Gasnetz als Stromspeicher

Am Standort der OMV-Gasstation Auersthal rund 15 Kilometer nordöstlich von Wien ging heute die erste Power-to-Gas-Pilotanlage Österreichs offiziell in Betrieb. Power-to-Gas-Technologien dienen dazu, mit Strom aus erneuerbaren Energien Wasser elektrolytisch in Sauerstoff und Wasserstoff zu zerlegen. Der Wasserstoff kann anschließend unter Reaktion mit CO2 in Methan (CH4) umgewandelt und ins Gasnetz eingespeist werden. Grundsätzlich ist auch die direkte Einspeisung des Wasserstoffes in das Gasnetz möglich. Aufgrund der gesetzlichen Lage in Österreich darf sein Anteil allerdings nicht mehr als vier Prozent betragen. Power-to-Gas kann dazu beitragen, die stark schwankende Stromproduktion mit Hilfe erneuerbarer Energien - vor allem Wind- sowie Solarenergie - auszugleichen. Dies gewinnt aufgrund des steigenden Anteils der erneuerbaren Energien immer mehr an Bedeutung. Besonders wichtig ist dabei die Flexibilität der Elektrolyse-Anlage. Einen möglichst flexiblen Hochdruck-Elektrolyseur zu entwickeln, ist daher einer der Schwerpunkte des bis Ende 2016 laufenden Forschungsprojekts „Wind2Hydrogen“, für das die Pilotanlage in Auersthal dient. Neben der OMV beteiligen sich an dem Projekt die EVN, das Energietechnikunternehmen Fronius als Produzent des Elektrolyseurs, die Grazer Wasserstofftechnikfirma Hycenta als Anlagenbetreiber sowie das Energieinstitut an der Johannes-Kepler-Universität Linz. Die Gesamtinvestitionen in Auersthal belaufen sich auf rund 2,9 Millionen Euro inklusive einer Förderung von 1,25 Millionen Euro seitens des Klima- und Energiefonds der österreichischen Bundesregierung (KLI.EN).

Pilotprojekt Auersthal
Bild: KLI.EN
Intelligenter Speicher für die Energiewende: OMV-Vorstand Manfred Leitner, Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauss von der Fronius AG, Technologieminister Alois Stöger, EVN-Vorstand Stefan Szyszkowitz und KLI.EN-Geschäftsführerin Theresia Vogel (v. l. n. r.)

 

Der für das Projekt zuständige Vorstandsdirektor der OMV, Manfred Leitner, sagte bei der heutigen Veranstaltung, sein Unternehmen wolle untersuchen, in wie weit sich das Erdgasnetz für die Speicherung in Wasserstoff bzw. Methan umgewandelten Stroms eignet. Ziel sei es, eine Berechnungsbasis „für realistische Geschäftsmodelle“ zu erarbeiten. Wie Leitner hinzufügte, ging die Kompressorstation Auersthal bereits 1957 in Betrieb und ist bis heute eine der wichtigsten Anlagen im österreichischen Primärverteilsystem für Erdgas. EVN-Vorstand Stefan Szyszkowitz ergänzte, für den Umbau des Energiesystems mit Schwerpunkt Energieeffizienz und erneuerbare Energien („Energiewende“) seien „intelligente Speichersysteme“ von großer Bedeutung. Die EVN als Betreiber des niederösterreichischen Strom- und Erdgasverteilnetzes, aber auch als größter Windparkbetreiber des Bundeslandes, erwarte sich von dem Pilotvorhaben in Auersthal „wichtige Erkenntnisse für die Zukunft des Energiesystems.“

 

Kompetenzknoten“ Auersthal

Die Projektverantwortliche der OMV, Helga Pražak-Reisinger, teilte dem Chemiereport mit, der Gesamtwirkungsgrad der Anlage lasse sich derzeit noch nicht angeben: „Das ist Gegenstand der Forschung.“ Die Module des Elektrolyseurs kämen auf mehr als 70 Prozent. Grundsätzlich sei bei der Angabe des Wirkungsgrades von Power-to-Gas-Anlagen Vorsicht geboten, „weil immer die Frage ist, welche Komponenten man in die Berechnung einbezieht.“ Parallel mit „Wind2Hydrogen“ arbeitet die OMV laut Pražak-Reisinger an zwei weiteren Forschungsprojekten. Eines davon wird mit der Montanuniversität Leoben durchgeführt und befasst sich mit der Methanisierung des Wasserstoffs. Noch heuer soll ein Konzept für eine Anlage entwickelt werden, die diesem Zweck dient. Im kommenden Jahr will die OMV entscheiden, ob eine solche errichtet wird. Falls ja, würde dies ebenfalls am Standort Auersthal erfolgen, um einem „Kompetenzknoten“ für Power-to-Gas-Technologien zu schaffen. Das zweite Forschungsvorhaben betreibt die OMV in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Wien. Sein Ziel besteht darin, den ins Gasnetz eingespeisten Wasserstoff wieder aus dem Netz zu extrahieren.

 

Christoph Zernatto, der Sprecher des Forums Versorgungssicherheit, nannte das Projekt „Wind2Hydrogen“ in einer Aussendung einen „wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Energiezukunft“. Zernatto erläuterte, Österreichs Pumpspeicherkraftwerke alleine genügten nicht, um die in den kommenden Jahrzehnten erwarteten Mengen an Strom aus erneuerbaren Energien zwischenspeichern zu können: „Daher müssen sich innovative Speichertechniken und -methoden so rasch wie möglich im Praxistest bewähren.“ Notwendig sei überdies ein „zügiger Ausbau“ der österreichischen Stromnetze. Das Forum Versorgungssicherheit ist ein gemeinnütziger Verein, der sich mit der „langfristigen Sicherung und Erhaltung der hohen Qualitätsstandards der österreichischen Energie- und Wasserversorgung“ befasst.