Die Gentech-Vision von BASF Plant Science

Die Strategie der <a href=http://www.basf.com/plantscience>BASF</a>, gentechnisch optimierte Nutzpflanzen zu gewinnen, basiert auf einem einzigartigen Konzept: Während <a href=http://www.CropDesign.com>CropDesign</a> in Ghent den Phänotypus der Pflanzen analysiert, untersucht <a href=http://www.metanomics.de>metanomics</a> in Berlin die Veränderungen im Metabolismus der Pflanzen. In Summe macht das „3 bis 4 Jahre F&E-Vorsprung“. Der Chemie Report durfte bei metanomics in die Wachstumskammern und den größten Profiling-Room der Welt blicken. Die Gentech-Vision von BASF Plant Science <% image name="Cropdesign_Glashaus" %><p> <small> Jede gentechnisch veränderte Reispflanze in den Gewächshäusern von CropDesign hat einen Barcode und einen Transponder. So kann sie jederzeit genau identifiziert werden. Im Gewächshaus können sich die Pflanzen bis zur Ernte unter idealen Bedingungen entwickeln. Ihr Wachstum wird vollautomatisch kontrolliert, indem sie regelmäßig fotografiert und vermessen werden. </small> „Als andere noch Gensequenzen gezählt haben, haben wir bereits begonnen, deren Funktionalitäten darzustellen.“ So lautet in Kurzform die visionäre Tat des Arno Krotzky. Der heutige metanomics-Chef war es, der die BASF 1998 davon überzeugte, massiv in die gentechnische Forschung zu investieren. Damit hat er den Grundstein für eine einzigartige Entwicklungsplattform gelegt, die sieben Jahre später mit dem Beginn der Partnerschaft und in Folge mit der Übernahme von CropDesign komplettiert wurde. Metabolic Profiling fand damit die kongeniale Ergänzung im High-throughput Plant Screening. <% image name="Cropdesign_Tissue_Culture_Raum" %><p> <small> Der GMO-Reis wird bei CropDesign zunächst in Gewebekulturräumen, in denen das Klima genau reguliert werden kann, angezogen. Sind die Reispflanzen groß genug, kommen sie bis zur Ernte ins Gewächshaus. </small> <b>Der Hintergrund.</b> Dass die BASF zwischen 2006 und 2008 alleine rund 400 Mio € in die Grüne Biotechnologie investiert und zusätzlich in den nächsten 10 Jahren gemeinsam mit Monsanto weitere 1,2 Mrd € für eine umfangreiche F&E-Partnerschaft bereithält, hat mehrere Gründe. Peter Oakley, er ist Member of the Board of Executive Directors der BASF, zählt vier gewichtige auf: „Erstens nimmt die weltweit verfügbare Ackerfläche pro Einwohner dramatisch ab – waren es 1960 noch rund 4.300 m², sind es heute weniger als 2.200 m² und 2030 werden gerade einmal 1.800 m² erwartet. Die Weltbevölkerung wird in diesen 70 Jahren dann um rund 5,3 Mrd Einwohner zugenommen haben.“ Derzeit würden insbesondere in Asien enorme Ackerflächen der zusätzlich notwendigen Infrastruktur für das Mehr an Menschen geopfert. Trend 2: Energiepflanzen konkurrieren mit konventionellem Anbau. „Wir gehen davon aus, dass 2030 rund 30 % der weltweiten Ackerflächen von rund 1,4 Mrd ha verwendet werden müssen, um etwa 10 % des weltweiten Ölbedarfs zu stillen.“ Hinzu kommt Trend 3: Eine enorme Zunahme im Fleischkonsum: „Es ist ein Fakt, dass in Entwicklungsländern das Wirtschaftswachstum zunächst einmal dazu verwendet wird, um das tägliche Essen mit tierischen Proteinen zu verfeinern – erst danach kommen Fahrräder, Autos und Flatscreens.“ Eine simple Rechnung veranschaulicht die Ausmaße: Wenn 1,3 Mrd Chinesen in den nächsten 10 Jahren jährlich um 1 kg mehr Fleisch pro Jahr konsumieren wollen, bedeutet das 13 Mrd kg Fleisch multipliziert mit 5 kg Getreide je kg Fleisch und dividiert durch rund 3 t je ha Anbaufläche. Ergibt in Summe einen zusätzlichen Bedarf an Agrarflächen von rund 22 Mio ha. Zum Vergleich: Deutschland verfügt gerade einmal über rund 12 Mio ha Anbaufläche. <small> <b>2006</b> wurden auf 102 Mio. ha – das ist etwa die Agrarfläche der EU-22 – GMO-Crops angebaut. 