Wien setzt auf Fernkälte: Erste Großprojekte umgesetzt

Wien Energie will künftig nicht nur ein Netz für Fernwärme, sondern auch für Fernkälte betreiben. Das Großprojekt "TownTown" im dritten Wiener Gemeindebezirk weist den Weg - 21 Bürogebäude werden dort via Betonkernaktivierung gekühlt. Künftig soll auch "Free Cooling" mit Donauwasser durchgeführt werden. Wien setzt auf Fernkälte: Erste Großprojekte umgesetzt <% image name="TownTown_Fernkaelte" %><p> <small> In 20 Jahren wird der Kühlenergiebedarf in Europa genau so hoch sein wie der Heizenergiebedarf. </small> Neben Komfortansprüchen bei Wohnungen und Büros sorgen moderne Glasfassaden bereits ab einer Außentemperatur von 6 &deg;C bei entsprechender Sonneneinstrahlung für Kühlbedarf. Zudem führt eine verbesserte Gebäudedämmung dazu, dass die Hitze, die sich durch Beleuchtung und EDV-Anlagen in den Räumen entwickelt, im Gebäude verbleibt. Hier können Fernkälte-Systeme Abhilfe schaffen. Und in eben deren Ausbau will die Fernwärme Wien in den nächsten Jahren jährlich zwischen 20 und 25 Mio € investieren. 2010 sollen dann rund 100 MW an Kälteleistung derart zugestellt werden. Österreichweit sieht die Fernwärme Wien bis dahin die doppelte Menge als realistisch an. <b>Vorreiter.</b> In Europa wurden bereits Fernkältenetze in Paris, Stockholm, Helsinki, Amsterdam und Barcelona aufgebaut - diese haben insgesamt einen Anteil von 2 bis 4 % am gesamten EU-Kältemarkt. „In Österreich steht die Fernkälte heute dort, wo Fernwärme Anfang der 1970er Jahre war“, erklärt Franz Schindelar, stellvertretender Obmann des <a href=http://www.gaswaerme.at>Fachverbandes Gas Wärme</a> und technischer Direktor der Fernwärme Wien. Während der <a href=http://chemiereport.at/chemiereport/stories/3233>Flughafen Wien</a> kürzlich seine Kältezentrale in Eigenregie deutlich ausgebaut hat, versucht die Fernwärme Wien mit einem ersten Großprojekt in Wien diese Technologie schmackhaft zu machen. <% image name="TownTown_Beton" %><p> <small> Betonkernaktivierung spart Platz und sorgt für angenehmes Raumklima. </small> Die Rede ist von "TownTown" in Wien Landstraße - ein Komplex von 21 Bürogebäuden, der in direkter Nähe zum Erholungsgebiet Prater liegt. Unterstützt wird dort das Fernkälte-System durch den Einsatz von Betonkernaktivierung. Dabei wird die hohe Speicherkapazität des Betons genutzt - mit einem wasserdurchströmten Rohrsystem werden Decken und Böden direkt beheizt bzw. gekühlt. Am Tag nimmt die kühle Decke, die im Raum anfallende Wärme auf und speichert sie teilweise bzw. leitet sie weiter an das Wassersystem. In der Nacht führt das im System zirkulierende Wasser die Wärme aus dem System wieder ab. In Wien sieht die Fernwärme Wien vor allem rund um das Fernwärmewerk Spittelau, das Allgemeine Krankenhaus, die UNO-City sowie in der Innenstadt weitere Fernkälte-Potenziale. In den nächsten Jahren sollen daher jährlich 20 bis 25 Mio € in den Ausbau des Fernkältenetzes fließen. <b>Free Cooling.</b> Ein weiterer Vorteil von Fernkälte ist der geringere Verbrauch an Primärenergie: Denn es ist auch möglich, Kälte aus kühlem Wasser oder kühler Luft zu gewinnen. In Skandinavien wird dieses Free Cooling bereits mit Meerwasser praktiziert, in Österreich ist eine Verwendung von Donauwasser möglich. So könnte in Wien ein Teil des jährlichen Kühlbedarfs – etwa 20 bis 25 % – in den Wintermonaten über Free Cooling bereitgestellt werden. <b>Wärmespeicher.</b> Neben Free Cooling stehen in Wien zusätzliche Wärmepotenziale zur Verfügung, deren Überkapazitäten in den Sommermonaten über Wärmespeicher für die Produktion von Fernkälte genutzt werden können: Zu diesen zusätzlichen Wärmepotenzialen zählt die Abwärme aus dem neuen Biomassekraftwerk in Simmering, ab 2008 aus der im Bau befindlichen dritten Müllverbrennungsanlage Pfaffenau und voraussichtlich ab 2009 durch die Nutzung der Geothermiewärme im Bereich Aspern. Wie bei der Fernwärme ist auch bei einer Kältezentrale der Wirkungsgrad gegenüber dezentralen Kältemaschinen wesentlich höher. Die bei Fernkälte höheren Anfangsinvestitionen amortisieren sich derart relativ rasch. <small><b>So funktioniert Fernkälte:</b> Ähnlich dem Prinzip der Fernwärme werden bei Fernkälte-Systemen mehrere Objekte zentral mit Klimatisierung versorgt. Fernkälte wird vor allem mit thermischen Kältemaschinen erzeugt, wobei im Gegensatz zu herkömmlichen Klimaanlagen keine FKW und H-FKW emittiert werden. Dabei wird Fernwärme als Primärenergie einer Kältezentrale zugeführt, wo mittels Absorptionsprozess jene Kälte erzeugt wird, die zur Kühlung der Gebäude nötig ist. Dieses auf 6 &deg;C abgekühlte Klimakaltwasser wird in isolierten Rohrleitungen zu den Abnehmern transportiert und in deren Klimasystem eingespeist, wo die Fernkälte über ein Rohrssystem verteilt wird. Das von dort mit 12 bis 16 &deg;C zurücklaufende Wasser wird wiederum im Absorber auf 6 &deg;C abgekühlt. Dieser Vorgang erfolgt in einem geschlossenen Kreislauf. </small>