Lackindustrie: „Realistischer Optimismus“ angesagt

Im „Rekordjahr“ 2021 war die Branche mit etlichen Herausforderungen konfrontiert, wie steigenden Rohstoffpreisen und Lieferkettenproblemen. Für heuer sind die Aussichten aber nicht dramatisch, hieß es bei der Jahrespressekonferenz.

Foto: Akzo Nobel
Nicht übertreiben: Mit den Plänen der EU-Kommission für ein europäisches Lieferkettengesetz wird es der Lackindustrie etwas zu bunt.

 

 

Glänzend sind die wirtschaftlichen Aussichten der österreichischen Lack- und Anstrichmittelindustrie für die nächste Zeit nicht, aber für Panik besteht ebenfalls kein Grund. Das betonten Branchenobmann Hubert Culik und der Geschäftsführer der Fachgruppe Lackindustrie im Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO), Klaus Schaubmayr, bei ihrer Jahrespressekonferenz. Culik zufolge war 2021 zwar ein „Rekordjahr“ mit einem um 16,3 Prozent auf rund 551 Millionen Euro gewachsenen Produktionswert und gegenüber 2020 um 7,4 Prozent gestiegenen Exporten. Zu schaffen machten den Unternehmen indessen die deutlich erhöhten Preise für ihre Rohstoffe sowie deren teils eingeschränkte Verfügbarkeit. Für zusätzliche Probleme sorgten die höheren Kosten für Stahl und Kunststoffe, die den Aufwand der Branche für Verpackungen in die Höhe trieben. Eine schon „traditionelle“ Herausforderung ist der Fachkräftemangel, mit dem laut Culik etwa 88 Prozent der Unternehmen konfrontiert sind.

 

Und Culik fügte hinzu: Noch sei der Auftragsstand zufriedenstellend, die Kunden der Lackindustrie investierten weiterhin. Auch der Preisanstieg bei den Rohstoffen habe sich abgeflacht, wenngleich keine Rückgänge in Sicht seien. Aber nach dem Sommer müsse mit einem „Knick“ bei den Aufträgen gerechnet werden, nicht zuletzt wegen des Kriegs in der Ukraine, der sich in den Lieferketten bemerkbar mache. Dort seien seit der russischen Invasion vom 24. Feber „Zulieferer ausgefallen oder nur beschränkt lieferfähig.“ Auch ein Lockdown in Shanghai infolge der COVID-19-Pandemie verschärfe die Problematik. Hinzu kämen monatelange pandemiebedingte Produktionsausfälle in China. Ferner könne niemand sagen, wie sich die Lage in der Ukraine entwickeln wird. Nicht zuletzt deshalb seien Prognosen hinsichtlích des Produktionswerts im heurigen Jahr schwierig.

 

Auf Anfrage des Chemiereports erläuterte Culik, er glaube nicht, „dass der derzeitige gute Wind in den Segeln anhält“. Angesagt ist ihm zufolge deshalb ein „realistischer Optimismus“. Den Produktionswert von 2021 zu erreichen, liege durchaus im Bereich des Möglichen.

 

Längerfristige Herausforderungen

 

Als längerfristige Herausforderung erachtet die Lackindustrie den „Green Deal“ der EU-Kommission, ergänzte Schaubmayr: „Jetzt zeigt sich, was das wirklich heißt.“ Mit den Zielen könne sich die Branche durchaus identifizieren. Und der Deal biete auch große Chancen, „denn ohne uns gibt es keinen Klimaschutz“. Dem steht laut Schaubmayr indessen ein „großes Aber“ gegenüber. Insbesondere die neue Chemikalienstrategie bringe die Lackindustrie kräftig unter Druck. Der Grund: Die EU-Kommission richte das Chemikalienrecht auf die prinzipielle Gefährlichkeit von Stoffen aus, nicht jedoch auf das tatsächliche Risiko bei deren Anwendung. Das aber führe zu erheblichen Kosten für die Unternehmen, weil viele Substanzen möglicherweise strenger eingestuft würden als bisher: „Etwa 15 Prozent der Chemikalien, die wir derzeit verwenden, könnten künftig unzulässig sein.“ Culik zufolge besteht das Problem weniger in den Vorgaben als solchen als in der mangelnden Planungssicherheit. Es habe keinen Sinn, wenn die Branche ein Lösungsmittel austausche und der Ersatzstoff nach wenigen Jahren neuerlich verboten werde: „Das ist nicht mehr beherrschbar.“ Dies gelte insbesondere für kleine und mittelgroße Unternehmen.

 

Ein weiteres Thema ist laut Schaubmayr das geplante EU-Lieferkettengesetz. Selbstverständlich bekenne sich die Lackindustrie zur Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards: „Aber was die EU-Kommission vorschlägt, ist wirklichkeitsfremd und nicht umsetzbar.“ Die Problematik bestehe vor allem in der Verwendung unklarer Begriffe sowie in seitenlangen Hinweisen auf internationale Abkommen bei gleichzeitigem Mangel an der Festschreibung konkreter Pflichten für die Unternehmen. Überdies werde einzelnen Betroffenen sowie NGOs die Möglichkeit eingeräumt, behauptete Verstöße gegen Vorgaben zivilrechtlich zu bekämpfen. „Das heißt, irgendjemand könnte ein österreichisches KMU klagen, das den angeblichen Missstand gar nicht beeinflussen kann. Da droht eine Klagslawine“, warnte Schaubmayr.