10,3 Mio. Bauern in 22 Ländern vertrauen auf die Grüne Biotechnologie. In der EU wird sie in Frankreich, Portugal, der Slowakei, Spanien, Tschechien und Deutschland verwendet. </small> <% image name="Metanomics_Glashaus" %><p> <small> Gärtner kontrollieren Arabidopsis thaliana kurz vor der Samenernte. Jede der gentechnisch veränderten Modellpflanzen unterscheidet sich von der Nachbarpflanze. Deshalb verhindern Plexiglasröhren, dass sich die Samen vermischen. </small> <b>Die Herausforderung.</b> Ein Commodity-Markt nach dem anderen werde sich daher auch in den nächsten Jahren weiterhin verknappen. „Um all diese Herausforderungen zu meistern, müssen wir in den nächsten 20 Jahren die Produktivität kurzerhand verdoppeln“, sagt Oakley. Die Möglichkeiten dazu sind mit weiteren Düngemitteln, dem Einsatz verbesserter Landmaschinen sowie der Züchtungsverbesserung nur mehr sehr begrenzt. „Die Innovationskurven sind in diesen Bereichen bereits abgeflacht – der John-Deere-Traktor wird auch mit DVD-Ausstattung und Klimaanlage nicht produktiver.“ Was also übrig bleibt, das sind ertragreichere und stressresistentere Sorten – genetisch optimierte Sorten. Genetisch optimiert: Hier gilt es zu bedenken, dass beispielsweise bei Mais die heutigen Hybridsorten eine rund 500jährige Züchtungshistorie aufweisen und daher deren heutiges Genom nur mehr zu 40-60 % ident ist mit den ursprünglichen Sorten. „Was nun die gentechnische Optimierung vorhat, ist aber gerade einmal die Veränderung von 1-2 Genen an den Pflanzen, um den Ertrag bei Mais, Soja, Raps oder Weizen um 20 % zu erhöhen.“ <% image name="Cropdesign_Transformation" %><p> <small> Bei der Transformation: Verschiedene Pflanzengene werden via Agrobakterien gezielt in den Reissamen übergeführt. </small> <b>Der Markt.</b> Die erfolgreiche Veränderung „eines Gens“ kostet – um den Daumen gepeilt – rund 60-80 Mio €. Viel Geld. Allerdings: Hans Kast, der CEO der BASF Plant Science, rechnet damit, „dass die Pflanzenbiotechnologie 2025 ein Marktpotenzial von rund 50 Mrd $“ erreich wird. Die Produkte, die in den nächsten Jahren zur Zulassung anstehen, unterscheiden sich von den bisherigen grundlegend: Während die auf Bacillus thuringensis (Bt) basierenden Produkte ein fremdes, modifiziertes Bakterium benutzen, um besser gegen Insekten oder Herbizide geschützt zu sein, versucht man nun, pflanzeninterne Metabolite zu verändern, um einerseits ertragreicher, andererseits resistenter gegen Kälte, Trockenheit – hier eignen sich insbesondere Gene von Moosen – oder Salz zu werden. „Ein einziger Switch-off-Schalter wird auch bei unserer Amflora-Kartoffel aktiviert“, erklärt Kast. „Er sorgt dafür, dass die Kartoffel kein Amylose, sondern ausschließlich das für die Papier-, Klebstoff und Textilindustrie interessante Amylopectin produziert.“ Kast erwartet die Zulassung von Amflora durch die EU-Kommission noch heuer, sodass die Kartoffel 2008 angebaut werden kann. Von der European Food Safety Authority (EFSA) wurde sie bereits als in jeder Hinsicht „sicher“ eingestuft. Innerhalb 5-10 Jahren soll sie dann jährlich bis zu 30 Mio € an Lizenzeinnahmen einspielen – insbesondere die Stärke- und Papierindustrien zeigen reges Interesse an Amflora. Insgesamt „erntet“ rund 60 % der Wertschöpfung an den GMO-Crops der Bauer, den Rest teilen sich der Technologielieferant sowie die Lieferkette. Frühestens nach 2010 erwartet Kast weitere Zulassungen aus der eigenen Pipeline. <% image name="Metanomics_Gowthchamber" %><p> <small> Eine Gärtnerin prüft den Zustand von GMO-Reis in den Wachstumskammern von metanomics – in diesen Phytotronen wachsen die Pflanzen bis zur Ernte unter exakt kontrollierten klimatischen Bedingungen heran. </small> <b>Die Technologie.</b> Zurück zu Arno Krotzky. Er lässt uns in die Wachstumskammern von metanomics blicken und erklärt das Metabolic Profiling: „Die GMO-Pflanzen werden nach der Ernte via Methanol-Wasser und Methylenchlorid extrahiert – rund 100.000 verschiedene Metabolite finden sich in einer Pflanze – und anschließend in mehrere Fraktionen geteilt.