EU-Industriepolitik: Die Richtung stimmt

An Herausforderungen ist laut einer neuen Studie des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche kein Mangel. Allerdings lassen sich diese durchaus bewältigen.

Foto: Voestalpine
„Ererbte“ Stärken: Die europäische Industrie ist laut WIIW trotz aller Herausforderungen gut aufgestellt.

 

Für die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten ist es nicht leicht, die Industrie (weiter) zu stärken. Aber grundsätzlich stimmt die Richtung. Das ist die Kernaussage der kürzlich erschienenen Studie „The European Union’s Industrial Policy: What are the Main Challenges?“ des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW). Die Autoren, Michael Landesmann und Roman Stöllinger, sehen vor allem vier Herausforderungen.

 

Die erste davon ist die technologische Innovation. Hier sollte die EU auf ihre quasi „ererbten“ Stärken setzen, das heißt, auf die vorhandenen industriellen und technischen Strukturen sowie auf das Humankapital. Eine weitere Herausforderung sind die „Emerging Markets“, die rasant aufholen. Ihnen gegenüber müssen die EU und ihre Mitgliedsstaaten auf eine wohlausgewogene Strategie setzen, die Elemente des Wettbewerbs mit solchen der Zusammenarbeit verbindet. Drittens gilt es, strukturschwache Regionen innerhalb Europas nicht (weiter) zurückfallen zu lassen. Die vierte Herausforderung besteht in der Klimapolitik. Diese bietet einerseits Chancen zur Entwicklung neuer Technologien und somit zur immer wieder propagierten Verbindung zwischen Ökonomie und Ökologie. Andererseits verursacht sie kurzfristig Kosten für die Unternehmen und damit Wettbewerbsnachteile. Landesmann und Stöllinger zufolge empfiehlt es sich indessen gerade in diesem Bereich, vorne mit dabei zu sein, um die Vorteile des „First Mover“ nutzen zu können. Denn die Konkurrenz in Asien, insbesondere in China und Südkorea, hole auf, und das alles andere als langsam.

 

Grundsätzlich halten die beiden Ökonomen den „Mission-orientierten“ industriepolitischen Ansatz der EU für richtig und sinnvoll. Sie raten allerdings, auf die Devise „Lieber weniger, aber dafür besser“ zu setzen: Die EU und ihre Mitglieder sollten nicht mehr als drei bis vier „Missionen“ gleichzeitig bearbeiten. Das Kunststück bestehe freilich darin, die richtigen „Missionen“ zu identifizieren.

 

Kritisch betrachten Landesmann und Stöllinger die Ankündigung Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyens, im Rahmen ihres „Green Deal“ innerhalb der kommenden zehn Jahre insgesamt 1.000 Milliarden Euro für unterschiedliche Vorhaben bereitstellen zu wollen. Ihnen zufolge dürften davon nur rund 7,5 Milliarden Euro an neuen, also nicht ohnehin bereits vorgesehenen, Mitteln zustande kommen. Und dieses Geld fließe vornehmlich in den sogenannten Just Transition Fund, mit dem der Ausstieg Polens aus der Kohleindustrie inklusive Kohleverstromung subventioniert werden soll.

 

 

Die Studie steht auf der Website des WIIW kostenlos zur Verfügung.