Gesundheits-„Watchdog“ unter neuem Namen

Das Ludwig-Boltzmann-Institut for Health Technology Assessment (LBI-HTA) wird per 1. März zum „Austrian Institute for Health Technology Assessment“ (AIHTA). Auch weiterhin wird es neue Therapien kritisch prüfen.

Foto: Karin Gartner
AIHTA-Direktorin Claudia Wild: „Wir können grundsätzlich Märkte zerstören.“

 

Ab 1. März fungiert das Ludwig-Boltzmann-Institut for Health Technology Assessment (LBI-HTA) unter der Bezeichnung „Austrian Institute for Health Technology Assessment“ (AIHTA). An den grundsätzlichen Aufgaben des in unterschiedlichen Formen seit 2006 bestehenden Instituts seit ändert sich jedoch nichts, erläuterten dessen Direktorin Claudia Wild und ihre Stellvertreterin Ingrid Zechmann-Koss bei einer Pressekonferenz in Wien. Auch weiterhin wird die „Watchdog“ des österreichischen Gesundheitswesens neue Therapien und Behandlungsmethoden auf ihre Wirksamkeit und ihre Kosteneffizienz prüfen. Die Empfehlungen des AIHTA sollen der Gesundheitspolitik helfen, die verfügbaren finanziellen Mittel möglichst wirkungsvoll im Sinne der Patienten einzusetzen. Wild zufolge handelt es sich beim Health Technology Assessment (HTA) um eine „sehr rigide Methode. Das muss auch so sein, weil grundsätzlich Märkte zerstört werden können“. Das AIHTA könne für seine Vorbringungen von der Pharmaindustrie auch geklagt werden, was bisher allerdings noch nie erfolgt sei. Im Zuge des Aufkommens neuer Ansätze wie Gentherapien verändert sich auch die Methode des HTA. Grob gesprochen, stellt das Institut fest, was die Anbieter einer neuen Therapie versprechen und überprüft dann in Feldversuchen, ob die Versprechen in der Behandlungspraxis eingehalten werden. Dazu werden Patientengruppen über bestimmte Zeiträume beobachtet. Auf Anordnung des Gesundheitsministeriums geht mittlerweile jede medizinische Leistung im Spitalsbereich über den Tisch des künftigen AIHTA, betonte Wild.

 

Zechmeister-Koss zufolge gelang es dem LBI-HTA in den 14 Jahren seiner Tätigkeit, HTA „zum unverzichtbaren Bestandteil der gesundheitspolitischen Entscheidungsfindung zu machen“. Dies sei von den Eigentümern des Instituts offenbar auch gewünscht und helfe, das solidarische Gesundheitssystem weiterhin zu erhalten. Die Eigentümer des Instituts sind das Gesundheitsministerium, der Dachverband der Sozialversicherungsträger und die Gesundheitsfonds der neun Bundesländer. Sie haben zugesagt, dieses vorerst bis einschließlich 2026 mit 1,36 Millionen Euro pro Jahr zu finanzieren. Davon entfallen 16 Prozent auf das Ministerium und je 42 Prozent auf den Dachverband sowie auf die Bundesländer. Ab 2023 sind Verhandlungen über die weitere Finanzierung des AIHTA angesagt.

 

Getrieben wird das HTA laut Wild von der High-Tech-Medizin. Diese sei mit sehr hohen Kosten verbunden, denen oft zwar ein gewisser Nutzen gegenübersteht, aber bisweilen nicht der von der Pharmaindustrie behauptete. Letzten Endes gehe es dem AIHTA sowie den Schwesterorganisationen in den anderen europäischen Ländern darum, „die Spreu vom Weizen zu trennen“ und die Finanzierung von Scheininnovationen durch die öffentliche Hand zu verhindern. In etwa 90 Prozent der Fälle seien die Entscheidungsträger im Gesundheitssystem bisher den Vorschlägen des LBI-HTA als Vorgängerorganisation des AIHTA gefolgt. Zunehmend wichtig für das HTA wird die internationale Zusammenarbeit, die künftig weiter verstärkt werden soll, ergänzte Zechmeister-Koss. Mehrere Länder hätten gemeinsam gegenüber den großen Pharmakonzernen nun einmal mehr Verhandlungsmacht als einzelne Staaten, zumal, wenn es sich um kleinere Staaten wie etwa Österreich handle.

 

Wild ergänzte, das AIHTA sei angehalten, alle seine Erkenntnisse auch weiterhin zu veröffentlichen. Dafür werde nicht zuletzt der wissenschaftliche Beirat des Instituts Sorge tragen: „Wir wollen bleiben, wie wir sind und weiter austeilen.“ Wünschenswert wäre laut Wild die verstärkte Zusammenarbeit mit den Medizinern in den österreichischen Krankenhäusern: „Für uns ist wichtig, zu wissen, ob wir die richtigen Fragen stellen, also die Fragen, die für die Praxis relevant sind. Bisher gehen wir auf die Mediziner zu. Es wäre hilfreich, wenn sich diese verstärkt an uns wenden würden.“