Marinomed: Arzneimittelforschung auf guter OTC-Geschäftsbasis

Das börsennotierte Life-Sciences-Unternehmen Marinomed konnte seinen Umsatz im ersten Halbjahr 2022 um mehr als die Hälfte steigern. In der F&E-Strategie setzt man auf verschreibungspflichtige Medikamente für gezielt ausgewählte Leitindikationen.

Bild: Marinomed Biotech AG
Marinomed-CEO Andreas Grassauer konnte über eine erfreuliche Umsatzentwicklung bei verschreibunsgfreien Arznimitteln berichten.

Wer im Geschäft mit Husten, Schnupfen, Heiserkeit tätig ist, für den waren die Lockdowns der Jahre 2020 und 2021 keine gute Zeit: Die Kontaktminimierung, mit der COVID-19 bekämpft werden sollte, war auch sehr effektvoll zur Verhinderung anderer Atemwegsinfektionen. Doch während andere Umsatzeinbußen zu beklagen hatten, stieg der Umsatz von Marinomed in dieser Zeit an: Die aus Rotalgen gewonnenen sulfatierten Polysaccharide, die in der vom Unternehmen entwickelten Technologie-Plattform „Carragelose“ zum Einsatz gebracht werden, umwickeln auch Viruspartikel von SARS-CoV-2 und blockieren so ihre Bindung an Wirtszelle.

Nun, nachdem die gegen COVID gerichteten Maßnahmen nach und nach gelockert wurden, traten zusätzlich zu dem Coronavirus auch wieder klassische Rhinoviren auf, der Bedarf nach Sprays und Pastillen ist umso größer. Zudem konnte Marinomed die vergangenen Monate nutzen, um seine Marktposition bei verschreibungsfreien Medikamenten durch Kooperationen mit Procter & Gamble in den USA, Hanmi in Südkorea und M8 in Lateinamerika auszubauen. Das zeigt sich in den Zahlen für das erste Halbjahr 2022, die das seit 2019 an der Wiener Börse notierte Biotechnologie-Unternehmen präsentierte: Der Umsatz stieg im Vergleich zum selben Zeitraum 2021 um 52 Prozent auf 4,9 Millionen Euro an. Gemeinsam mit der Auszahlung von 6 Millionen Euro aus der letzten Tranche der Finanzierungsvereinbarung mit der Europäischen Investitionsbank EIB befindet sich das Unternehmen nach den im August veröffentlichten Kennzahlen mit 11,0 Millionen Euro an liquiden Mitteln in einer stabilen finanziellen Lage. Das operative Ergebnis (EBIT) konnte von minus 3,65 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2021 auf minus 2,52 Millionen Euro in der ersten Hälfte 2022 verbessert werden.

Bessere Löslichkeit gegen Entzündungen in Auge und Magen

Im Forschungsprogramm, das darauf ausgerichtet ist, die OTC-Produkte durch rezeptpflichtige Arzneimittel zu ergänzen, gab es eine Änderung der strategischen Ausrichtung: Anstatt mit Marinosolv“, der zweiten Plattform des Unternehmens, auf den breiten Markt allergischer Erkrankungen abzuzielen, hat man einige Leitindikationen mit bisher ungedecktem medizinischem Bedarf identifiziert. Marinosolv ermöglicht, Formulierungen bekannter Wirkstoffe mit höherer Bioverfügbarkeit herzustellen. Das Immunsuppressivum Tacrolimus will man auf diese Weise gegen herpetische stromale Keratititis, eine in vielen Fällen zur Erblindung führende infektiöse Hornhautentzündung, zum Einsatz bringen. Dafür hat man bei der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA „Orphan Drug“-Status beantragt. Zudem soll mittels Marinosolv ein Präparat gegen autoimmune Gastritis auf Basis einer immunmodulatorischen Substanz entwickelt werden. Auf Basis der Carragelose-Plattform wird derzeit das Polysaccharid Iota-Carrageen in Kombination mit anderen Wirkstoffen zu einem antiviralen Breitband-Inhalationsprodukt entwickelt.