“ Danach wandern die Proben in den größten Profiling-Room der Welt – „eine Jahresproduktion an GC/MS-Geräten von Agilent ist hier aneinandergereiht, insgesamt 56 GC/MS- und 14 LC/MS-Geräte“. Hier kommt Krotzky ins Schwärmen: „Die Metaboliten der Pflanzen sind die besten Diagnose-Sensoren, die es gibt. Was wir hier machen, ist nicht weniger, als rund 10.000 dieser ,Metabolom-Signale“ parallel zu screenen.“ <% image name="Metanomics_Transformation" %><p> <small> Ein Gärtner überträgt neue Gene auf Arabidopsis thaliana. Dazu werden die Pflanzen in eine Lösung mit Agrobakterien getaucht. In den letzten Jahren hat metanomics derart mehr als 300.000 GMO-Pflanzen angezogen. </small> <b>Google der Pflanzen.</b> Aus einer Pflanze wird bei metanomics also zunächst ein grünes Extrakt, anschließend ein Peak des Chromatographen, um am Ende als Datensatz der mächtigen „MetaMap“ aufzugehen. Dieses Bioinformatik-System vernetzt die jeweiligen Gen-Funktionalitäten entsprechend den jeweiligen Umweltbedingungen, unter denen die Pflanze gewachsen ist. „Es ist die größte Genfunktions-Landkarte, die existiert“, sagt Krotzky. Sie beinhaltet mittlerweile 1,5 Mio Metaboliten-Profile für 55.000 Gene, die kompletten Genome von mehreren Pflanzen, Bakterien und Hefen sowie eine Bibliothek mit 31 Mio Pflanzengenen von 9 verschiedenen Sorten. Mehr als 1 Mio proprietäre Gensequenzen und mehrere Hundert Gene in der Wachstumsphase führen dazu, dass durchschnittlich alle 5 Tage ein Patent für eine bestimmte Genfunktionalität erteilt wird. <table> <td><% image name="BASF_Canola" %></td> <td><% image name="BASF_Mais" %></td> </table> <small> Mit Genen aus Moosen und Algen kann Raps mehr Omega-3-Fettsäuren entwickeln. Diese senken das Risiko für Schlaganfall sowie Herz- und Kreislauferkrankungen (links). Ertragreicherer und gegenüber Stressfaktoren wie Trockenheit widerstandsfähigerer Mais soll zwischen 2010 und 2015 marktreif sein. </small> Gespeist wird das Bioinformatik-System der BASF Plant Science aber nicht alleine von metanomics in Berlin. Einen entscheidenden Beitrag liefert auch CropDesign in Belgien. Hier werden 5.000 bis 10.000 verschieden Gene jährlich in Reispflanzen und Arabidopsis thaliana via High-Throughput-Screening getestet, jeden Tag, rund um die Uhr. Während metanomics gewissermaßen in die Pflanze schaut, sorgt dieses phänotypische Screening für den Blick auf die Pflanze: 20 verschiedene Parameter stehen hier unter einer permanenten „Fließband-Beobachtung“ – 6 Bilder je Pflanze, 3.000 digitale Bilder pro Stunde werden hier aufgenommen und analysiert. Von der Wurzel ebenso wie von den Blättern, dem Stiel, der Samenanzahl usw. Bis dato wurden hier derart mehr als 14 Mio Bilder aufgenommen. <table> <td><% image name="BASF_Amflora" %></td> <td><% image name="BASF_Kartoffeln_Pilzresistenz" %></td> </table> <small> Die optimierte Amflora-Kartoffel soll ab 2008 zur Herstellung von Stärke für die Papier-, Textil- und Klebstoffindustrie angebaut werden. In Amflora wurde der Anteil von Amylopectin auf fast 100 % gesteigert (links). BASF hat zudem – mit Genen aus Wildkartoffeln – Kulturkartoffeln entwickelt, die gegen die Kraut- und Knollenfäule resistent sind. Diese Krankheit vernichtet jährlich rund ein Fünftel der Kartoffel-Welternte. Markteinführung: In den nächsten 5-10 Jahren. </small> Blick nach innen, Blick von außen. Was bleibt, das ist ein imposanter Eindruck industrieller Anordnung biotechnischer Gerätschaft. Was ebenso bleibt, das ist die Faszination der Gentechnologie als solcher. Und wovon gar wenig bleibt, das ist der Mythos des so furchtbar Bösen, welcher der Pflanzen-Biotechnologie anhaftet. Marc von Montagu, der Präsident der European Federation of Biotechnology, spricht von einer „disconnection between lab and field“ und der Notwendigkeit eines intensiveren Diskurses: „Molekularbiologen sollten vermehrt mit Land- und Forstwirten sprechen, sich mit Saatzüchtern unterhalten und mit Agrarexperten und Managern von Biobanken reden.“ Was er uns auf den Weg gibt, ist: „Use science, not only emotions ...“