Krach um Arzneimittelversorgung

Ob zuletzt thematisierte Engpässe bei der Verfügbarkeit einzelner Medikamente „hausgemacht“ sind oder nicht, ist umstritten.

Foto: Photo Simonis, Wien
Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog: „kein österreichspezifisches Problem, sondern ein weltweites“

 

Grantig reagiert das Forum der forschenden pharmazeutischen Industrie in Österreich (FOPI) auf Äußerungen von Apothekerkammerpräsidentin Ulrike Mursch-Edlmayr. Sie behauptete im Zusammenhang mit den Debatten über die Nichtverfügbarkeit von Arzneimitteln in einer Tageszeitung, in Europa würden kaum noch Arzneimittel erzeugt. Nötig sei eine „europäische Initiative“, um sicherzustellen, dass auch weiterhin pharmazeutische Forschung und Entwicklung stattfinde. Dies brachte FOPI-Präsident Ingo Raimon und seine Klientel auf die Palme. Per Aussendung ließ Raimon wissen, die forschende Pharmaindustrie „beschäftigt 642.000 Mitarbeiter in Europa und generiert eine Wertschöpfung in Höhe von 206 Milliarden Euro in der EU“. Der jährliche Exportüberschuss der Pharmaunternehmen liege bei „über 70 Milliarden Euro“. Von mangelnder Produktion könne somit keine Rede sein. Um eventuelle Probleme zu lösen, sollten alle Beteiligten zusammenarbeiten, „etwa in der gemeinsamen Taskforce unter Ägide des Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG)“.

 

Ähnlich argumentierte der Generalsekretär des Pharmaindustrieverbands Pharmig, Alexander Herzog. Von insgesamt rund 13.000 in Österreich zugelassenen Medikamenten seien „über 99 Prozent lieferbar. Freilich wollen wir eine vollständige Lieferfähigkeit. Wir haben hier aber kein österreichspezifisches Problem, sondern ein weltweites, das noch dazu viele Ursachen hat. Daher arbeiten wir gemeinsam mit allen Beteiligten der Lieferkette intensiv und mit Hochdruck an Lösungen, um die Versorgung für die Patienten möglichst reibungslos zu gestalten“. Als Gründe für allenfalls auftretende Lieferschwierigkeiten nannte Herzog unter anderem „Rohstoffknappheit, Qualitätsprobleme bei der Herstellung oder im Vertrieb, unerwarteten Mehrbedarf oder auch Warenabflüsse ins Ausland“. Und allzu dramatisch sei die Angelegenheit auch wieder nicht: „Wenn im Einzelfall tatsächlich ein Medikament nicht verfügbar ist, dann lässt sich in der Regel gemeinsam mit dem Arzt oder der Ärztin ein alternatives Präparat finden.“

 

Unterdessen stellte der NEOS-Nationalratsabgeordnete Gerald Loacker eine Anfrage an Gesundheitsministerin Brigitte Zarfl. Er will wissen, ob die zuletzt thematisierten Engpässe - unter anderem bei dem Präparat Imurek gegen Abstoßungsreaktionen nach Organtransplantationen - möglicherweise „selbstgemacht“ sind. Einmal mehr kritisiert Loacker in diesem Zusammenhang den Hauptverband der Sozialversicherungen (HV) und die Krankenkassen. Wörtlich heißt es in seiner Anfrage: „Es ist bekannt, dass die Sozialversicherung (indirekt unterstützt vom Gesundheitsministerium) in den letzten Jahren außergewöhnlich harte Preisverhandlungen mit den Pharmaunternehmen geführt hat. Dabei wurde offensichtlich nur auf den Preis fokussiert, ohne Arzneimittel-Liefergarantien zu verhandeln. Es stellt sich also nicht nur die Frage, wie viele Arzneimittel-Engpässe es in den letzten Jahren gegeben hat, sondern auch, wie sehr diese Engpässe selbstgemacht sind.“