Erster Schritt zur EU-Pharmastrategie
Die EU-Kommission veröffentlichte Anfang Juni die Roadmap zu dem Dokument, das Ende des heurigen Jahres veröffentlicht werden soll.

Bis Jahresende will EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides den Entwurf für die Pharmastrategie der Union präsentieren. Als ersten Schritt veröffentlichte Kyriakides Anfang Juni eine „Roadmap“, zur der Interessierte noch bis 7. Juli Stellung nehmen können. Der Kommissarin zufolge soll die Strategie die erschwingliche, nachhaltige und sichere Versorgung Europas mit Arzneimitteln gewährleisten. „Die COVID-19-Pandemie hat uns deutlicher als je zuvor gezeigt, dass wir ein krisenresistentes System und die Mittel brauchen, um Medikamente in der EU zu erzeugen und so den Patienten und den Krankenhäusern den zeitgerechten Zugang zu wichtigen Arzneimitteln unter allen Umständen garantieren zu können“, betonte Kyriakides.
Insbesondere werden mit der Strategie vier Ziele angestrebt:
Erstens sollen die Patienten in ganz Europa Zugang zu neuen Arzeimitteln erhalten und Arzneimittelknappheiten verhindert werden. Zweitens will die EU-Kommission Medikamente leichter erschwinglich machen und den oft beschworenen Gegenwert für die Gesundheitsausgaben steigern. Drittens wird angestrebt, die Möglichkeiten der Digitalisierung noch umfassender als bisher zu nutzen und zu gewährleisten, dass Innovation, wissenschaftlicher Fortschritt und Technologie den therapeutischen Bedürfnissen der Patienten dienen, und dies mit möglichst geringen Auswirkungen auf die Umwelt. Viertens schließlich soll die Strategie die Abhängigkeit der Europäischen Union von Rohmaterial aus Drittstaaten vermindern und andere Länder dazu veranlassen, die europäischen Qualitäts- sowie Sicherheitsstandards bei der Medikamentenproduktion zu übernehmen, was überdies die Wettbewerbsfähigkeit in der EU beheimateter Pharmakonzerne stärken würde.
Etliche Herausforderungen
Wie es in der Roadmap heißt, erwirtschaftet die europäische Pharmaindustrie mit ihren etwa 842.000 Beschäftigten einen Außenhandelsüberschuss von rund 91 Milliarden Euro, Tendenz steigend. Überdies nimmt die Bedeutung von Technologien wie Artificial Intelligence stark zu. Gleichzeitig sieht sich die EU mit einer alternden Bevölkerung, dem vermehrten Auftreten von Krankheiten sowie globalen Gesundheitsgefahren wie COVID-19 konfrontiert. Hinzu kommen Debatten über Arzneimittelknappheiten und die Erschwinglichkeit von Medikamenten: „Deshalb benötigen wir eine holistische, patientenzentrierte und vorwärtsgerichtete gesamteuropäische Pharmastrategie, die den gesamten Lebenszyklus von Arzneien von der wissenschaftlichen Forschung über die Zulassung bis zur Verabreichung an die Patienten abdeckt.“ Die Kommission sieht etliche Herausforderungen für die Gesundheitspolitik der EU. So wandle sich das globale Umfeld der EU rasch, was gravierende Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Medikamenten haben können. Ein „strukturelles“ Risiko sei die wachsende Abhängigkeit Europas vom Import von Arzneimitteln und deren Bestandteilen. Daher gelte es nicht zuletzt, die Lieferketten ausreichend zu diversifizieren.
Ferner bieten nicht alle EU-Mitgliedsstaaten ihren Bürgern denselben Zugang zu Medikamenten. Probleme dabei sind unter anderem die Arzneimittelkosten, Preismechanismen und die Vermarktungsstrategien der Hersteller. Auch finden Innovationen nicht immer in jenen Bereichen statt, in denen sie von den Patienten und Gesundheitssystemen benötigt werden. Das betrifft etwa neue Antibiotika sowie Mittel gegen Demenz. Dazu kommen Schwierigkeiten, neue Forschungsergebnisse mit geeigneten Förderungen in marktreife Produkte umzusetzen. „Daher wird der ökonomische Wert europäischer Forschung oft in anderen Ländern realisiert“, bedauert die EU-Kommission. Probleme gebe es auch mit regulatorischen Barrieren: Oft genug halte das Recht nicht mit der wissenschaftlichen Entwicklung Schritt. Für all diese Herausforderungen werde die Pharmastrategie Lösungsansätze zu entwickeln haben.