Borealis: Verkauf mit „Oligarchie“-Hintergrund

Die Düngersparte geht an einen Mischkonzern, den seinerzeit der umstrittene tschechische Geschäftsmann und Politiker Andrej Babiš gründete.

Foto: Borealis
Mit im Verkaufstalon: die Melaminfabrik der Borealis in Linz

 

Um 810 Millionen Euro will der tschechische Mischkonzern Agrofert das Stickstoffgeschäft der OMV-Tochter Borealis übernehmen. Geplant ist, die Transaktion im zweiten Halbjahr 2022 abzuschließen, teilten die Borealis und die Agrofert in einer Aussendung mit. Wie berichtet, war im März der geplante Kauf der Sparte durch den Chemieriesen Eurochem geplatzt. Der Hintergrund war, dass dieser mehrheitlich dem russischen „Bisnismen“ Andrej Melnicenko gehört bzw. gehörte. Diesen setzte die EU im Zusammenhang mit der Invasion russischer Truppen in der Ukraine vom 24. Feber am 9. März auf ihre Sanktionsliste. Borealis-Vorstandschef Thomas Gangl verlautete damals, sein Unternehmen habe „die jüngsten Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine und den verhängten Sanktionen eingehend geprüft. Infolgedessen haben wir beschlossen, das Angebot von Eurochem für den Erwerb des Stickstoffgeschäfts von Borealis, welches Pflanzennährstoffe, Melamin und technische Stickstoffprodukte umfasst, abzulehnen“.

 

Ganz ohne „Oligarchie“-Hintergrund geht es allerdings auch diesmal nicht ab: Die Agrofert wurde 1993 von dem tschechischen Unternehmer Andrej Babiš gegründet, der von Dezember 2017 bis Dezember 2021 Ministerpräsident seines Landes war und im Zusammenhang mit Steuerbetrugsvorwürfen gehen musste. Gegen die Agrofert laufen Ermittlungen der EU-Kommission wegen des Verdachts, sie habe sich Agrarsubventionen in der Höhe von rund zwei Millionen Euro erschlichen. Auf ihrer Website betont die Agrofert, die Vorwürfe seien haltlos. Mit Babiš habe sie seit längerer Zeit nichts mehr zu tun. Gegen Babiš selbst wird ebenfalls ermittelt. Auch er bestreitet sämtliche Vorwürfe.

 

Auf diese Angelegenheiten gingen die Borealis und die Agrofert in ihrer Aussendung zur geplanten Transaktion nicht ein. Bekannt gegeben wurde lediglich, der tschechische Konzern habe 2021 rund 7,5 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftet. Er umfasse „mehr als 200 Unternehmen und beschäftigt rund 31.000 Mitarbeiter“. Düngerfabriken besitze er in Deutschland, der Tschechischen Republik und der Slowakei.