Die ersten Schritte der Krebsentstehung

Wissenschaftler des IMBA und der Universität Cambridge haben eine Methode zum Einfärben von Krebszellen entwickelt, auch wenn diese noch einzeln in gesundem Gewebe vorliegen

Bild: Yum/IMBA
Konfokale Mikroskopiebilder von Zellen des Mausdünndarms, die mithilfe mit der Red2Onco-Technologie gefärbt wurden: onkogene Mutantenklone in Rot, Wildtyp-Klone in Gelb oder Zyan.

Die Anfärbung von Zellen ist eine der ältesten Vorgehensweisen der experimentellen Erforschung von Krankheiten: Schon Paul Ehrlich konnte Ende des 19. Jahrhunderts verschiedene Zelltypen durch Färbemethoden unterscheiden, die ihm zudem Hinweise auf die Bindungsaffinität bestimmter Verbindungen an zelluläre Strukturen gab. Was damals den Weg in Richtung der ersten synthetischen Arzneimittel bahnte, ermöglicht Forschern heute bösartige Veränderungen schon festzustellen, wenn erst eine einzige Zelle davon betroffen ist. In dieser ersten Phase der Krebsentstehung tritt in einer sogenannten Keimzelle eine erste krebsfördernde Mutation (ein "onkogener Hit") auf, während sie noch vollständig von gutartigem Gewebe umgeben ist. Die bisher verfügbaren histologischen Methoden können diese frühe Entwicklung nicht sichtbar machen.

Ein Forscherteam rund um Bon-Kyoung Koo vom Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (IMBA) und Benjamin D. Simons von der University of Cambridge haben nun ein mehrfarbiges Markierungssystem mit dem Namen „Red2Onco” entwickelt, mit dem sie Epithelgewebe im Darm von Mäusen untersuchten. Sie zielten dabei auf Mutationen in zwei als „Krebsgene“ (Proto-Onkogene) bekannten DNA-Abschnitten, KRAS und PI3K, ab. Dabei zeigte sich, dass schon einzelne bösartige Mutationen das umliegende, nicht mutierte Gewebe deregulieren. Es verliert seine Stammzellen und begünstigt so die territoriale Ausbreitung der mutierten Stammzellen und ihrer Nachkommen. Durch diesen Prozess der „Feldtransformation“ erhöht die Besiedlung des Darmgewebes durch mutierte Zellen die Chance auf weitere onkogene Treffer und die Entstehung des Tumors nimmt ihren Lauf.

Zudem konnten die Autoren zeigen, dass von onkogenen Mutanten ein Signal über das „Bone Morphogenic Protein“ ausgelöst wird, dessen Unterdrückung den negativen Einfluss auf die gesunden Stammzellen abschwächt. Dies könnte den Weg für Interventionsstrategien ebnen, die auf zelluläre Crosstalk-Mechanismen abzielen.

Die Originalarbeit ist in der Zeitschrift Nature erschienen.