Speicher.</b> Optische Datenspeicher sind bereits seit einigen Jahren in Form von CDs und DVDs das Hauptabsatzgebiet von Makrolon. 2004 wurde weltweit fast jede dritte der insgesamt 45 Mrd. produzierten Scheiben aus Makrolon gefertigt. Zwischen 2000 und 2004 hat sich der Verbrauch von Polycarbonat für optische Speicher jährlich um 20 Prozent von 400.000 auf 800.000 t verdoppelt – rund die Hälfte davon wird heuer für beschreibbare CD- und DVD-Formate verwendet. Bayer sieht sich in diesem Segment für beide alternativen Nachfolgetechnologien gerüstet – Makrolon ist längst sowohl für die Blu-ray-Disc als auch für HD-DVD einsetzbar. Beide Varianten sollen von datenintensiverem High Definition TV profitieren.
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<small> Makrolon wird farbiger: Neue Beschichtungstechnologien machen es möglich. </small>
<b>Platten.</b> Ein nicht unwesentlicher Absatzmarkt für Makrolon ergibt sich auch aus dessen hohen Wärmedämmeigenschaften. Seit Mitte 2003 konnte Bayer Sheet Europe mit ihrer UV Sechsfach-Stegplatte europaweit eine Million Quadratmeter Dachfläche eindecken. Jetzt folgt die Vierfach-Stegplatte mit nur 10 Millimeter Dicke. Die Möglichkeiten, damit Energie einzusparen sind enorm: Mit der 16 Millimeter-Variante lassen sich jährlich pro Quadratmeter Dachfläche 5 Liter Heizöl oder 5,5 Kubikmeter Erdgas einsparen.
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<small> Stegplatten mit hohen Wärmedämm-Eigenschaften. </small>
<b>Flaschen.</b> Bayer rechnet sich auch noch ein hohes Marktpotenzial mit wiederbefüllbaren Trinkwasserflaschen aus. Makrolon würde in dieser Dimension den PET-Flaschen deutlich überlegen sein: Es ist wesentlich kratzfester als PET und kann dank hoher Befülltemperaturen bis zu 100 Mal verwendet werden, während die PET-Flasche eine Einwegverpackung darstellt. Einen Verkaufsboom sollen die Makrolonflaschen vor allem in den Entwicklungs- und Schwellenländern erfahren.
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<small> Marktpotenzial für Trinkwasser-Gallonen in den Entwicklungsländern. </small>
<b>Medizin.</b> Schließlich soll in den nächsten Jahren auch noch der Absatz von Makrolon im Medizintechnik-Bereich überdurchschnittlich wachsen. Traditionelle Einsatzgebiete von Makrolon sind hier Dialysatoren, Blutoxygenatoren und Leitungselemente wie Mehrweghähne. Neueste Anwendung ist die druckfeste Ampulle für das nadellose Injektionssystem „Injex“ – hier wird das Arzneimittel mit kurzem, sehr hohem Druck ohne Einstich unter die Haut gespritzt. Geforscht wird intensiv an Lab on a Chip-Systemen, der minimalinvasiven Chirurgie sowie Filter und Dosiersystem für die Biotechnologie. Generell setzt hier Bayer auf Systeme, welche die Biokompatibilität bis 30 Tage gewährleisten – 75.000 t schwer ist dieser Markt für Makrolon jährlich.
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<small> Druckfeste Ampullen für das nadellose Injektionssystem Injex. </small>Bayers Makrolon-Visionen